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finde-mich-sofort.de (German Edition)

finde-mich-sofort.de (German Edition)

Titel: finde-mich-sofort.de (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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schuf, die den Mann zur Mitarbeit brachte. Unglaublich! Ich fühlte mich wie mitten in einem Spionage-Thriller.
    Aber trotzdem: ein Spion ist doch eine Person, die geheime Informationen unerlaubterweise an die Mächtigen übermittelt. Auf meine Frage, wie er heute mit seiner Vergangenheit klar käme, gab er mir einen Roman, der beschreibt, wie sich ein Mitarbeiter der Staatssicherheit in eine Frau verliebt, die er verhören und ins Gefängnis bringen muss. »So, wie der das beschreibt, so geht es mir auch«, sagte XY . Ich verschlang das Buch und versuchte zu verstehen.
    Wir hatten uns wieder verabredet. Erneut unterhielt er mich mit kuriosen Geschichten aus dem Gerichtssaal. Ich bin Krimi-
fan und konnte gar nicht genug über die Hintergründe der Verbrechen hören, die direkt vor unser aller Haustür passieren.
    »Natürlich gibt es Fälle, bei denen auch ich nur den Kopf schütteln kann über soviel Boshaftigkeit und Gleichgültigkeit Regeln gegenüber. Diese dissozialen Typen, die meinen, es stünde ihnen zu, jemanden zu verprügeln, zu berauben oder umzubringen. Da fällt der Glaube an das Gute im Menschen mitunter schwer.«
    »Hattest du schon mal ein schlechtes Gewissen, wenn du so einen Typen verteidigt hast?«, frage ich XY .
    »Nein, wenn die Sache unter dem eigentlich vertretbaren Strafmaß ausgegangen ist, dann nicht!«
    »Und was ist mit dem Mörder, der durch deine Verteidigung nicht gerecht bestraft wird?«
    »Du denkst dabei immer an den Extremfall, den Mörder, der freikommt und bei dem der Verteidiger weiß, dass er es war. Das ist ein Fall unter Tausenden. Aber auch das gibt es, ich weiß es aus eigener Erfahrung.«
    Es war warm, wir bummelten durch Potsdam, redeten, lachten, tranken. Ich war verliebt und nahm ihn mit zu mir.
    Was dann passierte, überzeugte mich! Wenn etwas ganz großartig ist, sage ich immer: »Da schlägste mit ’m Gesicht auf!« Und genau so war’s! Wir fielen übereinander her und tauschten schamlos Energien aus. Gegen sein bewegtes Mund- und Zungenspiel würde jeder, selbst an Starkstrom angeschlossene Vibrator auf der Strecke bleiben. Sagenhaft! Musste ich so alt werden, um das erleben zu dürfen? *schlag auf*
    Wir konnten gar nicht genug voneinander bekommen. Mein blaues Sofa federte ununterbrochen. Mir war heiß, und während er mich fordernd streichelte und massierte, beobachtete ich meine rotgetigerte Hauskatze Chica, die sich wollüstig im verschwitzten, achtlos auf den Boden geworfenen T-Shirt von XY wälzte. Mein Lachanfall erschreckte XY so, dass er zusammenzuckte, dabei stieß das Sofa so hart an die Wand, dass die große Stumpenkerze auf dem über uns hängenden Regal umkippte und wir von einem Schwall Wachs übergossen wurden. Jetzt lachten wir beide.
    Nach diesem wunderbaren Abend trat sofort wieder mein Graugans-Verhalten zu Tage. Ich wollte ihn sehen, anfassen, küssen, ihn lieben und Sex haben. Meine Hoffnungen und Wünsche wurden vorerst auch nicht enttäuscht.
    Vor der nächsten Verabredung gingen wir zusammen einkaufen, denn er wollte etwas Schönes für mich kochen: ein leichtes Hühnersüppchen und als Hauptgang Chicorée-Auflauf. Und schon zwei Tage später saß er wieder auf meinem Sofa, mit meinem für ihn viel zu kleinen weißen Bademantel bekleidet, der Gitarre auf dem Schoß und sang mit schmachtendem Blick selbst komponierte und gedichtete Liebeslieder. Diesmal erzählte er von seiner großen enttäuschten Liebe zu einer Einundzwanzigjährigen. Er hatte damit natürlich meine volle Aufmerksamkeit, Verständnis, Mitgefühl und Bewunderung. Ein Mann mit Herz! *schluchz*
    Es fiel mir gar nicht schwer, darüber hinwegzusehen, dass er Vater von vier Kindern war. Stolz zeigte er mir Fotos seines neuen Hauses, das er in einem Vorort nördlich Berlins gerade bezogen hatte. Eine sehr eigenwillige und schöne Architektur. Jetzt wohne er allein in dem großen Haus, erklärte er, seine Frau und seine Kinder, um die er sich jedes Wochenende kümmere, lebten ganz in der Nähe in einer großen Wohnung und kosteten ihn monatlich fast 7000 Euro. Aha, auch noch schwer reich und allein.
    Zum ersten Mal wurde ich stutzig, als er auf meine Frage, was er in einer Beziehung suchen würde, antwortete: »Du mit deinen vielen Fragen … mhm … was suche, was will ich? Und noch viel wichtiger, was will ich nicht? Es ist schwer, das zu erklären. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Worte meist mehr Missverständnisse heraufbeschwören, als Fragen zu

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