Filmwissen
Gestalt des «Königs der Rebellen» als Nebenfigur in Sir Walter Scotts Ivanhoe (vergleiche den Abschnitt Traditionen der Abenteuer-Literatur) , wo der Konflikt zwischen Normannen und Angelsachsen besonders hervorgehoben war. Hierin wurde «Robin Hood» zu einer viktorianischen Phantasie; er war nun der Verteidiger der angelsächsischen Kultur und Moral (und natürlich wurde seine Beziehung zu Lady Marian nun ausgesprochen ehrenwert), und der Grundwiderspruch war der zwischen den wirklichen Engländern und den fremden Eindringlingen.
Schon 1838 war Robin Hood zum Helden einer Serie von Abenteuer-Romanheften geworden, und in der Folgezeit war zwischen Figuren wie Buffalo Bill, Nick Carter oder Kit Carson immer Platz für einen grünen Bogenschützen aus Englands Mittelalter auf den Titelbildern der penny dreadfuls , der dime novels , der Kolportageliteratur. Kinderbücher und später die Comics bemächtigten sich der Gestalt; Generationen von Schulkindern lernten Englisch mit einfachen Episoden aus dem Robin Hood-Epos, und schließlich nahm sich auch der Film seiner an.
Nahezu ein halbes Dutzend Filme illustrierten Episoden aus der Legende in Stummfilmen der Jahre vor 1920, und auch zwei englische «Ivanhoe»-Versionen ließen Robin Hood immerhin als Nebenfigur auftreten.
Aber natürlich setzte auch hier erst Douglas Fairbanks in Robin Hood ( Robin Hood ; 1922, Regie: Allan Dwan) Maßstäbe für die weitere Entwicklung. Der Film wies als Arbeitstitel nicht zufällig «The Spirit of Chivalry» auf, denn noch mehr als in späteren Versionen wird hier die Ritterlichkeit des Helden betont; von einem Räuber bleibt ihm wenig. Die Qualitäten dieses Films liegen weniger in seiner Handlungsführung, die wie flüchtig skizziert wirkt, als in der Ausstattung (womit nicht nur die 1.400.000 Dollar Produktionskosten gemeint sind, die den Film – einmal mehr – zum bis dahin teuersten machten, sondern die handwerkliche Inspiration, mit der sie realisiert wurde) und in der Aura Fairbanks› (der auch für Produktion und Buch sorgte).
« Wie alle Fairbanks-Helden ist auch dieser (Robin Hood) in Wahrheit ein groß gewordener Schuljunge. Einerseits ist er frech, mutig, kraftvoll und patriotisch, andererseits zurückhaltend, zaudernd und schüchtern vor allem in der Gegenwart von Frauen. Nachdem er das Turnier gewonnen hat, umringen ihn die begeisterten Damen, und er, um ihnen zu entkommen, springt in den Burggraben. Bei dem Bankett zwingt ihn der König, der um seine Verlegenheit gegenüber Frauen weiß, eine Dame seines Herzens zu wählen. Aber er weigert sich, bis er sieht, wie John Lady Marian belästigt, und um sie zu retten, eilt er eine Treppenflucht hinauf und zwingt John nieder. Aber es hat auch später immer den Anschein, als würde es ihm wesentlich leichter fallen, für Marian zu kämpfen. als ihr den Hof zu machen» (Jeffrey Richards).
Diese eher scheue Liebesgeschichte ist verbunden mit sehr viel und gelegentlich spektakulärer action . Auch hier nutzt der Abenteurer akrobatisch Architektur und Natur aus, um gegen eine geradezu groteske Übermacht zu bestehen. Und Fairbanks vollführte alle diese erstaunlichen Taten (etwa sprang er vom Pferd aus auf eine sich schließende Zugbrücke) mit dem Lächeln, das nur ein Abenteurer hat.
Es gab wohl nur einen einzigen Darsteller, der es ihm gleichtun konnte, und das war Errol Flynn. In Michael Curtiz’ The Adventures of Robin Hood ( Robin Hood – König der Vagabunden ; 1938), der dem vorgenannten nicht nur den Ton, sondern auch die Farbe voraus hatte, und der von einigen Autoren als grandiosester aller Abenteuerfilme gewertet wird, geht es um die eindrucksvollsten Episoden des Stoffs: Die erste Begegnung mit Little John (Alan Hale, der dieselbe Rolle schon in dem Fairbanks-Film gespielt hatte) und der anschließende Stockkampf, bei dem Robin unterliegt, der Schwertkampf mit Bruder Tuck (Eugene Pallette), der schließlich mit dem Versprechen, so viel essen zu können, wie er wolle, für die merrie men gewonnen wird, die Nachricht von König Richards Gefangennahme am Anfang und das Bankett von Prinz John (Claude Rains), zu dem uneingeladen Robin Hood erscheint, um ihm den Kampf anzusagen, seine waghalsige Flucht. Was folgt, ist fester Bestandteil der meisten Robin Hood-Filme: Nachdem Robin für eine Zeit Sir Guy of Gisbourne (Basil Rathbone) und den Sheriff of Nottingham (Melville Cooper) gefangengehalten hat, stellt man ihm eine Falle durch einen
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