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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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kurz vor halb zwölf im VIP-Zelt geknipst haben.«
    »Das war bestimmt Ausschuss.« Gorzinsky hatte längst den Blick abgewandt. »Kann ich jetzt gehen?«
    »Erst werden wir uns davon noch die Daten herunterladen.« Walde legte mehrere Speicherkarten aus der Kiste auf den Tisch.
    *
    Seit Wochen lasen sie die Geschichte , Kannst du nicht schlafen, kleiner Bär?’. Walde hatte sich neben Annika in das geräumige, für ihn jedoch zu kurze Bett gelegt. Während er vorlas, kuschelte sich Annika an ihn und betrachtete die Bilder. Als er das große Buch schließlich zuklappte, schien die Geschichte eher ihm als seiner Tochter die nötige Bettschwere gebracht zu haben.
    »Wie heißt eigentlich der kleine Bär?«, fragte sie.
    »Bruno oder Norbert oder Knut.«
    »Das sind ja alles Jungennamen.«
    »Das ist ja auch ein kleiner Bär und keine Bärin.«
    »Und wenn es ein Mädchen wäre?«, fragte sie.
    »Dann hieße es vielleicht Annika.«
    »Hmh, das ist ein blöder Name«, brummte sie.
    »Das ist ein sehr schöner Name, nicht nur weil du so heißt.«
    »Wer heißt denn noch so?«
    »Ganz viele. Zum Beispiel die Freundin von Pippi Langstrumpf …«
    »Meinst du, ich kann noch nicht lesen, ich weiß, wie die heißt.« Annika drehte sich auf den Bauch und drückte ihr Gesicht in das Kopfkissen. »Die ist ganz feige.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Das sagen auch die anderen in der Bärenhöhle.«
    »Was sagen die anderen aus deiner Kindergartengruppe?«
    »Ist egal.« Sie hob den Kopf, presste das Kopfkissen mit beiden Händen zusammen und ließ ihn wieder darauf plumpsen.
    »Wie kommst du denn darauf, dass die Annika feige sein soll?«
    »Ich hab’ doch gesagt …«
    »Was?«
    »Ach ja, das hast du ja nicht gehört.« Sie schaute ihn mitleidig an. »Ich hab’ das gelesen.«
    »Seit wann kannst du denn lesen?«
    »Schon lange!«
    »Aha! Und wo hast du das gelernt?«
    »In der Schule.«
    »Du gehst doch noch in den Kindergarten.« Wieder überkam ihn dieses Gefühl, als würde die Zeit stehen bleiben, als drehte sich die ganze Welt um dieses gemütliche Bett mit der kleinen Lampe in Herzform, dem kuscheligen Bettzeug und den schwach leuchtenden Sternen an der Decke. Das war wohl das Glück, dem Walde sich bedingungslos überlassen konnte.
    »Ja, am Tag.«
    »Wie am Tag?«
    »Am Tag gehe ich in den Kindergarten«, sagte sie und gähnte ausgiebig. »Ich bin in der Nachtschule.«
    »In der Nachtschule?«
    »Ja, da gehe ich hin, wenn ihr schlaft.«
    »Davon musst du mir mehr erzählen …«
    »Morgen sag’ ich dir das.« Sie zog die Decke bis ans Ohr.
     
    »Sie schläft.« Walde ließ sich im Wohnzimmer am anderen Ende des Sofas nieder, auf dem Doris saß und die Augen nicht vom Krimi im Fernsehen wandte. Auf dem Tisch lag das Fernsehprogramm unter einem dicken Buch, darauf ein Teller voller Krümel.
    »Papa?«
    Walde erhob sich und ging raus in die Diele. »Jaha. Schlaf’ gut, mein Schatz, und träum’ was Schönes!«
    Als er sich wieder setzte, schob Doris ihre Füße über seine Beine. Er gab es auf, an das Fernsehprogramm heranzukommen und nahm ihren rechten Fuß in seine Hände.
    »Nicht kitzeln!«, bat sie.
    »Wie ist der Film?«
    »Es war die Freundin, die nebenan im Haus wohnt.«
    Walde sah auf die Uhr. Punkt neun. Der Film konnte höchstens zur Hälfte gelaufen sein. »Bist du dir sicher?«
    Sie nickte. »Zum einen ist es, außer dem Kommissar, die einzige gute Schauspielerin und zum anderen weiß ich es halt.«
    »Hast du den Film schon mal gesehen?«
    »Nee. Ich weiß eigentlich immer, wer der Mörder ist.«
    »Und das sagst du mir erst jetzt? Was hätte ich mir Arbeit ersparen können!«
    »Wer weiß?« Sie winkelte ihre Beine an. »Wenn du willst, kannst du mir ja mal was von deinem Fall erzählen, vielleicht habe ich einen Tipp.«
    Sein Versuch, ihr Lächeln zu ergründen, führte zu keinem Ergebnis.

Montag
    Als Walde am Montagmorgen in das Büro seiner Kollegen schaute, dachte er im ersten Moment, es wäre noch niemand da. Kein Gespräch, kein Geklapper mit Kaffeetassen oder Tippen auf der Tastatur war zu hören. Beide Kollegen saßen still an ihren Plätzen. Grabbe hatte ein Büchlein vor sich liegen und Gabi starrte konzentriert auf ihren Monitor.
    »Morgen, schon was von Hoffmann gehört?« Er beobachtete einen Spatz, der vor dem Fenster landete und gleich wieder aufflog.
    »Schau dir das mal an!« Gabi winkte Walde heran. »Andreas Gorzinsky, dieser Mistkerl, war wohl auch in den Kokainfall Tiefenbach

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