Finale Mosel
rief Gabi.
»Orest?«
»Nee, der da!« Sie wies auf die Straße, wo sich ein Auto, von links über die Busspur kommend, vor sie drängte und nun bei Dunkelgelb in Richtung Krankenhaus abbog. Gabi folgte ihm, überholte ihn an der Schlange zum Parkdeck und hielt in der Nähe des Eingangs. Bevor sie den Wagen abschloss, stellte sie das mobile Blaulicht auf das Dach.
»Und wenn das einer klaut?«, gab Walde zu bedenken.
»Soweit kommt es noch, die Polizei zu beklauen!« Gabi umkurvte im Eingangsbereich zügig eine Gruppe Raucher in Trainingsanzügen und Bademänteln.
»Früher, bei den Demos, hatten es manche Leute auf Polizeimützen als Trophäe abgesehen.« Walde beschleunigte seine Schritte, um ihr folgen zu können.
»Was ist denn das für ein schräges Hobby? Außerdem ist der Eingangsbereich kameraüberwacht.«
»Wenigstens weißt du dann, dass der Typ oder das Mädel einen dunklen Kapuzenpulli getragen hat.« In diesem Moment lief er auf seine Kollegin auf, die plötzlich stehen geblieben war, sich umdrehte und schweigend zum Wagen zurückging. Walde fragte sich, wo Grabbe blieb.
Gabi schloss den Wagen auf, zog das noch eingeschaltete Blaulicht vom Dach und setzte sich auf den Fahrersitz.
»Na endlich!« Die Stimme im Nacken ließ sie zusammenzucken, wodurch ihr die Warnlampe aus der Hand glitt und zu Boden kullerte. Hinter ihr saß Grabbe.
Gabi seufzte. »Mensch, hast du mich erschreckt!« Auf der Fußmatte drehte sich der Reflektor weiter um das Blaulicht. Es schien den Stoß unbeschadet überstanden zu haben.
»Du hast mich eingesperrt. Hinten ließ sich keine Tür öffnen!«
»Dann hatten die Kollegen wohl noch die Sicherung aktiviert.« Gabi seufzte erneut. »Warum bist du denn nicht nach vom geklettert?«
»Mir war schon schwindelig genug von deinem Fahrstil.«
»Guten Morgen!« Hoffmann stand hinter einem blitzblank geputzten Tisch aus Edelstahl und lächelte Walde an, als begrüße er ihn zu einer Führung durch die Pathologie. Sein leuchtend weißer Kittel stand offen und gab den Blick frei auf ein weißes Hemd und eine dunkelblaue Krawatte, die auf einem kleinen Spitzbauch endete.
Ein paar Tische dahinter wandte ihnen sein Assistent den Rücken zu. Er hantierte leicht gebeugt und lautlos an Tiefenbachs Leiche.
»Hatten Sie eine schöne Feier?«, fragte Walde.
»Wunderbar«, Hoffmann lächelte. »Ich habe das erste Mal darüber nachgedacht, beruflich kürzer zu treten. Bei meinen Kindern habe ich schon viel verpasst, vielleicht könnte ich nun bei meinen Enkeln was nachholen.«
Die Tür wurde mit Schwung geöffnet. Gabi und Grabbe kamen herein.
»Hallo, Walter, du siehst gut aus.«
»Ich fühle mich auch blendend.«
»War Frau Tiefenbach schon da?«
Hoffmann schaute auf seine Uhr. »Eigentlich wollte sie schon hier sein.« Er wies über seine Schulter. »Aber das verschafft Bruno mehr Zeit, ihren Mann wieder herzurichten.«
Als er seinen Namen hörte, drehte sich Hoffmanns Assistent zu ihnen um. Die dicken Gläser seiner Hornbrille wirkten wie Vergrößerungsgläser. Er verzog seinen Mund zu einem schrägen Lächeln, bevor er sich wieder seiner Arbeit zuwandte. Sein Kittel wies Flecken auf, deren Herkunft Walde nicht wissen wollte. Er schaute zu Grabbe und sah den Ekel in dessen Gesicht.
»Wenn ihr möchtet, kann ich euch schon ein paar vorläufige Ergebnisse mitteilen.« Hoffmann zeigte mit erhobenen Händen in Richtung Bruno.
Grabbe folgte Walde und Gabi, die den hellen Marmortisch mit der Leiche von René Tiefenbach passierten und in gebührendem Abstand stehen blieben.
Hoffmann stellte sich neben seinen Assistenten, der mit emsigen Nadelstichen die Haut über dem Brustkorb des Toten schloss. Auf dem Boden ringelte sich ein Schlauch aus feinen Metallgliedern, der in einem quadratischen Becken vor den großen Füßen des Opfers endete.
Hoffmann schloss die Druckknöpfe seines Kittels und räusperte sich. »Ein großer Mann.« Walde überlegte, ob damit die körperliche Größe oder der künstlerische Status von Tiefenbach gemeint war.
»Vom Zustand seiner Organe her hätte er noch Jahrzehnte leben können.« Er wies auf den Kopf der Leiche, an dem aus einem Verband direkt über den buschigen Augenbrauen nur noch ein Büschel dunkler Locken zu sehen war. »Die Schädelverletzung war nicht letal, auch nicht die Brüche an der Halswirbelsäule, letztere haben aber indirekt zum Tode geführt.«
»Und im Klartext?«, fragte Gabi.
»Er ist ertrunken.«
»Wie bitte?«
»Ich
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