Filmwissen
schließlich d’Artagnan allein mit den Diamanten zurückkehrt, sie in letzter Minute der Königin aushändigt, nachdem er ein letztes schweres Duell mit de Rochefort (Boyd Irwin), dem Vertrauten des Kardinals, zu bestehen hatte.
Natürlich war Fairbanks’ d’Artagnan einer der lachenden Helden des swashbuckler -Genres, wenig war bei ihm zu spüren von der anfänglichen Unsicherheit, der bleibenden Unfähigkeit d’Artagnans, die Intrigen ganz zu durchschauen, in denen ihm schließlich die Schlüsselrolle zukommt. «Ich liebe das Lachen», hatte Fairbanks gesagt, «Lachen ist für mich ein Elixier. Das Lachen ist eine physische Notwendigkeit. Es ist notwendig für das Nervensystem. Der Mann, der lacht auf seinem Lebensweg, hat die Zukunft nicht zu fürchten.» Das ist beinahe so etwas wie eine Definition des Genres, und in der Tat hat der Film konsequent jene düsteren, bitteren Wendungen der literarischen Vorlage ignoriert, die Les trois mousquetaires von der Masse der Produktionen von Dumas’ «Romanfabrik» unterscheidet. Der «romantische Exzess» wurde zur romantischen Feier pragmatischen Optimismus.
Der Zauber der Drei Musketiere liegt auch in einer Abbildung eines «Emanzipationsprozesses» innerhalb einer boy-hero -Beziehung. D’Artagnan nimmt Abschied von seinem Vater, um gleich drei neue Väter zu finden, denen er sich bald als ebenbürtig, ja sogar überlegen erweist. Die drei Musketiere mit ihren ausgeprägten Vorlieben und Charakterzügen kontrastieren zum geradlinigen Helden, der aus nichts als Idealismus und Kraft zu bestehen scheint. Am Ende hat sich d’Artagnan über alles erhoben, sogar über seinen konservativen «Auftrag». Diesen abenteuerlichen Entwicklungsroman hat der Film aufgehoben in der Jugendlichkeit und «Unschuld» des Helden, der sich durch sein Lachen mit der Kindheit verbindet.
1935 entstand die nächste Version des Stoffes unter der Regie von Rowland V. Lee, der bereits The Count of Monte Cristo ( Das Rätsel von Monte Christo ; 1934) gedreht hatte. Schon in diesem Film gibt es jene Verbindung von (Kampf-)Choreografie und Musik (von Max Steiner beigesteuert), die in späteren Filmen so bedeutend wurde und die aus dem swashbuckler -Film ein ausgesprochen musikalisches, tänzerisches Genre machte, das nicht zufällig gelegentlich ins Musical «umkippte».
Lees The Three Musketeers präsentierte einen bis dahin völlig unbekannten Schauspieler, Walter Abel, in der Rolle des d’Artagnan und porträtierte Dumas’ Helden als «Jungen vom Lande», der viel mehr als Douglas Fairbanks’ D’Artagnan-Inkarnation der «Erziehung» durch Athos (Paul Lukas), Porthos (Moroni Olsen) und Aramis (Onslow Stevens) bedarf. Der Erziehungsroman hinter den Wendungen der Handlung betrifft hier das Gefühl für Loyalität und Pflichterfüllung, und ganz anders als Fairbanks’ lachender Kämpfer hat dieser d’Artagnan ein reichlich humorloses Verhältnis zu diesen Tugenden. So ist auch Richelieu (wieder dargestellt von Nigel de Brulier, der diese Rolle noch zweimal wiederholen sollte) nicht der eigentliche Schurke des Films, da er in ein System von Pflicht und Autorität eingebunden ist, sondern Rochefort (Jan Keith), sein überaus tückischer Verbündeter. Bei allem Gefühl für Stimmungen, Dekors und Atmosphäre und bei aller Eleganz in der Choreografie der Kämpfe macht doch dieser ungebrochene, nahezu ideologisch vorgetragene Patriotismus und die bedingungslose Pflichttreue die Helden zu Verrätern an der Idee des Abenteuers, und es nimmt nicht wunder, dass diese Zeichnung d’Artagnans einer Korrektur bedurfte, um die Figur im Genre lebendig zu erhalten.
Zunächst folgte eine Musical-Version, The Three Musketeers ( Die drei Musketiere ; 1939, Regie: Allan Dwan), im Kern eine Parodie auf den Fairbanks-Film, in der Don Ameche für den romantischen und die Ritz-Brothers für den komischen Teil der Handlung zu sorgen hatten. Eine Gruppe exzellenter heavy -Darsteller, darunter Lionel Atwill und John Carradine, vervollständigten die Personage. (Unnütz zu sagen, dass sich die Handlung natürlich nicht um die «richtigen» Musketiere dreht, sondern um Männer, die mit diesen verwechselt werden.)
Hatte Lees Version dem Vorläufer von Fred Niblo gegenüber den Vorzug des Tons aufzuweisen, so war es nun Technicolor, was die neue dramatische Fassung der Drei Musketiere aus dem Jahr 1948 technisch von den vorausgegangenen Varianten unterschied. Mit der so unkonventionellen wie geschickten
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