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Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Titel: Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kolja Alexander Bonke
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Hollywoodstar:
     
    „Man kann sich vorstellen, dass ich die gefährlichsten und die schlimmsten Dinge gemacht habe, es gibt viele Gründe, weshalb ich nicht hier sein sollte.”
    (Angelina Jolie)
     
    Düstere Gestalten, Nutten und Junkies reißen mich aus meinen Gedanken. Ich passiere ein öffentliches Fixerpicknick, ein Polizeiwagen fährt vorbei.
     
    Im Bahnhofsviertel scheint die Gewalt wieder auszuufern, seit die
Hells Angels
in Frankfurt verboten wurden. Wie zum Beweis torkelt ein blutender Zombie an mir vorbei. Halloween ist heute nicht, der muss also echt sein …
     
    Vorerst halte ich Sicherheitsabstand zur Kurdenkneipe, man könnte mich trotz tief ins Gesicht gezogener schwarzer Wollmütze erkennen. Das Loch sieht noch verkommener aus als ich es in Erinnerung habe. Alles scheint ruhig. Man kann von draußen Leute sehen, ich erkenne sogar einige aus der Gang.
     
    Ich traue mich näher ran. Vor der Tür sehe ich Zuhälterkarren mit Kurdenflaggen, Halils
BMW
und einen neuen
Mercedes SL
. Die Flagge besteht aus drei horizontalen Streifen in Rot, Grün und Weiß und einer goldenen Sonne mit 21 Strahlen. Rot steht für das Blut, das bei der Verteidigung Kurdistans floss. Grün für die Natur und Berge Kurdistans. Weiß steht für Frieden.
     
    Frieden können sie vergessen.
     
    Ich gehe ums Haus und suche das Klofenster. Finde es sofort, Einsteigen wäre dort sehr gut möglich. Gestank und Stimmen dringen aus dem gekippten Fenster. Ich glaube Halil durch den Spalt zu erkennen. Und tatsächlich, ich sehe ihn und einen seiner Vertrauten gut gelaunt beim gemeinsamen Urinieren. Ich gehe näher ran, spitze die Ohren und bekomme tatsächlich einen Gesprächsfetzen mit.
     
    „Sinan hat ein Video von uns und der Schlampe auf sein Handy. Ist der Hammer, Alter.“
    „Hab’s gesehen. Und der Hund kann jetzt fressen, was übrig ist.“
     
    Sie schütteln ab, ignorieren das Waschbecken und verschwinden in der Kneipe.
     
    Auch wenn es nur zwei Sätze waren, die ich hören konnte, bin ich mir fast sicher, dass Sina und ich gemeint waren. Halil hat mich schließlich schon bei der Treterei als Hund bezeichnet. Diese Geringschätzung von Hunden ist echt bekloppt.
     
    Beim Gedanken an ein Video von Sinas Vergewaltigung verliere ich den Boden unter den Füßen. Tränen vor Wut schießen mir in die Augen, am liebsten würde ich sofort in diese Kneipe marschieren und …
     
    Gar nichts werde ich. Ich muss cool bleiben, um den Plan nicht zu gefährden.
     
    „Everybody be cool. You be cool.“
    (Seth Gecko — From Dusk Till Dawn)
     
    Auf dem Heimweg Richtung Sachsenhausen werde ich langsam ruhiger.
     
    Total idyllisch hier unten am Main. Unter einer Brücke lungern zwei für das geübte Auge ziemlich offensichtliche Nazis herum. Laien hingegen würden die politische Einstellung der beiden wahrscheinlich übersehen — selbst an nationalbewussten Kleiderschränken ist der modische Fortschritt eben nicht spurlos vorüber gegangen. Die Zeiten von einfallslosen „Todesstrafe für Kinderschänder“-Shirts in weißer Frakturschrift auf Schwarz sind längst vorbei. 2011 brüten kreative Designer nächtelang an Faschoklamotten. Der modebewusste Großstadt-Nazi von heute trägt stylisch-bunte Shirts mit rechten Messages, die cool aussehen und nur Eingeweihten als solche zu erkennen sind.
     
    Statt „Ausländer raus“ hat der Größere und deutlich Ältere von beiden eine bunte Palme und einen arabisch anmutenden Schriftzug auf der Brust: „Heimreise“ steht da.
     
    Der Kleinere, der fast der Sohn des Großen sein könnte, hat sich für eine noch kreativer designte Klamotte entschieden: Auf seinem Polohemd steht „Sonnenstudio 88 — auch ohne Sonne braun“.
     
    Auch braune Brüder wissen: Accessoires runden ein Outfit ab. Ein Aufnäher schlägt mit „Neukölln statt Hindukusch“ neue Einsatzgebiete für die Bundeswehr vor, während eine Gürteltasche „GGN UNGZFR“ ist.
     
    „Na ihr Süßen? Davon hab ich ja schon immer geträumt, endlich mal Vater und Sohn gleichzeitig …“
     
    Aus zwei Augenpaaren blickt mir kognitive Überforderung entgegen. Kein Wort bringen die beiden heraus, während ich tuckiger klinge als eine Männerhandtasche voller Regenbogen.
     
    „Na kommt schon, habt euch nicht so, ihr seid doch schwuler als ein Bart voller Sperma!“
     
    Homosexualität finde ich ja super. Auch bei mir gab es bestimmt mal Zeiten, in denen ich gerne schwul gewesen wäre. Damit bin ich in guter Gesellschaft,

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