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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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ein Wochenende in London abgesagt. Die anderen habe ich auch ordentlich geimpft. Die Fette mit der Tigerente hat abgesagt, ist aber kein Verlust. Sonst sind alle da, die wir brauchen.«
    »Super!« Torino rieb sich die Hände und schluckte die restlichen Krümel des Aufputschmittels.
    »Also«, begann Jochen, »Technik, IT und so weiter steht bereits. Du hast dreißig Prozent der Stimmanteile, die Zuschauer im Studio haben dreißig Prozent, und die Leute zu Hause am Rechner haben vierzig Prozent. Sie müssen online sein, sich angemeldet haben und die zehn Euro mit Kreditkarte bezahlt haben.« Er grinste. »Das hat schon ganz gut Geld gebracht. Wir sind jetzt bei fünfzigtausend Fans und hoffen, dass es bis heute Abend siebzigtausend werden.«
    »Kunst ist nichts Wahres ohne Aussicht auf Bares«, sagte Torino.
    »Jetzt zum Setup hier vor Ort«, sagte Jochen und knotete dabei an den beiden Kordeln seines schwarzen Kapuzenpullis herum. »Wir haben das als eine Art Prüfung mit möglicher Bestrafung aufgemacht. Himmel und Hölle haben es die Jungs von Privatfernsehen genannt, aber erst mal der Reihe nach.«
    Er zeigte auf die Empore an der Stirnseite des Sendesaals. »Das dort«, sagte er, »ist der Laufsteg der Entscheidung. Die Miezen müssen da rüberlatschen, mit dem Arsch wackeln, Fragen beantworten und sich dann wählen lassen.«
    »So, wie du eben gesagt hast?«, fragte Torino. »Dreißig, dreißig und vierzig Prozent?«
    »Genau.« Jochen nickte. »Komm mal ein paar Schritte mit.«
    Beide näherten sich dem Laufsteg. Die Empore stand auf einem großen runden Bassin, das derzeit noch mit Vorhängen zugedeckt war.
    »Was ist da drunter?«, fragte Torino.
    »Langsam«, sagte Jochen, und die Vorfreude ließ seine Glupschaugen noch deutlicher hervortreten. »Hier«, er blieb stehen und streckte den Arm aus, wies auf den Laufsteg, »hier siehst du, dass an dieser Stelle zwei Fußabdrücke sind. Die Hühner müssen hier stehen, wenn die Entscheidung getroffen wird.« Er machte eine bedeutungsschwangere Pause und zog wieder an den zwei Kordeln seines Kapuzenpullis. »Wenn es up heißt, kommt eine Art Schaukel von oben runter, mit durchsichtigen Seilen und dekorativen Engelsflügeln, auf die sich die Hühner dann setzen müssen und sozusagen nach oben in den Shebay -Olymp getragen werden.« Jochen winkte der Technik. »Könnt ihr das Ding mal runterlassen? Danke!«
    Mit leisem Surren sank die Schaukel mit den Engelsflügeln nach unten, während eine heroisch-sakrale Melodie ertönte.
    »Hübsch«, sagte Torino. »Ist das sicherheitstechnisch alles okay?«
    »Denke schon«, erwiderte Jochen, »und es sind ja eh nur drei Meter. Und wer viel fragt, kriegt viele Antworten, also fragen wir gar nicht erst.«
    Torino blickte hinauf in das Gewölbe des Studios, wo die Schaukel mit den Engelsflügeln wieder nach oben entschwebte.
    »Aber jetzt wird’s spannend«, sagte Jochen. »Denn es gibt ja auch noch out . Für die Betreffenden wird es nicht so schön.«
    Er trat einen Schritt zur Seite. »Ist eine Kandidatin up , schwebt sie auf der Engelsschaukel in den Studiohimmel hinauf, wie eben gesehen. Bei out «, er senkte die Stimme, »öffnet sich diese Luke im Boden, und die Dame fliegt ein Stockwerk tiefer in diesen von höllisch rotem Licht beschienenen Matsch.«
    Er winkte wieder zur Technik. »Macht mal das Licht an und die Musik.«
    Diabolisch-dramatische Klänge ertönten, als würde der Hexenkönig von Angmar mit seinem Heer soeben aus Minas Morgul herausreiten. Torino blickte nach unten und sah tatsächlich einen von intensivem rotem Licht beschienenen Morast.
    »Der Matsch ist zwei Meter tief und völlig ungefährlich, niemand kann sich was brechen«, sagte Jochen. »Das ist auch der Grund, weshalb der Catwalk in drei Metern Höhe über dem Studioboden verläuft. Schließlich sollen alle die Miezen sehen können. Nachher nehmen wir natürlich die Vorhänge von diesem Kubus beiseite.« Er zeigte nach unten. »Dann können alle durch die Scheibe zugucken, wie die Tussi sich aus dem Dreck wühlen muss.«
    »Das wird der Knaller«, sagte Torino und klopfte Jochen auf die Schulter. »Und das alles in anderthalb Tagen. Gute Arbeit. Wann geht’s los?«
    »In zwei Stunden«, sagte Jochen. »Und wir haben noch viel zu tun.«

10.
    Der Direktor des Heims hatte sich Vladimirs Geschichte angehört, aber kaum etwas darauf gegeben. Dass Kinder sich über irgendwelche Dinge beklagten, auch über sexuelle Übergriffe von Pflegern, kam

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