finde-mich-sofort.de (German Edition)
lalalalalalala!«
Vorsichtshalber und um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, rasiere ich mich unter den Armen, meine Beine und die Bikinizone. Danach lese ich auf der Couch lümmelnd in meinem Buch. Der Krimi fesselt mich und lenkt mich von meiner Aufregung und dem Gedanken ab, was denn heute Abend wirklich passieren wird. Punkt 17.30 Uhr ziehe ich mir meinen Lieblingsjeansrock, schwarze Strumpfhosen, eine weinrote Bluse und meine weinroten Lieblingsstiefel an, betrachte mich im Spiegel und bin, nachdem ich die Wimpern getuscht und die Lippen nachgezogen habe, zufrieden mit mir. Katze Chica bekommt noch eine riesige Portion Futter in den Napf gefüllt, dann greife ich nach dem Autoschlüssel und verlasse die Wohnung. Auf der Fahrt zum Tiergarten bin ich bedeutend fröhlicher als vor ein paar Tagen. Meine Lieblings- CD von James Blunt läuft im Player, und ich singe laut mit. »Good Bye My Lover« – ein toller Song, wenn auch für die derzeitige Situation unpassend.
Als ich diese CD das letzte Mal hörte, saßen Alexandra und ich deprimiert auf meinem Balkon.
In einer lauen Sommernacht des vergangenen Jahres, kurz bevor meine Schwester Equivocal kennenlernte und noch klar denken konnte, betranken wir uns mit schlechtem Wein. Ich hatte gerade Peter den Laufpass gegeben, Alexandra hatte seit dem Geizknochen keinen anderen mehr getroffen. Nach dem zweiten Glas des eklig süßen Rebensaftes fragten wir uns, ob es wirklich möglich ist, im Internet einen Mann zu finden, für den wir den ersten Platz im Leben einnehmen.
»You’re beautiful«, sang James Blunt, wahrscheinlich, weil er uns nicht sehen konnte. Beide ungeschminkt. Alexandras ewig schwarze Kleidung war mit Katzenhaaren übersät, ich saß in verbeultem Hausanzug und Wollsocken mit angezogenen Beinen auf der Holzbank. Eine Kerze flackerte auf dem runden Balkontisch zwischen uns. Wir waren mit unseren gegenseitigen guten Ratschlägen am Ende. Unsere Männerprobleme nervten uns zunehmend. Resigniert suchten wir nach einer Lösung. Was machen wir jetzt? Weiter suchen? Aber was und viel wichtiger: Wo ? – Disco? Zu junge Hüpfer dort! Club-Konzerte? Immer die gleichen Leute anwesend! Kino? Aussichtslos. Eine halbseitige Annonce in der Tageszeitung schalten? Einen Hund anschaffen und bei langen Spaziergängen im Park mit anderen Hundebesitzern ins Gespräch kommen? Für Katzenbesitzerinnen keine wirkliche Alternative. Einem Golf- oder Tennisclub beitreten? Ausgeschlossen: Durchschnittsalter der Mitglieder liegt da bei sechzig Jahren! Vielleicht gründen wir ja doch in ein paar Jahren eine »Silver-Girl- WG «, weil es einfach keine Männer mehr gibt, die beziehungsfähig sind. Aber eventuell scheiterte es ja auch an uns. Es gibt eben für einen älteren Topf immer weniger passende Deckel, weil sich hier und dort eine Beule am Topfrand gebildet hat. Vielleicht waren wir auch zu rational mit der Auswahl beschäftigt, mit Diskussionen und vergleichenden Analysen. Möglicherweise konnten wir uns gar nicht mehr verlieben. *grins unsicher* Diese vielen männlichen Beziehungswilligen im Internet erschwerten die Entscheidung, was und wen wir wollten. Sie alle sind auf unzähligen Single-Seiten aufgereiht wie die neueste Hemdenmode im Einkaufskatalog großer Versandhäuser. Immer wenn wir dachten, das könnte passen, kniff’s vorn oder hinten, war zu kurz oder lang, hatte die falsche Farbe. Machten wir uns was vor, indem wir immer wieder neue Gründe fanden, die »Guten« und »ganz Lieben« gar nicht erst anzuschauen, weil uns die Vereinnahmung schon nervte, bevor sie stattgefunden hatte? Konnte sein. Wir schauten uns nur um, trösteten uns, wie im Kaufhaus, wenn wir zu wenig Geld für ein schickes neues Kleid haben. Hatten wir zu wenig Geld, also wirklich zu wenig Lust auf eine Partnerschaft? Aber jede Klamotte kann man nicht anprobieren. Wir durften uns dem »Kaufrausch« nicht ergeben, sonst würden wir uns überhaupt nicht mehr für »irgendjemanden« entscheiden können, resümierten wir die Lage und weinten vor Selbstmitleid zu »Tears and Rain«.
Zwei internetverwirrte Ladys auf dem Balkon lümmelnd, deren Gedanken wie der Rauch ihrer Zigaretten ständig kreisten. Teufelskreisten. Watt nu? Doch keine Silberhochzeit in absehbarer Zeit, nichts mit bisdassdertodeuchscheidet? Galgenhumor kam mit dem nächsten Glas Wein auf. Wir fingen an zu kichern. Alexandra grinste: »Übrigens hat sich Carla von ihrem Mann getrennt, brauchte mehr Freiraum.«
»Katja
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