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Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Titel: Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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koreanischer Hochstapler mit einer Firma, die so heißt wie ein koreanisches Auto, bietet der Stadt das WCCB an. Was nicht etwa WasserClosettComatöserBanausen heißt, sondern World Conference Center Bonn. Wozu braucht Bonn so etwas? Braucht es nicht, aber man will doch wer sein, und weil das so schön aussieht und mit dem Autonamen maskiert ist, fallen alle darauf rein. Die Oberbürgermeisterin, die Verwaltung, der Stadtrat, die Sparkasse. Der angebliche Investor hat überhaupt kein Geld, Bonn hat einige hundert Millionen in den Sand gesetzt und für das Loch im Etat ein betoniertes Loch in der Stadtästhetik bekommen.«
    Ich lachte. »Ich war ja länger nicht in Bonn, aber … Wo steht das Dings? Und was soll damit passieren?«
    »Im ehemaligen Regierungsviertel. Und passieren? Keine Ahnung. Die nächsten Millionen werden im Moment für einen sogenannten Trajektkreisel aus dem Fenster geschmissen, eigentlich ein Verteilerkreis, der aber so groß ist, daß es doch nicht ohne zusätzliche Ampeln geht. Die nächsten zig Millionen, komplett sinnlos, und noch ein paar Millionen drauf, weil hierfür das bis zu diesem Punkt oberirdisch fahrende U-Boot hundertfünfzig Meter früher unter die Erde muß.«
    »U-Boot«, sagte Zaches. »Du hast U-Boot gesagt. Meinst du wirklich U-Boot? Straßenboot? Eisbahn?«
    »U-Bahn, du Winzling. In Godesberg gibt es den Moltkeplatz; der war bis vor ein paar Jahren häßlich und belebt, jetzt ist er potthäßlich und tot. An diesem Platz liegt ein riesiges Kino, und auf der anderen Seite gibt es jede Menge Einzelhandel. Auf dem Platz gab es knappe hundert Parkplätze und dreimal pro Woche Markt. Dann fanden die rot-grünen Gutmenschen in Düsseldorf, daß das so nicht geht, die Leute sollen nicht mit dem Auto in die Stadt fahren, deswegen müssen die Parkplätze weg. Der Einzelhandel lief Sturm, es gab ein Bürgerbegehren dagegen, alles nutzlos. Das Land Nordrhein-Westfalen ist pleite, gibt aber Geld dazu, um Parkplätze abzuschaffen. Die Stadt ist pleite, die Anwohner wollen das Projekt nicht, aber wenn es Geld aus Düsseldorf gibt, müssen wir ja nur halb soviel Schulden machen und sparen etwas, also wurde der Platz betoniert und am Rand mit Haifischzähnen aus Beton versehen.
    Heute scheißen dort Tauben die Fassaden voll, morgens laufen wahnsinnige alte Weiber herum und füttern diese Ungeheuer auch noch, und Gift darf nicht sein, das wäre ja furchtbar, und Falken, ogottogott. Wenn auf dem Platz einfach wieder normal Autos parken könnten, wären die Tauben nicht mehr da.«
    »Ts ts ts«, machte Zaches. »Tauben vergiften? Ohne Park? Platz? Geht doch nicht.«
    »An einer anderen Stelle«, sagte Baltasar, ohne auf den Einwand zu achten, »fährt ein Bus eine lange Vorortstraße bis zum Ende, und dort hat er früher gewendet und ist zurückgefahren. Heute kann er da nicht mehr wenden, weil vor zwanzig Jahren Pfosten eingerammt wurden, und jetzt ist der Wendekreis zu klein. Deshalb fährt der Bus eine Schleife durch eine Nebenstraße, die aber eigentlich zu eng ist. Deshalb soll jetzt eine weitere Nebenstraße ausgebaut werden, und man will die Kosten auf die Anwohner umlegen, ungefähr achtzigtausend pro Nase. Und warum macht man nicht einfach diese blöden Pfosten weg, damit der Bus dort wieder wenden kann? Tja, angeblich wohnt da ein hohes Tier der Stadtverwaltung, und der mag auf seiner Veranda nicht dauernd von Bussen gestört werden. Deshalb hat er den Platz gemessen und festgestellt, der Durchmesser ist drei Millimeter kleiner als gesetzlich vorgesehen.«
    Zaches hatte die Arme auf dem Tisch verschränkt, den Kopf darauf deponiert und schnarchte demonstrativ. Ich drehte mir eine neue Zigarette und sagte: »Kann sein, daß das extreme Fälle von Idiotie sind, aber so was findest du doch überall.«
    Baltasar nickte heftig. »Das ist es ja. Es ist schlimm, daß es überall so ist, aber da, wo ich nicht gerade wohne, widert es mich nur theoretisch an. In Bonn dagegen praktisch. Deswegen diese Hütte hier. Und weißt du, warum sie das alles so machen?«
    »Du wirst es mir bestimmt gleich sagen.«
    »Um uns zu beschäftigen. Wenn wir mal in Ruhe über diesen Irrsinn nachdenken könnten, müßten wir alle zum Knüppel greifen und dieses Pack aus den Amtsstuben prügeln. Stasi in die Produktion, so ähnlich. Und weil alles mit allem zusammenhängt … Stichwort Rechtschreibverbot.«
    »Reform.« Zaches hob den Kopf.
    »Verbot«, sagte Matzbach. »Die Sprache gehört eigentlich dem Volk.

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