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Film ab im Internat

Film ab im Internat

Titel: Film ab im Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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ich vorsichtshalber ein paar Gummibärchen verteilen, um das Publikum milde zu stimmen“, überlegt Carlotta laut. „Hey, warum eigentlich nicht? Das ist eine geniale Idee!“
    Sie rubbelt sich schnell mit dem Handtuch ab, föhnt ihre Haare trocken und bindet sie zu einem lockeren Knoten zusammen. Dann steigt sie in den bereitgelegten bunten Patchwork-Rock und knöpft die weiße Hippiebluse zu, die Papa ihr zu ihrem letzten Geburtstag geschenkt hat. Er hat die Bluse auf einem Markt in Panaji gekauft, der Hauptstadt von Goa, einem kleinen indischen Bundesstaat. Es ist Carlottas Lieblingsbluse. Am liebsten trägt sie sie zu Jeans, aber da heute ein feierlicher Anlass ist, hat sie den knöchellangen Rock ausgewählt. Dazu ihre veilchenblauen Lieblingsboots – und fertig ist das Vernissage-Outfit.
    Carlotta ist mehr als zufrieden, als sie das Ergebnis im Spiegel betrachtet.
    „Wow!“ Manu sitzt schlaftrunken in ihrem Bett und blinzelt ihr entgegen, als sie ins Zimmer zurückkommt. „Du siehst aus wie eine coole Hippiebraut!“
    „Ich finde, sie sieht aus wie eine echte Künstlerin“, sagt Sofie, die am Fenster steht und ihre morgendlichen Yogaübungen macht. „Kreativ und ein bisschen flippig.“
    „Dann ist sie eben eine coole, kreative und ausgeflippte Hippiekünstlerbraut“, fasst Manu zusammen. „Die Jungs werden auf jeden Fall ziemlich hecheln, wenn sie dich sehen. Du siehst total heiß aus!“
    Carlotta schnappt sich ihren Rucksack und lacht.
    „Danke! Wir sehen uns später. Ciao!“
    Bevor sie das Schloss verlässt, macht sie einen Abstecher an den Kiosk und kauft einen Vorrat an Gummibärchen für die Publikumsbestechung, dann geht sie in den Speisesaal, schlürft einen Becher warmen Kakao und löffelt einen Vanillejoghurt mit Früchten. Mehr schafft sie beim besten Willen nicht. Sie ist viel zu nervös, um richtig zu frühstücken.
    Im Park sind schon vereinzelt Mitschüler unterwegs. Manche joggen, andere haben einen Tennis- oder Hockeyschläger dabei und sind unterwegs zu den Sportplätzen.
    Carlotta kennt die meisten von ihnen nur vom Sehen. Sie schlägt den Weg zum See ein, über dem ein paar graue Möwen kreischen und sich vom Wind tragen lassen. Es duftet nach Sonne, See und frisch gemähtem Gras. Sie atmet tief ein und aus und muss laut niesen.
    „Gesundheit“, sagt jemand hinter ihr.
    Carlottas lange Schritte geraten leicht aus dem Takt. Genau wie ihr Herzschlag, als Niko plötzlich neben ihr auftaucht.
    „Danke“, schnieft sie und unterdrückt ein weiteres Niesen.
    Genau wie sie hat Niko ebenfalls einen Rucksack über der Schulter. Seine Hände stecken tief in den Taschen einer engen schwarzen Jeans. Dazu trägt er ein weites Baumwollhemd mit schmalen Streifen und graue Chucks.
    Er sieht ziemlich cool aus, nimmt Carlotta wahr, ohne ihn direkt anzuschauen.
    „Bist du nervös?“, fragt er.
    „Ein bisschen“, gibt Carlotta zu. Sie weiß allerdings nicht, ob das an der bevorstehenden Vernissage oder doch eher an Nikos plötzlicher Anwesenheit liegt.
    Sie biegen in den schmalen Pfad ein, der zu den Gewächshäusern führt. Ihre Arme berühren sich kurz. Carlotta hat das Gefühl, als hätte sie einen leichten Stromschlag bekommen, so kribbelig fühlt es sich an.
    „Tja“, meint Niko, als sie vor dem Glashaus stehen, das die Fotoausstellung beherbergt. „Da wären wir.“
    Sie bleiben unschlüssig stehen und lächeln sich an. Ehe Carlotta sich’s versieht, beugt Niko sich zu ihr vor und haucht ihr ein Küsschen links, ein Küsschen rechts auf die Wangen.
    „Toi, toi, toi“, sagt er und verschwindet ohne ein weiteres Wort hinter der Glastür.
    Carlotta hebt eine Hand und berührt vorsichtig ihre Wangen. Dann zählt sie bis fünfeinhalb und folgt Niko langsam in den Ausstellungsraum.
    Im Innern des Gewächshauses herrscht Hektik. Überall wuseln Schüler umher, korrigieren ein letztes Mal ihre Ausstellungsstücke und zupfen nervös an sich herum. Nur Herr Frankenberg scheint die Ruhe selbst zu sein. Er geht hin und her, rückt einige Bilderrahmen gerade und versucht nebenbei, seine aufgeregten Künstler zu beruhigen.
    Drei Freiwillige haben sich lange weinrote Kellnerschürzen umgebunden. Sie füllen Orangensaft in Gläser, polieren ihre Tabletts, stapeln Teller aufeinander und passen auf, dass niemand in die Schnittchen fällt, die ein Küchenhelfer soeben angeliefert und auf einem Tisch abgestellt hat.
    Carlotta sieht sich unschlüssig um. Niko ist nirgends zu sehen. Ob er schon bei

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