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Filmriss

Filmriss

Titel: Filmriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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bewegte. Ich nahm an, dass sie das war. Dad blieb noch immer stumm wie ein Fisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, was er gerade machte. Ganz vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Ich wollte auf keinen Fall, dass sie mich entdeckten, aber ich wollte mitbekommen, was er jetzt tun würde.
    »Das sehe ich allerdings ganz anders«, sagte er endlich mit fester Stimme.
    »So?« Sie wurde plötzlich laut. »Und wie siehst du es?«
    »Ich liebe dich«, sagte er. »Vielleicht anders als am ersten Tag, aber es ist noch immer Liebe.«
    Inzwischen stand ich seitlich zur Tür im Dunkeln, sodass ich die beiden sehen konnte. Zu meiner Überraschung standen sie sich direkt gegenüber. Er mit hängenden Armen, sie mit einem Glas in der Hand, das sie die ganze Zeit drehte, ohne daraus zu trinken. Er sah ganz sachlich aus, ganz anders, als seine Worte klangen. Er machte ein Gesicht, als hätte er gerade einen schlechten Geschäftsabschluss besiegelt, aber ich spürte, dass das täuschte. Dass er genau das fühlte, was er sagte: dass er sie liebt.
    »Davon hab ich in letzter Zeit nicht viel gemerkt.«
    Dann wandte sie sich ab und setzte sich aufs Sofa.
    »Es ist wirklich das Beste, wenn wir uns trennen.«
    Eigentlich müsste ich aus allen Wolken fallen, denn ich hab die beiden noch nie so reden hören. Das Komische ist, dass es mich nicht überrascht. Vielleicht hat Mum nur etwas ausgesprochen, was ich schon weiß. Was wir alle drei eigentlich schon längst wissen.
    Vielleicht muss man das aber auch alles nicht so ernst nehmen. Was weiß denn ich, wie oft sie so was schon angedroht und es dann doch nicht gemacht hat? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie ohne ihn klarkommt. Ich glaube, sie ist abhängig von ihm. Aber wenn sie es versuchen wil l …
    Ich wartete noch, um vielleicht zu hören, was nach der Trennung mit mir passieren soll. Wenn sie es tun, muss ich ja irgendwohin. Bei diesem Gedanken wurde mir auf einmal eiskalt, ich schlang die Arme um meinen Körper. Alle Trennungskinder, die ich kenne, leben bei ihren Müttern. Das möchte ich auf keinen Fall. Aber ich wüsste gern, ob Dad mich überhaupt behalten will. Doch so lange ich auch wartete, es kam kein Ton von ihm.
    Am Strand war ich kurz davor, Birte davon zu erzählen. Hab ich dann aber doch nicht getan. Man weiß nie, wem man vertrauen kann und vor allem wie lange!

22
    »Ich glaub, ich hab Fieber.«
    Ich zittere am ganzen Leib. Besorgt legt mein Vater seine Hand auf meine Stirn.
    »Und ob. Du gehst sofort wieder ins Bett. Ich komme mit Thermometer und Wadenwickel.«
    39,8. Das ist ganz ordentlich. Eigentlich bin ich nicht der Fiebertyp. Ich hab garantiert noch nicht mal einen Schnupfen, glühe aber wie verrückt.
    In seiner Mittagspause kommt Dr. Wegmann vorbei, unser Hausarzt. Er redet nicht viel und ist manchmal ein bisschen streng. Aber er kommt immer, wenn man ihn braucht, und wenn er lächelt, beruhigt einen das ungemein.
    Er untersucht mich mit nachdenklichem Gesicht. Dann zückt er seinen Block und schreibt Medikamente auf.
    »Ein bisschen was Stärkeres«, sagt er und drückt meinem Vater das Rezept in die Hand. Der fährt sofort zur Apotheke. Ich nutze die Gelegenheit, mein Handy ans Bett zu holen.
    Hi, Marlon, bin krank: Fieber, liege flach. Kann heute nicht kommen. Vermisse dich schon jetzt.
    Die Antwort kommt sofort: Ich dich auch, Stern ! – Ist es schlimm?
    Geht so.
    Ich komm dich gleich besuchen! Sobald ich zu Hause bin! Tausend Küsse ***
    Tausend Küsse zurück ***
    Dann ist mein Vater wieder da, kommt mit zwei Pillen und einem Glas Wasser an mein Bett, macht mir neue Wadenwickel.
    Das Fieber geht kurz etwas runter, steigt aber pünktlich zum Abend wieder an. Das Schlimmste ist die Müdigkeit, immer wieder schlafe ich ein und komm auch zwischendurch nicht richtig zu mir. Da helfen weder Tabletten noch Wadenwickel. Auch nicht die Unmengen verschiedener Tees, die mein Vater mir einflößt, sobald ich die Augen aufmache.
    »Marlon war grade da«, sagt er.
    Mein Herz schlägt höher, aber dann kommt gleich die Enttäuschung.
    »Ist er wieder weg?«
    »Du hast so tief geschlafen, Birte. Schlaf ist jetzt das Wichtigste. Ich hab ihn weggeschickt.«
    »Aber er kommt doch wieder?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass er damit noch warten soll. Du brauchst vor allem Ruhe.«
    »Oh Mann.«
    Da bin ich auch schon wieder eingeschlafen. Vom SMS -Signal wache ich wieder auf.
    Werd bloß schnell wieder gesund! Ich brauch den Sternenhimmel ***

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