Filmriss
nicht mehr«, sag ich. »Und da haben wir auch nicht jedes Wochenende gezecht. Noch diesen Sommer sind wir oft mit dem Boot raus.«
Marlon und ich werfen uns ein kurzes Lächeln zu. Und plötzlich sind da wieder die Bilder von uns beiden auf der Star Search , vom Himmel über uns, von den Tausenden funkelnder Sterne. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flattern auf.
»Eingemottet«, sagt Marlon dann aber plötzlich und reißt mich aus meinen Träumen. Das Wort klingt traurig aus Marlons Mund. Natürlich meint er die Star Search , die einsam auf irgendeinem Bauernhof dem nächsten Frühjahr entgegendämmert, bis das Leben wieder beginnt.
Was wir sonst in der kalten Jahreszeit gemacht haben, fällt scheinbar auch keinem ein.
»Wir sind eben in einer andren Phase«, sagt Benny, ohne dass uns das weiterhelfen würde.
Marlon sieht wieder mich an.
»So ist das hier nun mal«, meint Frieda. »Alles wird eingemottet im Herbst. Einfach alles.«
Ganz Unrecht hat sie damit leider nicht. Das nächste geöffnete Kino ist über zwanzig Kilometer entfernt, von Diskotheken oder Clubs mal ganz zu schweigen, die Busverbindungen sind extrem viel schlechter als im Sommer, allein schon wegen der Touris. Für die wird hier alles Mögliche auf die Beine gestellt, aber für uns? Pustekuchen!
»Zeig uns doch wenigstens mal den Kutter von deinem Alten«, meint Karsten.
»Der steht in einem Schuppen«, sagt Marlon. »Da kommen wir nicht ran.«
»Du hast doch bestimmt einen Schlüssel, oder?«
»Aber nicht hier.«
»Dann hol ihn, kann doch nicht so’n Problem sein.«
»Was soll ich meinem Vater denn sagen ? – Ich muss mal eben mit meinen Leuten zum Boot, die sind auch nicht mehr ganz nüchtern?«
Karsten überlegt fieberhaft, aber ihm fällt nichts ein. Seine Grenzen sind ziemlich eng gesteckt.
»Aber die kennen dich doch auf dem Hof«, schaltet Benny sich ein. »Meinst du nicht, dass die dir aufmachen?«
»Das schon, abe r …«
»Na los!« Karsten wird wieder munter. »Nur mal kurz angucken, den Kahn, dann ziehen wir auch gleich wieder ab.«
Marlon ist sich nicht sicher, er überlegt. Gespannt und ungeduldig warten wir auf seine Entscheidung. Zuletzt schaut er mich an.
»Warum nicht?«, sag ich.
Ich finde die Idee gar nicht mal so schlecht. Ich hab auch Lust, die Star Search wiederzusehen und ein paar Erinnerungen aufzufrischen.
»Okay«, meint Marlon schließlich. »Warum auch nicht?«
»Also los!« Karsten hat die Tür schon in der Hand. »Wir nehmen meinen Wagen.«
»Quatsch«, sagt Marlon. »Es ist nicht weit bis dahin. Wir machen das ganz locker zu Fuß.«
Es ist noch nicht besonders spät, aber draußen ist es schon ziemlich dunkel. Der Winter streckt seine Finger aus und vertreibt das, was vom Sommer übrig ist. Sterne sieht man an diesem Abend keine, aber der Halbmond lässt wenigstens dunkle Umrisse erkennen. Es ist noch ein ganz schöner Abend, nicht so kalt, kein Regen und selbst der ewige Wind vom Meer hat eine Pause eingelegt. Auf den Straßen ist keiner mehr zu sehen. Überall herrscht Stille. Erst durch uns kommt ein bisschen Leben ins Dorf.
»Wartet hier«, sagt Marlon, als wir endlich bei der Scheune sind, in der die Star Search steht. »Ich sag eben Bescheid, dass wir da sind, und lass mir den Schlüssel geben.«
Um uns herum ist es jetzt noch dunkler, der Mond hat sich hinter einer dicken Wolke versteckt. Nur ein Bewegungsmelder über der Scheunentür ist angesprungen und sorgt für spärliches Licht.
»Ich komm mit«, sage ich zu Marlon. »Okay?«
»Na klar.«
Je weiter wir uns von der Scheune entfernen, umso düsterer wird es. Wir müssen ganz auf die andere Seite, um zum Wohnhaus der Familie zu gelangen. Der Weg ist nicht gepflastert und um diese Jahreszeit schlammig. Aus einem der Fenster dringt Licht nach draußen. Marlon geht einen Schritt vor mir, wir halten uns an der Hand.
»Bleibst du mal eben stehen?«, frag ich ihn.
Er dreht sich um. »Ja?«
Ich trete ganz nah an ihn heran, leg die Arme um seine Hüften, meine Stirn gegen seine. Sein Gesicht riecht nach Meer.
»Findest du es wirklich so langweilig, mit uns abzuhängen?«, frage ich leise. »Mit mir abzuhängen?«
Seine Worte von vorhin sind mir die ganze Zeit nicht aus dem Kopf gegangen.
»Quatsch«, sagt er. »So hab ich das doch nicht gemeint. Mit dir find ich es überhaupt nicht langweilig. Wie kommst du denn darauf?«
Ich zögere mit der Antwort: »War es mit Frieda nicht spannender?«
Er lächelt, streicht zärtlich
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