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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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starrte er die krümeligen Überreste eines üppigen Frühstücks an. Er hatte sandfarbenes Haar, einen Rundrücken, ein weichliches Kinn und einen Bauchansatz. Blaue Augen. Blass und wässrig. Sein Morgenmantel schien viel weißer und flauschiger zu sein als Quentins.
    »Ich habe Sie schlafen lassen«, sagte er. »Die meisten anderen sind schon auf.«
    »Danke.« Quentin rutschte die Bank entlang, bis er dem Mann gegenübersaß, und suchte zwischen leeren Tellern und Speiseresten nach einer sauberen Gabel.
    »Sie befinden sich in Brakebills Süd.« Die Stimme des Mannes war seltsam tonlos. Er hatte einen leichten russischen Akzent und sah Quentin während des Sprechens nicht direkt ins Gesicht. »Wir liegen etwa fünfhundert Kilometer vom Südpol entfernt. Von Chile aus sind Sie über das Bellinghausen-Meer und dann über eine Region namens Ellsworth Land geflogen. Dieser Teil der Antarktis wird Marie Byrd Land genannt. Admiral Bird hat ihn nach seiner Frau getauft.«
    Gedankenverloren kratzte er sich in den wirren Haaren.
    »Wo sind denn die anderen?«, fragte Quentin. Ausgesuchte Höflichkeit erschien ihm angesichts der Morgenmäntel wenig sinnvoll. Außerdem waren die kalten Röstis unwahrscheinlich lecker. Ihm war nicht bewusst gewesen, was für einen Hunger er hatte.
    »Ich habe ihnen den Vormittag freigegeben«, antwortete der Mann und wedelte unbestimmt mit der Hand. »Der Unterricht beginnt am Nachmittag.«
    Quentin nickte mit vollem Mund.
    »Was für ein Unterricht?«, brachte er hervor.
    »Was für ein Unterricht«, wiederholte der Mann tonlos. »Hier in Brakebills Süd werden Sie mit Ihrer Ausbildung zum Zauberer beginnen. Oder glauben Sie, die hätten Sie bereits bei Professor Fogg erhalten?«
    Fragen wie diese verwirrten Quentin für gewöhnlich, deshalb entschloss er sich zu einer ehrlichen Antwort.
    »Ja, das dachte ich.«
    »Sie sind hier, um die essentiellen Mechanismen der Magie zu verinnerlichen. Sie glauben vielleicht« – sein Akzent mit hartem chch , machte es zu viellaaichcht  –, »Sie hätten Magie studiert.« »Sie haben Ihre Popper-Etüden gemacht und ihre Konjugationen, Deklinationen und Modifikationen auswendig gelernt. Nennen Sie mir die fünf Tertiären Gegebenheiten.«
    Automatisch schossen sie heraus: »Höhe, Alter, Position der Plejaden, Mondphase, nächstgelegene Wasserquelle.«
    »Sehr gut«, sagte der Mann sarkastisch. »Hervorragend. Sie sind ein Genie.«
    Quentin rang sich dazu durch, nicht beleidigt zu sein. Er genoss immer noch den Zen-Nachhall seiner Existenz als Gänserich. Und die Röstis.
    »Danke.«
    »Sie haben die Magie studiert wie ein Papagei Shakespeare. Sie leiern die Theorie herunter wie ein Treuegelöbnis. Aber Sie verstehen sie nicht.«
    »Ach?«
    »Um ein Zauberer zu werden, müssen Sie etwas ganz Anderes tun«, sagte der Mann. Offenbar hielt er seine Standardrede. »Magie können Sie nicht studieren. Sie können sie nicht erlernen. Sie müssen mit ihr verschmelzen! Und sie mit Ihnen.
    Wenn ein Zauberer einen Spruch sagt, ruft er sich vorher nicht die Großen, Kleinen, Tertiären und Quartären Gegebenheiten ins Gedächtnis. Er fragt weder nach der Mondphase noch nach der nächsten Wasserquelle, noch, wann er sich zum letzten Mal den Hintern abgewischt hat. Wenn er zaubern will, dann zaubert er. Wenn er fliegen will, dann fliegt er. Wenn er sauberes Geschirr will, dann ist es das eben.«
    Der Mann murmelte etwas, schlug einmal laut auf den Tisch und das Geschirr türmte sich klappernd zu Stapeln wie durch magnetische Anziehungskraft.
    »Sie müssen mehr leisten, als nur auswendig zu lernen, Quentin. Sie müssen die Grundlagen der Magie nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit Ihren Knochen, Ihrem Blut, Ihrer Leber, Ihrem Herzen und Ihrem Schwanz lernen.« Er fasste sich über dem Morgenmantel in den Schritt und schüttelte seinen kurz durch. »Wir werden die Sprache der Zauberei tief in Ihr Inneres einbrennen, so dass Sie sie immer bei sich tragen, wo immer Sie sind, wann immer Sie sie brauchen. Nicht nur, wenn Sie für eine Prüfung gelernt haben.
    Sie sind hier nicht auf einem mystischen Abenteuertrip, Quentin. Der Prozess wird langwierig, schmerzlich, erniedrigend und sehr, sehr « – er brüllte das Wort fast heraus – »langweilig sein. Es ist eine Aufgabe, die sich am besten schweigend und isoliert vollbringen lässt. Das ist der Grund für Ihre Anwesenheit hier. Sie werden die Zeit in Brakebills Süd nicht genießen und ich werde Sie auch nicht

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