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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Sie.«
    »Nicht nötig, machen Sie sich keine Umstände.« Während er das sagte, folgte er Kehlheim, der durch den langen Flur an seinem Büro vorbeieilte, mit Schwung eine Türklinke herunterdrückte und abrupt gebremst wurde.
    »So sollte es auch sein.« Kehlheim lächelte, während er es eine Tür weiter versuchte. Sie war nicht abgeschlossen.
    In dem kleinen Raum dominierten zwei auf Holzböcke gelagerte Arbeitsplatten mit jeweils einer Nähmaschine darauf.
    Der Intendant trat zu einem Kleiderständer, warf einen prüfenden Blick auf Walde und schob die auf Bügeln hängenden Teile auseinander.
    »Da hätten wir was.« Er zog ein hellblaues Hemd mit Rüschen heraus. »Nein, doch nicht.« Kaum hatte er es zurückgehängt, hielt er Walde ein helles, naturfarbenes Leinenhemd hin und grantelte: »Was Besseres haben wir leider nicht. Aber immerhin trocken.«
    Die Größe schien in Ordnung. Walde schälte sich aus seinem Hemd, während der Intendant die dünnen Lederschnüre am Halsausschnitt lockerte.
    Erst als Walde das Leinenhemd übergezogen hatte, bemerkte er die trompetenförmigen Ärmel.
    »Absolut zeitlos«, kommentierte Kehlheim.
    »Danke.« Walde nickte dem Intendanten zu. »Ich bringe es Ihnen sobald wie möglich zurück.« Er krempelte die Ärmel hoch.
    »Der Bus müsste wieder zurück sein. Ich lasse Sie vom Fahrdienst zur Basilika bringen«, sagte Kehlheim.
    *
    Der Regen hatte nachgelassen, auf den Straßen war es ruhig. Der Fahrer sprach während der Fahrt kein Wort. Allerdings schien er sich gut auszukennen, denn er fuhr am Ende der Weberbach durch eine Seitenstraße über einen kleinen Parkplatz bis zum Kiosk gegenüber dem Eingang der Basilika und ersparte Walde damit den weiteren Weg über den Vorplatz, der sich nach den heftigen Regen in eine Seenplatte verwandelt hatte. Als er die Stufen hinunterging, sah er, wie zwei Skater, die von den Arkaden eine Rampe hinuntersausten, eine Gischtspur hinter sich herzogen.
    Neben der automatischen Drehtür standen die Seitenflügel offen. Ein Mann bugsierte eine riesige, mit Metallbeschlägen verstärkte Rollkiste durch die Tür.
    Der Anblick des gewaltigen Innenraums der Basilika mit der hohen Kassettendecke und den zwei riesigen Fensterreihen überwältigte Walde immer wieder aufs Neue. Der rechteckige Raum, heute eine evangelische Kirche, hatte zu Zeiten der Römer als Thronsaal gedient. Kaiser Konstantin hatte sich die Raumwirkung dergestalt zunutze gemacht, dass sich jeder Besucher umso kleiner fühlen musste, je weiter er in den Raum hinein schritt. Alles schien in diesem Saal einen Klang zu erzeugen, der sich über den Steinfußboden und die unverputzten Wände aus Millionen übereinander geschichteter flacher Ziegel fortsetzte und in einem gewaltigen Nachhall vereinigte.
    Die Bühne lag auf der gegenüberliegenden Seite des weiten Innenraums. Hinter den Kirchenbänken waren einfache Holzstühle aufgestellt worden. In der Nähe der Bühne, über der ein großes goldenes Kreuz hing, wurden schwere Kisten geschleppt, Kabel verlegt, Stühle gerückt und Scheinwerfer an Masten befestigt.
    Walde gelangte unbehelligt durch den Raum. Direkt vor der Bühne wurden schwarze, übereinander gestapelte Stühle für das Orchester von Sackkarren gehoben und mit den Sitzflächen zum Dirigentenpult hin ausgerichtet. Ein Mann mit schulterlangen, von grauen Strähnen durchzogenen blonden Haaren bewegte sich zwischen den Reihen hindurch und hakte beim Abzählen mit dem ausgestreckten Zeigefinger seiner rechten Hand jeden einzelnen Stuhl ab. Er trug ein weißes Hemd und eine weiße Fliege.
    »Herr Orthauser?« Walde folgte ihm zwischen die Stuhlreihen.
    »Einen Moment.« Der Mann ging weiter und rief dann einem der Helfer zu, der die Stühle entlud. »Hier fehlen noch zwei, sonst müssen die Kontrabässe stehen. Und denkt daran, dass da noch Platz bleibt für die Trommeln!«
    »Kann ich Sie einen Augenblick sprechen?« Walde suchte die Taschen seiner Hose ab, wobei ihm dämmerte, dass die Dienstmarke noch in der Brusttasche seines nassen Hemdes steckte. »Mein Name ist Bock von der Trierer Kriminalpolizei, sind Sie Kurt Ferdinand Orthauser?«
    Der Mann musterte Waldes Hemd. »Ja, aber im Moment ist es schlecht.«
    »Ich werde es kurz machen.«
    »Wie Sie sehen, bin ich bei der Arbeit.«
    »Ich auch.« Walde legte das nasse Hemd über eine Stuhllehne. Etwas fiel aus der Brusttasche. Während er sich bückte und seine Dienstmarke aufhob, wurde ein Mischpult mit einer Vielzahl

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