Fillory - Die Zauberer
ermuntern, es zu versuchen.«
Quentin hörte sich seinen Monolog schweigend an. Er konnte diesen Mann nicht besonders gut leiden, der gerade seinen Penis angesprochen hatte, obwohl er bisher nicht einmal seinen Namen kannte. Doch er schob all diese Gedanken beiseite und fuhr fort, seine leeren Kohlenhydratspeicher aufzufüllen.
»Und wie soll ich das machen?«, murmelte Quentin. »Mit den Knochen lernen? Oder mit sonstwas?«
»Es ist sehr schwer. Nicht jeder lernt es. Nicht jeder kann es lernen.«
»So. Und was passiert, wenn es nicht klappt?«
»Gar nichts. Sie kehren nach Brakebills zurück. Sie machen Ihren Abschluss. Sie führen ein Leben als zweitklassiger Zauberer. Wie so viele. Vielleicht wird es Ihnen niemals bewusst werden. Selbst die Tatsache, dass Sie es nicht geschafft haben, wird Ihre Fähigkeit, zu verstehen, übersteigen.«
Quentin hatte nicht vor, es so weit kommen zu lassen, obwohl ihm dämmerte, dass das niemand ernsthaft vorhatte. Doch schon rein statistisch gesehen, musste es einige erwischen. Die Röstis schmeckten nicht mehr ganz so lecker. Er legte seine Gabel hin.
»Fogg hat mir berichtet, Ihre Fingertechnik sei ganz passabel«, sagte der dunkelblonde Mann. »Demonstrieren Sie es mir.«
Quentins Finger waren noch ganz steif von der langen Zeit, in der sie als Flügel gedient hatten. Aber er griff nach einem scharfen Messer mit einem passablen Gleichgewicht zwischen Klinge und Heft, wischte es mit einer Serviette ab und nahm es zwischen die letzten beiden Finger der linken Hand. Er wirbelte es von Finger zu Finger bis zum Daumen und warf es hoch bis beinahe an die Decke – immer noch rotierend, wobei er genau zwischen zwei Dachbalken zielte – mit der Absicht, es sich zwischen den dritten und den vierten Finger seiner ausgestreckten Linken in die Tischplatte bohren zu lassen. Am wirkungsvollsten war der Effekt, wenn man nicht hinsah, sondern Augenkontakt mit dem Publikum hielt.
Quentins Frühstücksgenosse nahm einen Laib Brot und hielt ihn so, dass er von dem fallenden Messer durchbohrt wurde. Verächtlich schmiss er Brot und Messer auf den Tisch.
»Sie gehen unnötige Risiken ein«, sagte der Mann mit steinernem Gesicht. »Los, gehen Sie zu Ihren Freunden. Ich glaube, Sie finden sie auf dem Dach des Westturms.« Er zeigte auf eine Tür. »Heute Nachmittag fangen wir an.«
Okay, du Scherzkeks, dachte Quentin. Du bist der Boss.
Er stand auf. Der Fremde erhob sich ebenfalls und schlurfte in die entgegengesetzte Richtung davon, mit der Haltung eines enttäuschten Mannes.
Stein für Stein, Brett für Brett, Brakebills Süd war identisch mit dem Haus in Brakebills. Das hatte einerseits etwas Beruhigendes; andererseits war es befremdlich, ein englisches Landschlösschen des achtzehnten Jahrhunderts inmitten der unwirtlichen arktischen Landschaft aufragen zu sehen. Das Dach des Westturms erwies sich als weitläufig, rund und mit großen Pflasterquadern gefliest, umgeben von einer Steinmauer. Es war der rauen Witterung ausgesetzt, aber irgendein magisches Arrangement hielt die Atmosphäre warm, feucht und windgeschützt. Größtenteils jedenfalls. Quentin stellte sich vor, wie irgendwo unter der Wärme tödliche Kälte lauerte. Die Luft war lau, aber der Fußboden, die Möbel, alles, was man berührte, war kalt. Es war wie in einem warmen Treibhaus mitten im Winter.
Wie versprochen befanden sich die anderen aus der Brakebills-Gruppe dort. Verwundert standen sie zu dritt oder zu viert beisammen, starrten hinaus auf das Schneefeld und unterhielten sich leise, umhüllt vom unheimlichen, immer gleichen antarktischen Licht. Sie hatten sich verändert. Ihre Taillen waren strammer und schmaler, ihre Brustkörbe kräftiger, gewölbter. Auf ihrem Flug nach Süden hatten sie Fett verbraucht und Muskeln aufgebaut. Ihre Kiefer- und Wangenknochen hoben sich markanter hervor. Alice sah schön, hager und verloren aus.
»Quak quak quak quak quak quaaak !«, machte Janet, als sie Quentin entdeckte. Alle lachten, obwohl Quentin den Eindruck hatte, dass sie den Witz schon ein paar Mal gerissen hatte.
»Hey, Mann«, sagte Josh in dem Versuch, lässig zu klingen. »Ist das scheiße hier, oder was?«
»Ist doch gar nicht so schlecht«, erwiderte Quentin. »Wann ist das Nacktbaden?«
»Hm, vielleicht habe ich mich in diesem Punkt ein klein wenig geirrt«, gab Eliot düster zu, wahrscheinlich auch nicht zum ersten Mal. »Aber nackt ausgezogen haben wir uns jedenfalls schon mal.«
Sie trugen alle
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