Filmwissen
ihres Vaters erfüllt, und obwohl König Ferdinand (Ralph Truman) sie zwingt, de Bizar dennoch zu heiraten, sinnt sie weiter auf Rache. Nach dem Tod des Königs zerfällt Kastilien weiter; zwei Söhne, Alfonso (John Fraser) und Sancho (Gary Raymond), und die Tochter Urraca (Genevieve Page) regieren das unter ihnen aufgeteilte Land mehr zum eigenen als zum Wohle des Volkes. Alfonso lässt seinen Bruder ermorden und El Cid aus Kastilien verbannen, nachdem dieser ihm die Gefolgschaft verweigert hat. Erst in der Verbannung beginnt Chimene die Beweggründe ihres Mannes zu verstehen, der Spanien zu einer Einheit bringen will.
Unterdessen geht der Kampf gegen die Mauren weiter. Als der Maurenführer Ben Yussuf (Herbert Lom) den Angriff auf Valencia befiehlt, ruft Alfonso El Cid aus der Verbannung zu Hilfe. Um Valencia wird eine erbitterte Schlacht geschlagen, und beim letzten Angriff der Mauren wird El Cid tödlich verwundet. Er wird auf einem Pferd festgebunden und führt so noch den Angriff gegen die Mauren, als er bereits tot ist. Vor dem «unsterblichen» Cid und seinen Kämpfern flüchten die Mauren in Schrecken. El Cid aber, mehr als eine Legende schon, entschwindet auf seinem Pferd im Meer.
Zwar gilt El Cid als einer der reichsten und visuell attraktivsten Filme dieser Zeit, und es sagt sehr viel über den Stand des Genres zu diesem Zeitpunkt, dass man ihn zum «Western des Jahres» wählte, aber manches in dieser überlangen ambitionierten Arbeit war auch ein wenig hölzern geraten, und trotz der hervorragenden action -Sequenzen Yakima Canutts und einer durchaus mit epischem Atem begabten Inszenierung von Anthony Mann gibt es Brüche und wenig einfallsreiche Passagen. Was dem Film völlig fehlt, ist jene Qualität von Charme und Märchen, die so vieles verzeihen lässt. Es ist ein Ausstattungsfilm, ein Charlton Heston-Film (und ohne diesen Darsteller des Historisch-Heldischen, der Pflichttreue und der Erduldung von Schmerz und Mißachtung im Genre kaum denkbar), ein Anthony Mann-Film, nicht zuletzt aber ist es, ganz direkt, «ein Film über Burgen in Spanien», und «wenn nicht mehr, so auf jeden Fall eine Lektion für zukünftige art directors » (Tony Thomas) .
Eher harsch reagierte die Kritik in Europa, in der Bundesrepublik zumal. So nannte die Filmkritik (Nr. 6/1962) El Cid
«einen der langweiligsten Monumentalfilme, die je gemacht wurden. Der Cid, der spanische Siegfried, ist um das Jahr 1.000 die glanzvoll beherrschende Gestalt der Reconquista, der Wiedereroberung Spaniens aus den Händen der muselmanischen Mauren. Der Film macht daraus ein vierstündiges, zweiteiliges Schauwerk mit Liebe und Tod, das, zumal im ersten Teil, oft das Niveau einer Schmiere hat. ‹Kein Pferd kann schneller laufen, als es vermag › , erläutert Chimene, und ihr Vater läuft beim Auftritt vor bis an die Rampe, verharrt gesenkten Hauptes, sammelt seinen Zorn, wendet sich um und schreitet schräg nach hinten entschlossen auf seine Tochter zu. Fehlt nur, dass er ‹Ha, Verruchte!› sagt. Wofür der Cid kämpft, wird nicht klar – für Frieden? Für Gerechtigkeit? Für Spanien? Seine Argumentation ist die bekannte irrationale: ‹Ich weiß nicht, ob es richtig war, aber ich glaube es.› Wie eine Selbstverhöhnung des Regisseurs wirkt es in einem solchen Film, dass der schluss des ersten Teils den Schluss des ersten Teils in Eisensteins Iwan Grosni imitiert .»
El Cid markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung des Genres. Zum einen war nun der Aufwand ins Gigantische gewachsen, stellte sich historische Größe gleichsam ohne Tricks ein; zum anderen aber war jene Unschuld gewichen, die dem swashbuckle r seine eigene (Traum-)Welt beließ. El Cid hatte sich, ganz im Gegensatz zu früheren Ritterfilmen, auf eine Auseinandersetzung mit der historischen Realität eingelassen (man hatte Archive studiert, ein Professor für spanische Geschichte fungierte als Berater, und auch die Musik von Miklos Rózsa war eine Bearbeitung spanischer Musik aus dem 11. Jahrhundert). Vielleicht gerade deshalb wirkt manches unglaubwürdiger, dem filmtechnischen und historischen Realismus zum Trotz; der Film erwies sich letztlich als untauglicher Versuch, das Genre über historische Authentizität und komplexere Charaktere «erwachsen» zu machen. Dies war allerdings auch keine Zeit für den swashbuckler , und in Charlton Heston hatte der historische Abenteuerfilm gleich die Apotheose eines neuen Typus gefunden: des heroischen Verlierers.
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