Filmwissen
Piraten-Freiheit selber. Der Rolling Stones-Gitarrist Keith Richards, der nach eigenem Bekunden Johnny Depp für das Design seiner Rolle als Vorlage diente, hat in diesem Film eine kleine Rolle, natürlich als Sparrows Vater, und man sieht ihn konsequenterweise in einen Sessel gefläzt und auf den Saiten einer Gitarre klimpern.
Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides ( Fluch der Karibik 4 – Fremde Gezeiten ; 2011, Regie: Rob Marshall) kommt ohne den Stammregisseur der Serie und ohne Keira Knightley und Orlando Bloom aus, wurde aber in 3-D in Szene gesetzt (wenngleich mit einem verringerten Budget). Sparrow hat die Karte zur «Quelle der ewigen Jugend» von Captain Barbossa (Geoffrey Rush) gestohlen, der mittlerweile in den Diensten des Königs steht. Hinter dem Geheimnis ist auch die schöne Piratin Angelica (Penélope Cruz), die in der Vergangenheit eine abenteuerliche Beziehung mit Sparrow hatte, sowie der gefürchtete Captain Blackbeard (Ian McShane) her, und Sparrow begegnet so schönen (und gefährlichen) Meerjungfrauen (deren Tränen allein die Wirksamkeit des Jungbrunnens ausmachen) wie hässlichen Untoten. Angelica lockt Sparrow auf Blackbeards Schiff, das mit Untoten bemannt ist, und das am Bug Feuer speien kann. Der vierte Teil der Saga bezieht sich, anders als die Vorläufer, nicht mehr auf die Themenpark-Grundideen aus Disneyland, sondern auf den phantastischen Roman In fremden Gezeiten von Tim Powers. Sparrow ist nun hauptsächlich in London zu sehen, wo der König und die Aristokratie einen prächtigen Hintergrund für Sparrows Eskapaden und seine «schäbige» Eleganz abgeben.
Die «Pirates of the Carribean» sind die Piraten für das neue Jahrhundert: Endlos umkreisen sich die materialistischen und die «spirituellen» Elemente der Freibeuterei, Sparrow ist ein spielendes Kind, ein Protagonist der Queerness im eigenen Phantasiereich, Peter Pans drastischer Nachfahr, der Narzissmus und Egoismus gar nicht mehr verbergen will. Die Zeit hat längst aufgehört zu existieren, mühelos überspringt man die Grenzen von Realität und Traum, und natürlich sind die Frauen in diesen neuen Piratenfilmen nicht mehr passive Objekte des Begehrens (aber auch keine herzensguten Prinzessinnen mehr). Und doch sind diese Filme dem Geist der Piraterie näher als die alten Genrefilme mit ihren Legenden zwischen Rebellion und Loyalität. Nahezu hemmungslos frönen die Piraten in diesen Filmen zweien ihrer großen Leidenschaften: dem Erzählen von Lügengeschichten und der karnevalesken Aneignung der «edlen Tücher» auf den gekaperten Schiffen. Hinzu kommen Goldgier, Aberglaube und ein ewiges Fest der Travestien. Burt Lancaster warnte einst seine Zuschauer, nicht einmal die Hälfte von dem zu glauben, was sie sähen; die «Pirates of the Carribean» halten sich damit gar nicht erst auf. Sie leben ihren Traum und träumen ihr Leben. Und haben die Phantasien des Publikums gekapert.
Natürlich widmete man sich auch den Formen der «modernen Piraterie», wie etwa in Maiden Voyage ( Maiden Voyage – Jungfernfahrt in den Tod ; 2004, Regie: Colin Budds), ein Film, der nach dem klassischen Abenteuer-Modell beginnt – ein Mann, Polizist von Beruf, begibt sich mit seinem Sohn auf eine Kreuzfahrt im Pazifik, um sein Verhältnis mit ihm zu klären – und sich dann dem Thriller zuwendet: Hochgerüstete moderne Piraten kapern das Schiff und müssen, einer nach dem anderen, von dem tapferen Polizisten (Casper van Dien) eliminiert werden, womit denn auch der Vater/Sohn-Konflikt beigelegt wird. Captain Sparrow würde über eine so einfach gestrickte Welt- und Familiensicht wohl lachen.
Solchen Modernisierungen gegenüber taten sich eher gemächliches Neu-Interpretationen der traditionellen Stücke des (Sub-) Genres eher schwer. Pierce Brosnan war ein Robinson in Robinson Crusoe ( Robinson Crusoe ; 1996, Regie: Rod Hardy, George Miller), der die Lektion, die vor ihm bereits Peter O’Toole in Jack Golds Man Friday zu lernen hatte, noch einmal erhält, vor allem in einer geänderten Haltung zu Freitag (William Takaku). Dies ist die Geschichte eines britischen Seemanns, der als einziger Überlebender eines Schiffsunglück auf einer einsamen und unbewohnten Insel gestrandet ist, und der in seinem Kampf ums Überleben in der Wildnis seinen größten Feind bezwingen muss: die Einsamkeit. Und als er, wie aus der Vorlage bekannt, einen Eingeborenen aus der Hand von Menschenfressern befreit hat, scheint dieser Feind besiegt und ein
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