finde-mich-sofort.de (German Edition)
beantworten.«
Wie eierte der denn rum? Man muss doch wissen, ob man sich einfach nur amüsieren will oder ernsthaft auf der Suche nach einer neuen Partnerschaft ist? Mein Misstrauen war geweckt!
Einige Tage später rief er mich an und säuselte mir ins Ohr: »Ich will deine Comedy-Show unbedingt mal auf der Bühne erleben. Zu einer deiner nächsten Aufführungen werde ich mich heimlich unter die Zuschauer mischen. Wenn dann ein rosa Plüschteddy auf die Bühne geflogen kommt, weißt du, dass ich da bin!«
*seufz* *träum* *schmacht*
»Ich reserviere dir Karten für unser Programm ›Unter Sex Augen‹. Das gefällt Dir bestimmt!«, scherzte ich. »Morgen auf dem Theaterschiff in Potsdam. Ist das okay für dich?«
»Ja! Ich freu mich!«
»Ich auch, bis dann!«
Aber XY erschien nicht. Dafür eine SMS : »Habe es leider nicht geschafft, musste mit einem Mandanten zur Polizei!«
Die SMS bei der nächsten Verabredung: »Hatte einen Verkehrsunfall. Melde mich!«
Ich rief ihn panisch an, aber er benötigte keine Hilfe. Ich wartete mehrere aufeinanderfolgende Abende zu Hause auf XY . Wir waren immer verabredet, und jede Nacht zwischen ein Uhr und zwei Uhr kam eine SMS mit einer neuen Ausrede und einem neuen Terminvorschlag für das nächste Treffen, das dann wieder nicht stattfand. Ich wurde sauer. Spinnt der? Ich hasse es, wenn Menschen schludrig mit meiner Zeit umgehen. Am Telefon erreichte ich ihn nicht. Also fuhr ich in seine Kanzlei. Es war 18 Uhr, und sein Mitarbeiter ließ mich unbeabsichtigt beim Verlassen des Büros rein. Wütend stapfte ich in XY s Büro, griff seine Krawatte und kreischte: »Erkläre mir sofort, was hier abgeht! Ich trau dir nicht mehr über den Weg.«
Ich hatte einen Ratgeber gelesen: »Was Mann will« und da stand drin: »Stellen sie sich ein paar Schlüsselfragen, um zu klären, ob ein Mann ernste Absichten hat: Trafen sie sich am Wochenende oder nur an Werktagen? Unterhielten sie sich je über die Zukunft? Rief er oft erst nach Mitternacht an und wollte gleich kommen, um sich mit Ihnen zu treffen?« Ja, ja, ja! Eigentlich ein klarer Fall, aber nicht für eine Frau mit rosaroter Brille, die unbedingt den Richtigen gefunden haben will! Ich zog also an seinem Schlips, er lächelte verunsichert, nahm mich in den Arm und flüsterte mir sanft ins Ohr. »Weißt du, Tatjana, zwei Herzen schlagen in meiner Brust: Auf der einen Seite finde ich dich attraktiv und würde gern mit dir zusammensein, auf der anderen Seite bin ich gerade dabei, meine Freiheit zu genießen.«
Na super! Aber ich bin ja tolerant und verständnisvoll oder besser gesagt, ich wollte nicht alle Felle davonschwimmen lassen.
»Okay, XY , kein Problem! Dann gehen wir eben eine lockere Beziehung ein. Du meldest dich, wenn du frei hast, und ich gucke derweil im Internet nach neuen Männern!«
Die Versöhnung an diesem Abend war, wie nicht anders zu erwarten, sensationell. Und XY stammelte sogar so was wie: »Liebst du mich, Tatjana?« Das schien mir ein deutliches Zeichen für seine Eifersucht nach meiner Ansage. Aha. Vielleicht kommen wir ja doch noch auf den richtigen Weg!
»Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!«, hat meine Oma immer gesagt. Mein Vertrauen war im Eimer und Kontrolle damit zur notwendigen Konsequenz geworden. Von ihm ausreichend mit den Grundregeln einer ordentlichen Agententätigkeit ausgestattet, wollte ich darum nichts mehr dem Zufall überlassen. Ich loggte mich auf den Single-Seiten unter einem anderen Pseudonym ein, um zu prüfen, wann sich XY im Netz aufhielt, gab mir also eine komplett neue Identität und agierte unter dem Nicknamen »findemichsofort«. Ich klickte ihn mit einem »Flirtkontakt« an. Der Empfänger erhält dann die Nachricht: »Nickname ›findemichsofort‹ möchte sie kennenlernen!« Große Erleichterung machte sich breit, als er darauf nicht reagierte. Ich glaubte sofort, er hätte kein Interesse an anderen Frauen. Diese statistisch nicht haltbare Schlussfolgerung beruhigte mich. Ich sah noch mal in seine E-Mails der ersten Tage. Zum Thema Strafverteidiger schrieb er:
Es gibt nur eine Ausnahme: ich verteidige keine Sexualdelikte. Ich kann nicht verstehen, was Menschen dazu treibt, sich an einer Frau …
zu vergreifen.
Soso. Hoffentlich tat er das nicht gerade unter Vortäuschung falscher Tatsachen bei mir. Hatte er nicht auch gesagt, er habe es gelernt, sich Legenden für bestimmte Situationen auszudenken? Das war doch Inhalt seines ersten Studiums. Wenn alles gesponnen
Weitere Kostenlose Bücher