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Filmriss

Filmriss

Titel: Filmriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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Sonst geht nichts.
    Sofort geht es mir ein bisschen besser, hält aber leider nicht sehr lange an. Gegen neun Uhr ruft mein Vater noch mal beim Doc an.
    »Er sagt, du sollst ins Krankenhaus.«
    Mein Vater sitzt auf der Bettkante, schaut mich lange an. Er richtet das Kissen unter meinem Kopf so, dass ich mich etwas aufrichten kann.
    Ich hasse Krankenhäuser.
    »Es ist schon besser«, sage ich.
    Meine Stimme ist so leise, dass ich sie selbst kaum hören kann. Ich messe noch mal, tatsächlich ist die Temperatur wieder etwas runtergegangen. Mein Vater steht auf.
    »Aber wir müssen auch nachts immer wieder kontrollieren«, sagt er. »Alle zwei bis drei Stunden, meint Wegmann. Und wenn das Fieber wieder steigt, führt am Krankenhaus kein Weg vorbei.«
    Sein sonst so fröhliches Lächeln kommt mir etwas traurig vor.
    »Ist irgendwas bei dir nicht in Ordnung, Birte?«
    »Ich hab Fieber.«
    »In deinem Leben, meine ich. Hast du Probleme in der Schule? Mit Freunden?«
    »Wieso das denn?«
    »Wegmann hat mich das gefragt. Und da ist mir klar geworden, dass ich es nicht weiß. Von euren Partys hab ich ihm erst mal nichts gesagt. Damit ist es doch vorbei, oder?«
    Ich nicke. »Na klar.«
    »Er meint, dass sich dein Körper gegen irgendwas wehrt, gegen das du nicht ankommst.«
    »Was sollte das wohl sein?«
    »Der Unfall deiner Mutte r …«
    »… hat damit nichts zu tun.«
    »Also, wenn du es nicht weiß t …«
    »Es ist alles okay«, sage ich nach einer Weile. »Mach dir keine Sorgen. Ich hab im Meer gebadet und mich danach nicht schnell genug abgetrocknet, meine Haare waren auch nass, das ist alles.«
    Ich kann die Augen nicht mehr aufhalten, so müde bin ich plötzlich. Ich hab wahnsinnige Sehnsucht nach Marlon; wenn ich überhaupt an irgendwas denken kann, dann an ihn. Immer wieder sehe ich ihn vor mir, wie er »Sternensucher« gesungen hat. Und in meinem Kopf hör ich dazu das Lied.
    »Gute Nacht.« Mein Vater streichelt meinen Kopf, wie er es früher getan hat, als ich noch ein kleines Kind war. »Und gute Besserung.«
    Gute Nacht, will ich sagen, aber ich krieg den Mund nicht mehr auf. Es wundert mich, dass er nicht wieder auf dem Thema »Alkohol« herumreitet. Aber darüber bin ich echt froh. Am liebsten würde ich in Marlons Armen einschlafen. Mit seinem Lied im Ohr dämmere ich weg.
    Die Krankheit nervt. Ich bin total schlapp, mit dem Fieber wird es nur im Schneckentempo besser. Und ich vermisse Marlon so. Mein Vater will noch immer nicht, dass er mich besucht.
    »Du steckst ihn nur an«, sagt er. »Da habt ihr doch beide nichts von. Aber hier, das hat er für dich abgegeben.«
    »Du hast ihn nicht hoch gelassen?«
    »Du hast gerade wieder geschlafen.«
    Er reicht mir eine kleine Schachtel, darin ist ein Kettenanhänger, ein grüner, sternförmiger Stein. Ohne dass ich was dagegen tun könnte, schießen mir Tränen in die Augen.
    Der Doc will mich immer noch ins Krankenhaus verfrachten. Zur Sicherheit, sagt er. Er tut, als wäre ich in Lebensgefahr. Das ist natürlich völlig übertrieben. Ich habe nur das Gefühl, als wären ein paar Akkus in mir leer.
    Nicht mal zum Fernsehen habe ich Lust. Am liebsten würde ich Tag und Nacht durchschlafen. Aber als ich am Samstag aufwache, weiß ich zwei Dinge: Erstens habe ich gerade von Seehunden geträumt und zweitens habe ich die blöde Krankheit endlich hinter mir. Es ist total früh, draußen ist es noch dunkel, aber ich kann nicht mehr liegen bleiben. Ich glaube, ich kann die nächsten hundert Jahre kein Bett mehr sehen. Ich ziehe mich rasch an und schleiche mich leise aus dem Haus, um meinen Vater nicht zu wecken. Ich weiß genau, wohin ich will, von der ersten Sekunde an gibt es nicht den geringsten Zweifel, denn ich war schon ziemlich lange nicht mehr dort.
    Mo und Amadeus ziehen ihre Runden durchs Wasser. Das Aquarium hat gerade aufgemacht und noch bin ich die einzige Besucherin. Es riecht nach Desinfektionsmitteln und ein bisschen nach Fisch. Sofort ist klar, dass die beiden mich wiedererkennen.
    »Na, sieh mal an, wer da kommt«, scheint Mo zu Amadeus zu sagen. »Wir haben uns aber lange nicht gesehen.«
    »Stimmt, tut mir leid. Wie geht’s euch?«
    »Gut. Und selbst?« Amadeus springt aus dem Wasser, legt sich in den Sand. Neugierig sieht er mich an. Mo schwimmt noch eine Runde.
    »Ich war krank«, sage ich. »Aber jetzt bin ich wieder fit.«
    »Und?« Auch Mo ist jetzt draußen. »Was führt dich zu uns, schon so früh am Morgen?«
    Beide zwinkern mir im selben

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