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Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)

Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)

Titel: Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Winter
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masas.«
    Filou beobachtete fasziniert, wie das seltsame Wesen vor ihm sich zu verwandeln, zu wachsen schien.
    »›Ideen brauchen keine Waffen, wenn sie einmal die Massen ergriffen haben‹, verstehst du?«
    Natürlich nicht. Von Waffen verstand er nichts.
    »Die Revolution ist kein Rosenbett!« Der Weiße trippelte einen Schritt vor, verbeugte sich elegant und ließ sich dann ermattet sinken. »Auch das hat er gesagt. Wie wahr, wie wahr.« Er legte sein Gesicht in dunkle Falten. »Ach, waren das noch Zeiten.«
    »Gewiss«, sagte Filou. »Das muss alles sehr spannend gewesen sein. Die Revolution. Und so.« Die von den Ideen ergriffenen Massen waren ihm eher unheimlich.
    »Nun, Fortune wäre auch kein schlechter Name«, sagte der Weiße träumerisch. »Fortune wie Glück. Oder Schicksal. Fortuné hieß der treue Hund der ersten Frau Napoleons, der den Kaiser ins Bein biss, als der große Korse in der Hochzeitsnacht zu ihr ins Bett steigen wollte! Hah!«
    Wieder verwandelte sich der Weiße, fletschte die Zähne, ringelte herrisch die Rute. Noch nie in seinem Leben hatte Filou ein derart seltsames Tier gesehen.
    »Oder Churchill. Gut, auch das ist kein ganz passender Name für einen friedlichen Kerl wie mich.« Der Weiße keckerte. »Und ›No sports‹ hat er ja leider nie gesagt!«
    Filou brummte der Schädel. Eines war klar: Das da vorne war das fetteste Wesen, das ihm jemals begegnet war. Aber es schien eine Menge zu wissen.
    »Da rede ich und rede.« Der andere legte den Kopf zur Seite und musterte Filou. »Geschwätzig wie ich bin. Du musst mich ja für entsetzlich unmanierlich halten.«
    »Nicht doch.« Filou beschloss, dem Dicken zu trauen, und setzte sich neben ihn.
    »Und ich hab dich noch nicht einmal nach deinem Namen gefragt! Lass mich raten!« Das beleibte Tier legte das Kinn auf die Pfoten. »Rotkäppchen? Ach was, das wäre ja beleidigend. Dany le Rouge? Dazu bist du zu jung. Rotspon?« Wieder keckerte der Dicke.
    »Barbarossa? Bandiera rossa? Testosterossa? Nein, das ist es auch nicht. Vielleicht …«
    Ein Pfiff ertönte. Filou zuckte zusammen. Sein Gegenüber verdrehte die Augen, seufzte tief auf und versuchte, sich zu erheben.
    »Fidel? Fidel! Wo bist du, alter Fettsack?«
    »Herrchen«, sagte der Weiße. »Höflich und charmant, wie immer. Ich muss dann mal.« Schwankend kam er auf die Beinchen. »Er nennt mich Fidel – wie in ›mopsfidel‹. Und das einem sensiblen Melancholiker wie mir!«
    Filou verstand. Und wunderte sich über die Bosheit der Menschen.
    Draußen pfiff es wieder, schrill und ungeduldig. »Ich bin dann mal weg«, sagte der Mops. »Man sieht sich.«
    Filou sah ihm nach, während Fidel davonhumpelte. Er hatte seinen Hunger schlagartig vergessen. Fressen war nicht alles im Leben, wie man sah. Auch ein übergewichtiger Mops konnte ein armer, unterdrückter Kerl sein. Es gab kein richtiges Leben im falschen.

NEUN
    M enschen sind schwierig, dachte Filou, während er an der Schule vorbei Richtung Kriegerdenkmal trabte. Jedenfalls verstand er sie nicht.
    Er verstand nicht, warum die Frau mit der großen Sonnenbrille ihn verscheucht und warum die nette Rothaarige den Einäugigen vorgezogen hatte. Und er fragte sich, warum das Mopsherrchen sich über seinen Hund lustig machte.
    Er verstand nicht, warum der Bäcker und der Metzger ihn wegjagten, statt ihm etwas abzugeben, ganz so, als ob sie unter Mangel litten. Und er begriff erst recht nicht, warum andere, ihm unbekannte Menschen sorgfältig eingewickelte belegte Brote, statt sie an hungernde Katzen zu verteilen, in den Abfall warfen. Etwa in den Abfallkorb vor dem Schultor, wo man sie, wenn man Glück hatte, aufstöbern konnte. Mit einem Satz war er auf dem eisernen Behälter und spähte hinein. Heute hatte er kein Glück. Nur leere Plastikflaschen und eine schmutzige Kindersocke. Er sprang wieder hinab und trabte weiter.
    Und es war so schwer vorherzusehen, wer von ihnen nett war und wer ekelhaft oder gar gemeingefährlich. Und wann und aus welchem Grund sie entweder das eine oder das andere waren. Zszazsa hatte ihm beigebracht, alle Menschen zu mögen. Aber das fiel ihm manchmal wirklich schwer.
    Er markierte die altersschwache Einfassung um das Kriegerdenkmal, um sich wenigstens symbolisch seinen Rückzugsort zu sichern. Dann schaute er sich um. Niemand war ihm gefolgt. Er huschte hinüber zur Ligusterhecke und kroch hinein.
    An diesen ersten der Gärten hinter dem Denkmal erinnerte er sich mit einer gewissen Vorfreude, dort gab es

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