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Finale auf Föhr

Finale auf Föhr

Titel: Finale auf Föhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin dodenhoeft
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– und zwar aufgrund von Knudsens Recherchen! Ansonsten war ja derzeit auf der Insel nicht viel los, wenn man mal von dem rätselhaften Tod des alten Siewering und dem Verschwinden seines Sohnes absah.
    Auf diesem Umweg kamen sie doch noch mal auf den Fall zurück. Carl, der inzwischen halb eingenickt war, spitzte erneut seine Ohren: Der Journalist hatte sich im Wyker Sportboothafen umgehört. Dabei war ihm zu Ohren gekommen, dass der tote Hermann Siewering eine heftige Auseinandersetzung mit einem Einheimischen gehabt hatte, dessen Boot neben seinem lag. Das kleine Motorboot!, schoss es Carl durch den Kopf, was für ein Zufall! Der Besitzer hieß Petersen und war Fährkapitän, ein recht unbeliebter, unsozialer Mensch. Aber er war ein Einheimischer und ein sehr guter Seemann, das wog wohl vieles auf. Franz Branntwein war ebenfalls im Bilde. Petersen war auf Föhr bestens bekannt. Nautisches Können achtete man vor allem bei den Alteingesessenen eben mehr als gute Manieren. Er hatte vor Jahren auch mal im Reedereigebäude eine Anzahl von Schiffsmodellen – sehr erfolgreich – ausgestellt, die er alle selbst aus Holz nach alten Plänen gefertigt hatte.
    Carl war jetzt endgültig hellwach. Knudsen hatte etwas ganz Interessantes herausgefunden: Es gab offenbar eine Verbindung zwischen Petersen und der Reederei Siewering! Nur war dem Journalisten noch nicht ganz klar, welche. Sollte etwas mit der Vergangenheit des Kapitäns zu tun haben. Vielleicht war er ja mal beim Siewering angestellt gewesen und im Krach gegangen? Und nun wollten die Hamburger Reeder die Feringer Inselreederei, seinen Arbeitgeber, übernehmen. Eins-A-Konfliktstoff, auf jeden Fall!
    Franz Branntwein wusste auch etwas. Nach seinen Informationen war Petersen über sechzig Jahre alt, kurz vor dem Ruhestand, wohnte allein auf der Insel, hatte hier wohl keine Verwandten mehr. Im Krieg hatte er den Vater verloren, einen Seemann, dessen Boot vor Amrum versenkt wurde und der sich nicht retten konnte. So ein kleiner bewaffneter Kutter, von dessen Besatzung nur Wattführer Hansen, damals ganz jung, überlebt hatte ... Petersens Mutter war zu diesem Zeitpunkt mit ihm schwanger gewesen. Sie war nicht lange nach seiner Geburt gestorben. Der Tod ihres Mannes hatte ihr wohl einen schweren Schlag versetzt. Und dann hätte sie auch kaum was zu beißen gehabt, die Lebensbedingungen auf den nordfriesischen Inseln kurz nach dem Krieg waren wirklich sehr hart gewesen. Petersen, der seinen Vater überhaupt nicht und seine Mutter nicht bewusst kennen gelernt hatte, war in einem Heim aufgewachsen.
    Eine furchtbare Geschichte, dachte Carl. Das brachte der Krieg über die Menschen, Vernichtung und Tod, Elend und Verzweiflung! Viele Angehörige der Kriegstoten, nicht zuletzt Waisenkinder wie dieser Petersen, litten ihr Leben lang unter dem Verlust. Vielleicht band ihn diese Geschichte so an die Insel, dass er trotz seiner Fähigkeiten nicht hier weg wollte. Ja, das erklärte einiges ...
    Franz Branntwein kam herein und packte ihn aus. »Na, was sagt die Schulter?«, fragte er lachend und klopfte Carl auf den linken Oberarm, der inzwischen teilweise blau angelaufen war.
    »Au weh, was sonst?«, gab Carl zurück. »Ich bitte um äußerste Zurückhaltung bei der Massage!«
    Franz Branntwein versprach es ihm: »I will do my very best!« zitierte er recht unpassend eine immer zu Silvester im Öffentlich-Rechtlichen ausgestrahlte Fernsehkultsendung.

Kooperation – oder doch nicht?
    Ina betrat nach den beiden Kommissaren die Polizeistation. Im Flur erwartete sie schon der Zeitungsredakteur. Ekke Knudsen war ein eher unscheinbarer, kleiner schlaksiger Mann um die vierzig, bebrillt, mit braunem, schon etwas lichtem Haar. Er roch unangenehm stark nach Zigarettenrauch, dazu passten auch die gelblich verfärbten Fingerspitzen. Wahrscheinlich ein Selbstdreher, dachte sie.
    Seyfried machte sich und Kohlmann bekannt, sie erwähnte er natürlich nicht. Na klar, das war zu erwarten gewesen. Die lästige kleine Polizeischülerin war einer Erwähnung nicht wert. Sie beschloss, sich nichts anmerken zu lassen und weiter im Hintergrund zu »observieren«. Womöglich machten die Kieler die Befragung des Redakteurs ohne sie, das wäre ja noch schöner! So folgte sie den beiden Kommissaren in das Dienstzimmer und postierte sich unauffällig neben dem Spind an der Tür. Seyfried runzelte die Stirn, als er sie dort bemerkte, sagte aber nichts. Kohlmann zwinkerte ihr unauffällig zu. Sie atmete auf.

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