Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
empfinden. Während er sich die Reste des Schmetterlings von der Pfote leckte, brummte er: »Werd am besten nicht erwachsen, Kleiner. Das ist das Einfachste – für uns. Und für dich.«
Er schlenderte davon.
DREIZEHN
F ilou blieb unter dem Kriegerdenkmal hocken und fühlte sich unendlich klein und dumm. Er wusste nichts, begriff nichts, hatte keine Ahnung vom Leben und war als Kater und überhaupt eine glatte Null. Vielleicht stimmte wirklich etwas nicht mit ihm?
Der Ratschlag Magnificos leuchtete ihm jedenfalls ein: Nicht erwachsen werden, das war die Lösung! Wer nicht erwachsen wurde, durfte dumm und unwissend bleiben. Kleine Kater mussten nichts verstehen. Und deshalb beschloss er, dem Zustand der Unmündigkeit keinen Widerstand entgegenzusetzen, sondern ihn mit voller Absicht anzustreben. Er würde sich künftig nur noch auf eines verlassen: auf seine niederen Triebe.
Die meldeten rasenden Hunger. Und er mochte zwar von nichts eine Ahnung haben, aber er wusste, wo es etwas zu essen gab. Bei Marla.
Filou stieg durch die Ligusterhecke in den Kindergarten, durch den er in Windeseile hindurchhuschte, schlüpfte durch die Hecke aus Steinlorbeer und stand in Marlas Garten. Er legte sich auf sein Plätzchen unter der Mimose, wartete geduldig, dass sich im Haus etwas rührte, und schlief darüber ein.
Sanftes Streicheln weckte ihn. »Du musst keine Angst haben«, sagte Marla, als er erschrocken aufsprang. »Du brauchst auch nicht wieder wegzulaufen. Maman ist eigentlich ganz in Ordnung.«
Sie biss sich auf die Lippen. »Meistens jedenfalls. Aber sie will nicht, dass du uns Flöhe ins Haus schleppst.«
Flöhe? Sicher, er spürte ab und an ein Kitzeln und Beißen im Fell, aber Flöhe, hatte Zsazsa gesagt, Flöhe haben nur Hauskatzen. »An unsereins trauen die Biester sich nicht ran, Kleiner«, hatte sie behauptet, während sie sich mit dem Hinterlauf ekstatisch am Ohr kratzte, was sie alle paar Minuten wiederholte.
»Und dass du bestimmt ein Kater bist, hat sie auch gesagt. Es gibt keine roten Katzen, wusstest du das?«
Nein, wusste er nicht. Er hatte überhaupt noch nie jemanden gesehen, der so rot war wie er. Zsazsa hatte ein herrliches karamellfarbenes Fell gehabt. Und Luc war grau.
»Kater spritzen alles voll, sagt Maman. Und das stinkt.« Marla rümpfte das Näschen.
Filou dachte an die Dusche, die er von Diabolo empfangen hatte, und musste ihr zustimmen. Doch so etwas taten nur erwachsene Kater. Für ihn galt das nicht.
»Und ich soll dich nicht füttern, hat sie gesagt. Sonst werden wir dich nie wieder los.«
Maman war also in Ordnung? Wirklich? Filou hatte ernsthafte Zweifel.
»Aber Papa hat gesagt …«
Marla legte den Zeigefinger auf die Lippen und holte etwas hinter ihrem Rücken hervor. Filou hob die Rute. Seine Barthaare zitterten. Diesmal waren es bestimmt keine Erdbeeren und keine Möhren. Diesmal gab es etwas Richtiges. Das roch er.
Sie hielt ihm ihre Gabe strahlend vor die Nase. »Das isst du gern, hat er gesagt.«
Es war ein Stück Baguette. Filou ließ sich wieder sinken.
»Aber falls du doch ein normales Kätzchen bist, hat Papa gesagt, soll ich dir vorsichtshalber noch das hier mitbringen.« Wieder griff sie hinter sich.
Der Geruch war überwältigend. Filou reckte sich zu voller Größe, seine Pupillen weiteten sich vor Gier, er konnte kaum noch an sich halten. Sie hatte ihm Schinken mitgebracht, eine ganze Scheibe süßen fetten Schinken. Er packte die köstliche Gabe, schüttelte sie, als ob sie ein Beutetier wäre, stellte die Tatze auf das besiegte Fleisch und schlang es gierig herunter. Viel zu schnell war alles vorbei. Er leckte sich das Fett von der Pfote und sah zu Marla hoch, die fassungslos zugeschaut hatte.
»Und das soll gut für dich sein?«, fragte sie ungläubig. »Ich meine – das ganze Fett. Das Cholesterin. Ich kenn mich da aus, das ist gar nicht gesund.«
Egal. Hauptsache, es schmeckte. Er setzte sich auf die Hinterbeine und blickte hoffnungsvoll zu ihr hoch.
»Vielleicht werde ich ja Ärztin.« Sie schien nachzudenken. »Oder Model. Da verdient man mehr.«
Was auch immer. Ihn interessierte nur eines. Er maunzte auffordernd. Mehr, hieß das. Mehrmehrmehr.
Marla zögerte eine Weile. »Warte auf mich«, sagte sie endlich und lief ins Haus.
Als sie zurückkam, hielt sie ein in weißes Papier eingewickeltes Päckchen in der Hand. Er kannte Papier wie dieses von seinen Müllsackrecherchen, es roch fast immer nach etwas Leckerem, was darin eingewickelt
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