Film ab im Internat
bestimmt nicht so gut an. Dann schon lieber auf Rollen.
Sie gibt ihren Anmeldebogen ab und bekommt einen Aufkleber mit der Nummer 113, den sie sich gut sichtbar ans T-Shirt heftet.
„Cool“, sagt sie zu Manu und Sofie. „Die Dreizehn ist meine Glückszahl.“
„Das ist nett“, findet Sofie, die die Nummer 114 trägt.
Manu hat sich ihre 115 verkehrt herum auf den Bauch gepappt.
Carlotta hilft ihr, die Zahl richtig herum zu drehen.
„Wenn wir so hohe Nummern haben“, sagt sie, „bedeutet das wohl, dass vor uns noch ziemlich viele andere dran sind, oder?“
„Genau hundertzwölf“, nickt Sofie. „Dann kommst du.“
„Aber das kann ja ewig dauern!“ Carlotta stöhnt auf.
„Dahinten gibt es Getränke und belegte Brote.“ Manu zeigt auf eine geöffnete Tür, hinter der sich der Speisesaal des Hotels verbirgt. Dort steht ein Frühstücksbüfett für die Casting-Bewerber bereit. „Wow, alles gratis! Los, lasst uns zuschlagen! Dann hatten wir wenigstens ein zweites Frühstück, wenn wir vielleicht schon nicht genommen werden.“
Der Vormittag dehnt sich endlos. Carlotta kommt es wie eine Ewigkeit vor. Auch Manu wird langsam ungeduldig, was in erster Linie daran liegt, dass das Büfett inzwischen restlos abgegrast ist.
„Gibt’s keinen Nachschub?“, beschwert sie sich. „Ich verhunger gleich!“
„So schnell verhungerst du nicht“, gibt Carlotta ungerührt zurück. „Und außerdem hast du noch genug Süßigkeiten.“
„Stimmt! Die hatte ich fast vergessen!“ Manu wühlt in ihrem Rucksack und befördert die Kaugummis und die Gummibärchen ans Tageslicht.
Carlotta greift mit einer Hand in die Tüte, pickt ein paar weiße heraus und schiebt sie sich zwischen die Zähne.
Sofie nimmt sich nur einen Streifen Kaugummi.
„Ich glaub, du bist gleich dran“, sagt sie zu Carlotta. „Der Junge, der eben rauskam, hatte Nummer 109.“
„Ach du Schreck!“ Carlotta schluckt ihre Gummibärchen herunter und starrt auf die dunkelbraune Holztür, hinter der das Casting stattfindet. Ab und zu wird sie geöffnet. Mal huscht jemand hinein, mal hinaus. Manche machen fröhliche Gesichter, andere zweifelnde. Carlotta hat nicht so genau darauf geachtet.
„Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll!“, jammert sie.
„Das werden die dir schon erzählen“, ist Manu überzeugt. „Sei einfach ganz locker und natürlich. Das wirkt bei so was immer am besten.“
Carlotta will sie gerade fragen, woher sie das weiß, da wird ihre Nummer aufgerufen. Am liebsten würde sie auf dem Absatz kehrtmachen, fluchtartig das Hotel verlassen und sich irgendwo verstecken, bis das ganze Theater vorbei ist. Aber Sofie und Manu geben ihr einen unnachgiebigen Schubs in Richtung Holztür.
Carlotta hat das Gefühl, als würden alle sie anstarren. Sie zählt bis drei und klopft an.
„Herein!“, ruft eine Stimme.
Sekunden später findet sie sich in einem großen Raum wieder. Die Fenster sind weit geöffnet und lassen frische Luft herein. Sie atmet tief durch und geht auf einen Tisch zu, hinter dem drei Personen sitzen, zwei Männer und eine Frau, die ihr freundlich entgegenblicken und sich vorstellen.
„Hallo, Carlotta“, sagt die Frau, deren Namen Carlotta sofort wieder vergessen hat. „Setz dich bitte.“
Carlotta hockt sich auf die Kante eines harten, unbequemen Stuhls, der vor dem Tisch steht, und verknotet die Finger. Erst jetzt bemerkt sie die Scheinwerfer, die links und rechts stehen. Und ist das daneben nicht eine Kamera? Ein junger Typ nestelt daran herum. Ja, kein Zweifel. Das ist eine Videokamera. Sie ist ein bisschen kleiner als die Kameras, die Carlottas Vater für seine Reportagen benutzt, aber das hier sind ja auch noch keine richtigen Dreharbeiten, sondern nur Probeaufnahmen.
Interessiert verfolgt Carlotta, wie der junge Mann die richtige Blende einstellt, dann setzt sie sich ein bisschen gerader hin und versucht es mit einem Lächeln.
„Erzähl uns ein bisschen von dir“, fordert der eine Mann am Tisch sie auf. „Wie du heißt, wo du lebst, was du magst.“
„Wird das aufgenommen?“, fragt Carlotta und zeigt auf die Kamera.
Der Mann nickt. „Wir wollen sehen, wie du wirkst. Sei ganz unbefangen und natürlich.“
Natürlich?, denkt Carlotta. Das hat Manu auch gesagt!
Sie entknotet ihre Finger, kringelt eine Haarsträhne lose um ihren Zeigefinger und erzählt ihre halbe Lebensgeschichte. Dass sie ein Scheidungskind ist und deshalb im Internat ist, aber gut damit zurechtkommt. Dass sie zwei
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