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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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erwartungsvoll an.
    »Wenn ich euch Hobbykriminalisten so zuhöre, bin ich sicher, dass ihr selbst drauf kommt.«
    *
    Am Abend war Walde wieder mit Vorlesen an der Reihe. Noch immer ging es um die Geschichte aus der Bärenhöhle. Annika lehnte müde an seiner Schulter. Mehrmals schaute er zu ihr hinüber, ob sie die Augen noch offen hatte. Er las schließlich bis zum Ende und klappte sanft das Buch zu.
    »Schlaf gut und träum’ was Schönes.«
    »Du auch, Papa.«
    »Übrigens, Annika hat nichts mit der Annika aus Pippi Langstrumpf zu tun. Sonst hätten wir dich auch Pippi nennen können.« Er schwang die Beine aus dem Bett.
    »Pippi.« Sie kicherte.
    »Oder besser noch Kacka.«
    Sie kicherte noch mehr.
    »Annika ist einfach ein schöner Name wie Johanna oder
    …«
    »So schön ist Johanna nun auch wieder nicht«, murmelte Annika im Halbschlaf.
    Schon wenige Minuten, nachdem Walde mit dem Zupfen auf dem Bass begonnen hatte, schmerzten seine Fingerkuppen. Er nahm sich vor, jeden Tag ein paar Minuten zu spielen, um wieder mehr Hornhaut aufzubauen.
    Im Wohnzimmer saß Doris auf der Couch und klapperte leise mit drei Nadeln. Im Fernsehen lief eine Tatortwiederholung. Walde setzte sich neben sie und legte eine Hand auf ihren Bauch. »Wie geht es unserem Gottfried?«
    »So wird er nicht heißen«, sagte sie, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden.
    »Okay, wie geht es unserem Jungen?«
    »Gut, denke ich, morgen habe ich um zwei einen Termin bei meiner Frauenärztin, du kannst ja mitkommen.«
    »Mach’ ich.« Er zeigte auf ihre filigrane Strickarbeit. »Wird das ein Söckchen?«
    Sie nickte.
    Walde dachte daran, wie winzig Annika nach der Geburt gewesen war. Die ersten Wochen konnte sie im Waschbecken gebadet werden. Ihre Zehennägel waren so winzig, dass er sich niemals getraut hätte, sie zu schneiden.
    Im Tatortkrimi beugte sich ein Pathologe über die nackte Leiche einer jungen Frau.
    »Weißt du schon, wer der Mörder ist?«, fragte Walde und nahm sich eine kleine Brezel aus der Schale vom Tisch.
    »Ich bin mir noch nicht ganz sicher.«
    »Die Folge hast du doch bestimmt schon gesehen.«
    »Trotzdem ist der Fall knifflig, aber ich gucke hauptsächlich wegen des verstörten Kommissars.«
    »Verstörter Kommissar«, wiederholte Walde.
    »Ist dir nicht aufgefallen, dass die meisten Ermittler in den Fernsehkrimis irgendwie schräg sind?«
    »Mhm,« er runzelte die Stirn.
    »Irgendeinen Spleen oder ein Trauma schleppen fast alle mit sich herum. Der hier«, sie zeigte auf den Fernseher, wo ein Mann sich am Telefon kurz angebunden gab. »Der geht sogar während der Dienstzeit zur Psychologin.«
    »Hmh.«
    »Und ein richtiges Familienleben hat kaum einer.« Sie lächelte ihn an. »Nicht so wie du. Mit Frau und eineinhalb Kindern, Hund und Katze.«

Mittwoch
    Walde, Grabbe, Gabi und Sattler warteten bereits seit über zwanzig Minuten auf Stiermann. Der Polizeipräsident hatte sie zur Lagebesprechung in das an sein Büro angrenzende Konferenzzimmer gebeten. Während neben den Tassen von Gabi und Walde nur jeweils ein kleiner Block mit Stift lag, hatte Sattler etliche in Folie verpackte Asservate dabei. Vor Grabbe türmte sich ein kleiner Aktenberg. Stiermanns Platz war noch leer.
    Der Kaffee war stark. Walde wischte sich mit der Hand die winzigen Schweißperlen von der Stirn.
    »Sollen wir schon mal anfangen?« Gabi trank aus und stellte geräuschvoll die leere Tasse ab. »Ich meine, wir können ja dem Chef immer noch eine Zusammenfassung geben.«
    Walde schaute auf seine Uhr und nickte ihr zu.
    »Also«, Gabi richtete ihren Oberkörper auf und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Ich hab gestern Abend das Zimmermädchen Martha in die Pension Maas bestellt. Sie hat gestern Morgen um zehn mit dem Reinigen der Zimmer begonnen. An Gorzinskys Tür hing das Schild ,Bitte nicht stören 1 .’. Eine halbe Stunde später ist sie rein. Das Zimmer soll nicht abgeschlossen gewesen sein.«
    »Warum ist sie schon nach einer halben Stunde ins Zimmer, obwohl das Schild ,Bitte nicht stören!’ an der Tür hing?«, fragte Walde.
    »Wahrscheinlich wollte sie mit ihrer Arbeit fertig werden«, antwortete Gabi.
    »Und die übrigen Gäste?«, fragte Walde.
    »In der Nacht zum Dienstag waren noch drei weitere Gäste im Haus, alles Vertreter. Nach dreiundzwanzig Uhr waren sie auf ihrem Zimmer und haben es bis zum Frühstück nicht mehr verlassen. Einer will gegen Mitternacht Schritte auf dem Flur gehört haben. Ob das Gorzinsky war oder ob ihn

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