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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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letzten sozialen Tabus zu brechen, denn Tabubruch bringt Quote, doch es gab nicht nur die Quote. Es gab auch die Gummiband-Theorie: dass es ständig mehr werden musste, immer extremer, immer schlimmer. Im Dschungelcamp waren Menschen bereit, für ein paar zehntausend Euro Insekten zu essen, im Dreck zu wühlen und sich tagelang in ihrem Dschungelgefängnis begaffen zu lassen. Bei Shebay suchten junge Frauen den Ruhm und waren bereit, dafür zu Prostituierten zu werden. Wenn Menschen sich für zehntausend Euro in der Öffentlichkeit zum Volltrottel machten und sich für zwanzigtausend öffentlich prostituierten – was würden sie dann erst für viel mehr Geld machen? War Tod 2.0 erst der Anfang? Würde es Menschen geben, die sich für eine Viertelmillion live den Arm absägen ließen? Und andere, die sich für zwei Millionen töten ließen, nachdem sie vorher drei Jahre lang in Saus und Braus leben durften?
    In die Panik hinein klingelte Claras Telefon.
    »Vidalis«, sagte sie knapp.
    »Guten Tag, Frau Vidalis, mein Name ist Kosinsky vom Klinikum Marienburg. Ein Kollege vom LKA hat mir ihre Nummer gegeben.«
    »Was gibt’s?«, fragte Clara. In diesem Moment konnte sie sich keinen Reim darauf machen, was ein Herr Kosinsky von ihr wollte.
    Die Antwort kam prompt.
    »Ich habe die Information über Ingo M.«
    Endlich.
    »Sie sind mein Retter«, sagte Clara. »Wer ist es?«
    »Ingo M. war seit 1982 Pfleger im Kinderheim der Thomas-Crusius-Stiftung. Und es wundert mich nicht, dass er in Schwierigkeiten geraten ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ingo M. war mehrerer Missbrauchsfälle an Kindern und Jugendlichen verdächtig, aber ihm konnte nie etwas nachgewiesen werden. Möglicherweise auch deshalb, weil die Heimleitung das nicht so genau genommen hat.« Dann sagte er. »Aber da ist noch mehr.«
    »Und was?«
    Clara blickte nach draußen auf den regenverhangenen Himmel und kritzelte ein paar Notizen.
    »Während der Zeit, als er in dem Heim beschäftigt war, sind mehrere Kinder spurlos verschwunden, darunter ein Geschwisterpaar, Elisabeth und Vladimir Schwarz. Die beiden gelten seit 1982 als vermisst. Damals waren sie fünfzehn und dreizehn Jahre alt.«
    Clara notierte die Informationen hastig auf einen Zettel.
    »Elisabeth Schwarz, fünfzehn, und Vladimir Schwarz, dreizehn Jahre«, murmelte sie. »Aus welchem Grund haben Sie die Information über die Geschwister?«
    »Wir haben vor fünf Jahren die Klinik des Kinderheims der Thomas-Crusius-Stiftung übernommen. Vorher hatte das Heim seine eigene Klinik, aber dann wurde fast alles dichtgemacht. Ist ohnehin asbestverseucht. Wie auch immer, auf diese Weise kamen die Papiere der früheren Bewohner zu uns.« Er machte eine Pause. »Sie haben Glück gehabt. In einem halben Jahr wäre die Lagerfrist abgelaufen. Wir hätten alles vernichtet.«
    »Ein zweites Mal Glück gehabt, würde ich sagen«, sagte Clara. »Elisabeth Schwarz und ihr Bruder gelten also als vermisst? Seit 1982? Haben Sie Informationen über ihr persönliches Umfeld oder Details darüber, wo sie zuletzt gesehen wurden?«
    »Wir leider nicht«, sagte der Arzt. »In dem Kinderheim könnte allerdings noch eine Akte liegen. Aber da würde ich mich beeilen. Das alles ist so lange her, dass wohl bald alles eingestampft wird. Das Kinderheim ist ohnehin schon dreimal verkleinert worden und wird demnächst wahrscheinlich mit einer größeren Einrichtung zusammengelegt. Gut möglich, dass der jetzige Standort dann endgültig dichtgemacht wird.«
    »Ich schaue es mir an«, sagte Clara. »Können Sie mir die Adresse und einen möglichen Ansprechpartner geben?«
    »Selbstverständlich, suche ich Ihnen sofort raus.«
***
    Winterfeld ging nervös auf und ab, während er sich Claras Bericht anhörte. Auch MacDeath war zugegen, der kurz zuvor bei Bellmann gewesen war, um für die Presse eine möglichst kurze Erklärung der Vorgehensweise des Killers vorzubereiten, die einerseits plausibel klang, andererseits aber nicht zu viel verriet.
    »Elisabeth Schwarz war fünfzehn, als sie vermisst wurde?«, fragte Winterfeld. »Und ihr Bruder war dreizehn?«
    »Ja.« Clara nickte. »Das ist verdammt lange her, aber möglicherweise lässt sich noch ein Zusammenhang mit dem Mord an Ingo M. herstellen. Es könnte ja sein, dass die Geschwister zu seinen Missbrauchsopfern gezählt haben.«
    »Eine ziemlich vage Vermutung nach so langer Zeit«, sagte Winterfeld.
    Clara zuckte die Schultern. »Haben wir etwas anderes?«
    »Nein«, meldete

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