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Finale auf Föhr

Finale auf Föhr

Titel: Finale auf Föhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin dodenhoeft
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so was von jenseits, rief sie sich innerlich zur Ordnung. Aber schade halt ... Es wären ja zwei Welten, zwei Galaxien, die aufeinander träfen. Kleine, arme Polizeischülerin und stinkreicher junger Erbe, Aschenputtel und der Prinz, dachte sie traurig, nur dass dieses Märchen kein Happy End haben würde. Der Prinz hatte sie garantiert nicht einmal wahrgenommen. Sie beeilte sich, Anschluss an die beiden Kripobeamten zu bekommen, die schon dabei waren, in den Wagen einzusteigen. Nur nicht dumm auffallen!

Lauscher an der Wand
    Franz Branntwein freute sich, Carl schon wieder im Kurmittelhäuschen zu sehen. Auch seine Freundin Mareike begrüßte den Stammkunden herzlich und bot ihm einen Cappuccino aus der brandneuen Maschine an. »Nach der Massage«, bat Carl. Kaffee läuft ja so schnell durch ...
    »Na klar«, meinte der Masseur, »dann bitte folgen!« Im Erdgeschoss des kleinen Friesenhauses befanden sich links mehrere kleine Räume mit diversen Wannen, Liegen und sonstigen für die entsprechenden Anwendungen notwendigen Einrichtungen. Es gab auch Kabinen, in denen die »Patienten« auf eigenen Wunsch mit Fango-und Schlickpackungen, Massagen und Drainagen traktiert wurden. Im Obergeschoss war ein großer Raum für die verschiedensten gymnastischen Übungen zur Dehnung, Mobilisierung und Kräftigung des Bewegungsapparates bürostressgeplagter Urlauber. Von diesen körperlichen Anstrengungen konnten sie sich bei Ayurveda-und Wellnessangeboten aller Art wieder entspannen. »Man geht mit der Zeit, und die Konkurrenz schläft nicht!«, hatte Franz Branntwein festgestellt.
    Mit klassischen Massagen allein sei sein kleiner Betrieb schon lange eingegangen. Das Publikum verlangte ja immer mehr nach Exotik – er hatte Carl eine Reihe Begriffe heruntergerattert, von denen er sich kaum einen hatte merken können. Einem am Eingang ausliegenden Prospekt hatte Carl später entnommen, dass hier neben Krankengymnastik, Akupunktur-, Breuss-, Superwohlfühl-und Hot-Stones-Massage, Pilates, Craniosacrale und Dorntherapie sowie Lymphdrainage auch Abhyanga, Mukabyanga, Padabyanga, Lomi Lomi Nui und sonst noch was angeboten wurden. So was müsse man bringen, wenn man im Showgeschäft oben bleiben wolle, hatte Franz Branntwein festgestellt. Die Konkurrenz schlafe ja nicht. Ein neuer Masseur – sie waren inzwischen zu dritt im Team – hatte die Idee mitgebracht, das Angebot um besondere Therapien und Prophylaxetrainings für Menschen zu erweitern, die ihre Körper häufiger einseitig belasteten. Und das galt ja nicht nur für sportfaule Schreibtischtäter wie Carl, sondern auch für Tennis-und Golfspieler oder andere Sporttreibende.
    Nach Exotik stand Carls Sinn jedoch nicht. Schwitzen in der Schlickpackung und dann eine gute Rückenmassage, das genügte vollauf! Man war eben doch schon mental ein wenig verkrustet und machte nicht mehr jeden Schnickschnack mit.
    Franz Branntwein kannte inzwischen Carls Schwachpunkte. Sie lagen vor allem im Lendenwirbelbereich – Vorsicht, Gleitwirbel! – und im Schulter-Nackenbereich. Klassisches Schreibtischtäter-Syndrom. Einmal im Jahr sechs Behandlungen auf zwei Wochen verteilt reichten natürlich nicht aus, die angesammelten Verspannungen wirklich zu lockern. Sie hatten also das Programm auf zwölf Termine gesteigert. Als besonders treuer Kunde konnte Carl inzwischen auch den 12-für-10-Rabatt geltend machen. Er hatte auch schon weitere Kunden (genauer: eine Kundin, nämlich Renata) geworben und die dafür ausgesetzte Prämie, eine Wohlfühlmassage, eingestrichen. Gewährung materieller Vorteile in Kombination mit der Förderung persönlicher Beziehungen – Kundenbindung vom Feinsten.
    Franz Branntwein packte ihn eng ein und ließ ihn erstmal schwitzen. Ahh, die Entspannung! Carl hatte im Laufe seines stressigen Daseins – Motto: Wir haben alles außer Zeit! – lernen müssen, aus solchen kleinen Momenten die maximale Erholung zu ziehen. Heute aber wollte es ihm nicht recht gelingen. Es war doch relativ unruhig, anders als sonst. In den Nebenabteilen unterhielten sich zwei Frauen über die dünne Trennwand hinweg, als ob sonst niemand anwesend wäre: Diese Behandlung, jene Behandlung, der Verlauf des Urlaubs, das unstetige Wetter in der vergangenen, das gute in dieser Woche, die jeweiligen Männer und Kinder, die Qualität der Bäckerbrötchen, die Modeboutiquen in Wyk ... und schwatz, schwatz, schwatz. Nichts von Interesse für ihn dabei. Anders als so manches andere Mal. Er erinnerte sich

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