Filmwissen
verlassen, auf dem sich überdies ein Eingeborenen-«Stamm» tummelt, dessen Mitglieder über magische Fähigkeiten zu verfügen scheinen. Im Jahr darauf strandete im Bermuda-Dreieck schon wieder eine Familie auf einer Insel mit versunkenen Kulturen und phantastischer Fauna: Escape from Atlantis ( Flucht von Atlantis ; 1997, Regie: Strathford Hamilton) führt in eine Traumwelt jenseits der Zeit, doch weder Einhörner noch Bezauberung können die amerikanische Familie davon abhalten, ins eigene, gelobte Land zurückzukehren.
Die Disney-Produktion The New Swiss Family Robinson ( Allein auf der Pirateninsel ; 1998, Regie: Stewart Raffill) nimmt einen klassischen Abenteuerstoff aus den Jugendbüchern und Filmen ohne allzu große Innovationen wieder auf. Die Auseinandersetzung des Menschen mit der wilden Natur erscheint hier endlich wie ein Abenteuerurlaub mit erzieherischem Wert. Schiffbrüchig (2002, Regie: Charles Beeson) erzählt als Zweiteiler in deutsch-amerikanischer Koproduktion noch einmal die Geschichte des verfolgten Pfarrers, der mit seiner Familie Schiffbruch erleidet, als er in die australischen Strafkolonien gebracht werden soll. Sein Sohn ist unterdes verschollen und wächst unter Piraten heran; nach sieben Jahren taucht er gerade rechtzeitig zur Rettung wieder auf. Diesmal hat der Stoff einen eher «erwachsenen» Touch und schildert vor allem den brutalen Überlebenskampf der Schiffbrüchigen. Aber auch hier bleibt diese erstaunliche Phantasie vom Zurückwollen, und sei es aus dem Paradies, im Vordergrund. Das Abenteuer für diese Familien mag eine schöne und, was Zusammenhalt und Reifung anbelangt, auch nützliche Auszeit sein, am Schönsten aber, da scheinen sie mit Dorothy immer einer Meinung zu sein, ist es doch zu Hause. Oder?
Die Mini-Serie The Incredible Journey of Mary Bryant ( Mary Bryant – Flucht aus der Hölle ; 2005, Regie: Peter Andrikis), die teuerste australische Fernsehproduktion bis dahin, erzählt von der 17-jährigen Mary (Romola Garai), die, nachdem sie bei einem Diebstahl ertappt wurde, wie so viele arme kleine Sünder nach Australien in die Sträflingskolonien verbannt wird. Dort in Botany Bay soll sie sieben Jahre bleiben, doch die Kolonie kann sich nicht halten. Die unfreiwilligen Siedler drohen zu verhungern, Mary Bryant versucht mit ihrem Mann Will (Alex O’Loughlin) und ihren beiden Kindern zu fliehen. Sie erreichen unter abenteuerlichen Umständen das holländische Timor, wo sie unter neuer Identität ein friedvolles Leben erhoffen. Doch Marys Nemesis, der britische Offizier Clarke (Jack Davenport), der aus persönlichen Gründen von obsessivem Hass getrieben ist, erscheint wieder auf der Bildfläche. Um seine Familie zu schützen versucht Will Clarkes Leute abzulenken und wird erschossen. Und auch Mary findet sich vor der Mündung der Pistole des seelenkranken Verfolgers. Auf der Rückfahrt sterben ihre Kinder; im Heimatland klagt sie erbittert die Zustände in den Strafkolonien an.
Während man hier aus dem Traumreich des Abenteuers dringlich in die Welt des Gewöhnten zurück will, da sie sich vor allem als Alptraum erwiesen hat, steckt sich anderswo dieses Traumreich selber an den Gewöhnlichkeiten von Soap-Opera-Opera und TV-Erzählroutine an. Der Bezugspunkt des Piratenfilms war nicht mehr unbedingt jene «goldene Zeit» der Piraterie zwischen 1690 und 1730, der das Genre seinen Look und seine Mythen verdankt. Damals, als die «Kaperbriefe» der verschiedenen europäischen Mächte aus dem Freibeuter gleichsam einen paramilitärischen Berufsstand mit einem eigenen Ehrencode machten, der sich dann freilich in eine anarchistische «Pest der Meere» verwandelte, als aus den Freibeutern im Dienste eines der rivalisierenden Königreiche selbstständige Unternehmer wurden.
Die gute alte Zeit des billig-prächtigen Piratenfilms war allerdings auch mit den neuen Mitteln nur bedingt zu rekonstruieren. 1999 versuchte es der Vierteiler Caraibi ( Die Piraten der Karibik ; Regie: Lamberto Bava) ganz in der Tradition der fantastischen Mehrteiler und der alten Piratenfilme aus Cincecittá: Ferrante (Nicholas Rogers) und Ippolito (Paolo Seganti), Söhne der aristokratischen Familie Abrizzi, verlieben sich beide in die schöne Livia (Anna Falchi). Als Ippolito durch einen furchtbaren Zufall Livia tötet, kommt es zum Bruch: Ippolito soll wegen Mordes hingerichtet werden, und Ferrante stürzt sich in Abenteuer, um seine Trauer zu vergessen. Als er eines Tages dabei auf den
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