Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
Schreck und fuhr zurück.
Die Frau lachte. Es hörte sich schadenfroh an. Plötzlich fand er sie gar nicht mehr nett. Das war kein schönes Lachen. Sie lachte über ihn. Sie lachte, weil sie es offenbar putzig fand, dass sich arme hungernde Tiere um ihre milden Gaben balgten.
Arm und verhungert? Nicht Mimi, die war bestens versorgt in ihrem Hotel. Also her damit, dachte Filou, und versuchte, ihr das gestohlene Stück Croissant wieder abzunehmen. Mimi knallte ihm eine. Und die Frau mit der Sonnenbrille jagte nicht die freche Räuberin davon, sondern ihn, den armen verhungerten Kater.
Warum? Man verstehe die Weiber.
Als er sich mit stolz erhobenem Kopf abwandte, sah er Mimi vor ihrer Gönnerin Männchen machen. Diese Anschleimerin, dachte er. Dieses verwöhnte Schoßtier. Diese korrumpierte Schlampe.
Nun, es gab andere Optionen. An einem Tisch in der prallen Sonne saß ein junges Pärchen, beide trugen schwere Stiefel und aßen, wie ihm seine feine Nase mitteilte, Schinkenbaguettes. Er schlenderte nonchalant in ihre Richtung; man durfte nicht zu gierig wirken und auch nicht aufdringlich sein, das schadete dem Geschäft. Die Frau lächelte ihm zu, sie musste eine verwandte Seele sein, denn sie hatte dichtes rotes Haar und Sommersprossen auf der Nase. Außerdem roch sie gut – lindgrün mit einer Spur apfelrot. Er schraubte den Schweif hoch und näherte sich ihrer ausgestreckten Hand.
»Bitte, Paula, lass das doch.« Der Mann lächelte nicht und roch auch nicht gut. »Streunende Katzen füttern ist nun wirklich das Hinterletzte. Du weißt, dass damit nur ein Problem geschaffen und keines beseitigt wird.«
»Jetzt mach mal’n Punkt.« Paula ließ ein Stückchen Schinken vor Filous Nase pendeln. »Du musst nicht aus allem und jedem eine Grundsatzfrage machen.«
»Es ist unverantwortlich, dass die Tiere nicht sterilisiert und kastriert werden«, sagte der Mann.
Filou, der sich schon auf die Hinterbeine erhoben hatte, um nach dem Stückchen Schinken zu schnappen, spürte, wie ihm kühl wurde. Er wusste nicht, was der Mann meinte, aber es klang herzlos und hässlich.
»Nun nimm schon«, lockte Paula. »Komm, du Schöner.«
Es roch köstlich. Wenn nur der Mann nicht endlos weitergenörgelt hätte.
»Es gibt hier schon viel zu viele von der Sorte.«
Damit hatte er leider recht. Denn bevor Filou sich endlich sein Stückchen Schinken holen konnte, kam ihm wieder eine Pfote in die Quere – diesmal war sie rabenschwarz und gehörte Garibaldi.
»Guck mal, der Arme«, flötete Paula. »Der hat nur ein Auge!«
Filou gab auf und schlich mit gesenktem Schweif davon. Sie waren überall – Diabolo und Maurice, Mimi und Mignon. Und Minou, die wie ein Baby quengeln konnte, wenn sie etwas wollte. Wahrscheinlich hatte sich längst jeder von ihnen einen Touristen gesichert, den sie bis zum letztem Urlaubstag ausbeuten konnten. Er kam, wie immer, zu spät.
ACHT
M ach dir nichts draus«, sagte eine schleppende Stimme hinter ihm.
Filou erstarrte. Dann drehte er sich langsam um.
»Ich krieg auch nie etwas ab.«
Die Stimme schien aus dem Blumenkübel zu kommen.
»Ich krieg nur immer was zu hören: ›Sitz! Platz! Hörst du wohl auf zu betteln!‹«
Filou duckte sich.
»Und dann setzen sie mich auf Diät. Ist das nicht ein Witz?«
Er schlich sich in Zeitlupe an die Stimme heran, eine Pfote vor der anderen.
»Komm nur näher«, sagte die Stimme. »Hier bin ich!«
Filou machte einen langen Hals und streckte vorsichtig den Kopf vor.
»Hier, im Schatten. Und keine Sorge. Ich tu nix.«
Filou erstarrte mitten in der Bewegung. Den Spruch kannte er: Tut nix. Ist ganz lieb. Will nur spielen. So entschuldigten die Menschen ihre unerzogenen Tölen. Er spähte um die Ecke.
Im Schatten hinter dem Blumenkübel lag ein weißes Etwas, so groß wie eine Katze, aber dreimal so fett.
Das Etwas hob den Kopf. »Ein rot gestromter Kater! Wie schön!«
»Und – wer bist du?« Filou hatte sich gerade noch das »Was« verkniffen.
»Oh, Verzeihung, wo bleibt meine gute Erziehung«, sagte der Weiße und rappelte sich hoch. »Fidel ist der Name. Betonung auf der zweiten Silbe.« Er ließ die Ohren sinken.
»Hat nichts mit Fidel Castro zu tun. Leider. Ich hieße gerne nach dem Máximo Líder.« Und dann legte er den Kopf in den Nacken, hob die Lefzen seiner kurzen schwarzen Schnauze, ließ spitze Zähnchen sehen und deklamierte: »Las ideas no necesitan ni de las armas, en la medida en que sean capaces de conquistar a las grandes
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