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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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ist eine Abkürzung für ›The Onion Ring‹«, sagte Hermann, »wie ein Zwiebelring. TOR installiert einen Client, einen sogenannten Onion Proxy. Dieser Client lädt eine Liste aller vorhandenen TOR-Server herunter. Diese sind mit einer digitalen Signatur versehen. Sobald die Liste steht, wählt der Onion Proxy eine zufällige Route über die TOR-Server. Der Client verhandelt mit dem ersten TOR-Server eine verschlüsselte Verbindung. Wenn diese aufgebaut ist, wird sie um einen weiteren Server verlängert. Und so weiter.« Er malte mehrere Boxen, die Server darstellen sollten, an die Tafel. »Jeder Server kennt nur seinen Vorgänger und seinen Nachfolger, sodass der Sender der Nachricht anonym bleibt.«
    »Noch mal auf Deutsch«, sagte Clara. »Der Client sendet nicht von seiner IP-Adresse aus, sondern verteilt die Nachricht über verschiedene Server von Dritten, die dem End-Server nicht bekannt sind?«
    »Richtig.« Hermann nickte, als wäre es die einfachste Sache der Welt. Was sie für IT-Leute sicher auch war, aber nicht für Normalsterbliche.
    »Warum bleiben wir nicht bei dem Rom-Beispiel?«, fragte Clara.
    »Gute Idee.« Hermann zeichnete weitere Dörfer an die Tafel. »Anstatt aus Dorf A direkt nach Rom zu gehen, geht unser Mann über Dorf B, Dorf C und Dorf D. Von Dorf D gelangt er schließlich nach Rom.«
    »Was weiß man in Rom über ihn?«, fragte Clara.
    Torino, der das Gespräch mit verwirrter Miene verfolgt hatte, schaute blinzelnd auf die Tafel.
    »In Rom weiß man nur, dass er aus Dorf D kommt.« Hermann malte einen Kreis um Dorf D. »Der Rest ist verschlüsselt. Dorf B weiß, dass er aus Dorf A kommt, Dorf C weiß, dass er aus Dorf B kommt, und Dorf D weiß, dass er aus Dorf C kommt.« Er blickte in die Runde. »Aber keiner weiß alles.«
    »Und wer kann diese Server zur Verfügung stellen?«, fragte Clara.
    »Jeder, der einen Rechner hat und Speicherkapazität, kann sich dort anmelden. Das ist die Idee von TOR«, erklärte Hermann. »Unser Killer hat von Dorf A aus gesendet. Dorf B ist vielleicht ein Server irgendwo in Russland, Dorf C ein mobiles Rechenzentrum von Google irgendwo in der Antarktis ...«
    »Google in der Antarktis?«, fragte Torino verwirrt.
    »Ja, die haben schwimmende Rechenzentren im Eismeer, kein Witz.« Hermann nickte. »Da kriegen sie die Kühlung kostenlos.«
    »Verrückte Welt«, sagte Clara und schüttelte den Kopf.
    »Also Google im Eismeer und Dorf D«, fuhr Hermann fort. »Irgendein Server in China, Indien oder wo auch immer.«
    »Verdammt komplex«, sagte Clara. »Aber man kann doch von Dorf D aus nachforschen? Das muss doch gehen?«
    Hermann nickte. »Kann man. Dummerweise muss man sich sehr beeilen.« Er senkte die Stimme. »Die Verbindungsstrecken werden mindestens alle zehn Minuten gewechselt. Statt Dorf D ist es dann plötzlich Dorf M, statt Dorf C ist es Dorf X. Und so weiter.«
    »Verdammt.« Clara schüttelte den Kopf. »Dieser Typ ist unglaublich.«
    »Es muss doch möglich sein, mit Polizeigewalt dahinterzukommen«, meinte Winterfeld. »Es geht hier nicht darum, dass irgendwelche Geheimniskrämer irgendwelche Nacktfotos anonym weiterleiten, von denen die Ehefrau nichts wissen darf. Das hier ist ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen einen Serienmörder.«
    Hermann nickte wieder. »Die IT-Experten im BKA sind schon dabei, den ersten und den letzten Knoten der Verbindung, also Dorf A und Dorf D, zu überwachen. Dann kann man eine statistische Auswertung fahren, und wenn man Glück hat, kommt man auf die IP-Adresse des Ursprungsservers. Das Problem ist nur ...«
    »... dass es lange dauert.« Clara lächelte verzweifelt. »Habe ich recht?«
    »Mindestens eine halbe Stunde«, sagte Hermann. »Und wenn der Killer in der Zwischenzeit offline geht oder sich über ein neues TOR-Netzwerk einwählt, ist die Sache erledigt. Und wenn er nicht dumm ist, tut er genau das.«
    Resigniertes Schweigen breitete sich aus.
    Schließlich sagte Clara: »Warten auf die DNA-Analyse, warten auf Interpol, warten auf das BKA, warten auf den richtigen Server, warten, bis Herr Torino sich erinnert, welchen Feind er sich vielleicht gemacht hat, warten auf Informationen über Ingo M. ... Können wir noch etwas anderes tun als warten?«
    Hermann hatte gerade die Xenotube-Website geöffnet. Plötzlich weiteten sich seine Augen.
    »Das können wir«, sagte er. »Ich fürchte, es gibt etwas Neues.«

10.
    Albert Torino war ausgezogen, die deutsche Medienlandschaft das Fürchten zu lehren.
    Um

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