Filmriss
mit Üben verbracht und verschiedene Stylings für Jane ausprobiert. Es ist gut gelaufen und hat Spaß gemacht.
Steve war echt süß! Er hat mich abgehört, obwohl das für ihn wirklich nicht einfach ist, weil er nicht besonders gut lesen kann. Aber er war mit Feuereifer bei der Sache.
»Du siehst toll aus!«, hat er jedes Mal gesagt, wenn ich ihm eine neue Verkleidung vorgeführt habe.
»Aber was sieht am tollsten aus? Das muss ich wissen. Nun sag schon, sonst komm ich nicht weiter.«
»Das, wo du dir die Dinger ins Gesicht gemalt has t … wie heißen die noch mal?« Er dachte angestrengt nach, kam aber nicht auf den Namen. »Die zum Klettern.«
»Die Lianen?«
»Genau, die Lianen.« Er war ganz happy, dass er es endlich hatte. »Damit sahst du am allertollsten aus.«
Er ist direkt ein bisschen rot geworden, als er das Wort gesagt hat. So als hätte er sich was ganz Verwegenes getraut. Knuffig!
»Okay, dann nehm ich das schon mal für die Maske . – Und, hilfst du mir morgen wieder?«
»Na klar, wenn ich darf.«
»Natürlich darfst du.« Plötzlich tat er mir leid.
»Ich bin nicht immer besonders nett zu dir, oder?«
»Doch, du bist lieb«, sagte er, und ich war mir ganz sicher, dass er in diesem Moment schon alle fiesen Bemerkungen vergessen hatte, die ich vor den anderen über ihn gemacht hatte. Jedenfalls hab ich mir fest vorgenommen, netter zu ihm zu sein.
Ich werde jetzt jeden Tag für meinen Auftritt üben und außerdem Mum fragen, ob sie mir hilft, das Kostüm zu schneidern, das ich im Kopf schon fertig habe: braun und grün, mit bunten Orchideen aus Seide fürs Haar, das wird total supercool :-).
Beim Casting sing ich die blöde Carina mit dem krassesten Styling und im schärfsten Jane-Kostüm aller Zeiten in Grund und Boden. Die hat keine Chance gegen mich. Darauf schwör ich jeden Eid!
23
Marlon hat absolut Recht, solche Verzichtsschwüre sind Quatsch. Schließlich sind wir keine Alkis. Die schwören, dass sie aufhören zu saufen. Aber sie behaupten es nur. Dann trinken die einen halben Tag nichts oder einen ganzen, vielleicht auch zwei, um dann gleich wieder loszulegen. Die halten das gar nicht aus ohne, deswegen sind sie ja Alkis.
Ist man aber erst mal einer, sagt Marlon, dann bleibt man es ein Leben lang. Man wird das nie wieder los. Auch wenn man fünf Jahre nichts trinkt oder zehn. Ein Glas und man hängt sofort wieder dran. Bei vielen reicht sogar schon eine Weinbrandbohne. Aber so ist das ja bei uns nicht.
Manche schaffen es, eine Weile trocken zu bleiben. Manche vielleicht auch ewig, die meisten aber nicht. Marlon weiß das alles wegen eines Nachbarn, der ist Voll-Alki, so wie Bert es war. Der fängt schon morgens an und höre nicht eher auf, bis alle Flaschen leer sind, sagt Marlon. Arbeit hat der längst keine mehr, er wäre auch gar nicht in der Lage dazu. So fertig ist der. Aber wir sind schließlich nicht krank. Wir haben einfach nur Spaß, das ist alles.
Selbst mein Vater sagt, dass ein Gläschen Korn ab und zu pure Medizin sein kann. Medizin nehmen Kranke, oder? Und wer war gerade eben noch krank? Wenn Korn Medizin ist, dann Gin wahrscheinlich auch. Und Orangensaft ist eh gesund. An Medizin für Kranke gibt es nichts auszusetzen. Dass man davon nicht zu viel nehmen darf, weiß jedes Kind.
»Jetzt geht es mir wieder besser«, sage ich nach einem Glas und noch einem langen Kuss von Marlon. Wir sitzen zusammen auf dem großen Sessel. Er hat seinen Arm um mich gelegt.
»Siehst du«, meint er fröhlich, »ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren.« Er lacht.
»Sagt mein Vater auch immer. Aber der hört dann auch wirklich nach einem Glas auf. Wenn er überhaupt was trinkt.«
»Jeder, der will, kann nach einem Glas aufhören. Wir jedenfalls können das.«
Er zaubert eine neue Flasche Gin hinterm Sessel vor, öffnet sie mit einem lauten Knacken.
»Aber ich will nicht«, sagt er. »Jedenfalls nicht heute. Morgen vielleicht. Heute lass uns feiern, dass du wieder gesund bist, dass wir hier zusammen sind. Das ist doch kein Problem, oder?«
Er riecht an dem Zeug und schnalzt mit der Zunge.
»Wie sieht’s bei dir aus, Sternchen? Noch ein Schlückchen zum Verdünnen? Von zu viel O-Saft kriegt man einen Vitamin-Flash. Ist auch nicht gut.«
Ich lege meine Hand aufs Glas.
» Ein Gläschen. Mit dem zweiten bin ich ab jetzt vorsichtiger. Und dabei bleibt es!«
Marlon trinkt, guckt mich aber etwas länger an als sonst.
»Du bist echt süß.«
»Kann es sein, dass du mich
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