finde-mich-sofort.de (German Edition)
doch im Netz recherchiert!«, sage ich lauter und aufgeregter, als mir lieb ist.
»Ich bin ja auch wütend darüber. Aber ich bin gnadenlos verliebt. Tati, jede unserer Begegnungen ist aufregend und unvergesslich.«
Ich schlürfe betroffen an meinem Kaffe und weiß nicht, was ich sagen soll.
Alexandras leise Stimme holt mich aus meiner Verlegenheitsstarre: »Manchmal reagiere ich wie eine verletzte Geliebte. Ich raste aus, schreibe böse E-Mails. Aber er hat Geduld mit mir. Außerdem weckt er nachhaltig mein Interesse für gute Musik und Literatur. Er sieht sensationell aus und …«
»Super!«, unterbreche ich sie und bin wieder in meinem küchenpsychologischen Metier. »Das ist doch die oft von uns diskutierte selektive Wahrnehmung. Du suchst jetzt krampfhaft nach den Dingen, Eigenschaften und Ereignissen, die dir gefallen, und verdrängst alles für dich Negative. Wolltest du nicht mal einen Mann finden, der DIR gut tut? Oder bist du wieder mal nur deshalb schwer verliebt, weil du ihn nicht wirklich haben kannst?«
»Du siehst das falsch. Eigentlich bin ich glücklich. Ich lenke mich einfach ab und organisiere unsere Abende. Es macht mir Spaß, ihn zu beschenken, weil er sich freuen kann wie ein Kind. In seinem Arbeitszimmer taucht er in andere Welten ein, fern der Realität, was ich absolut nachvollziehen kann. Ich weiß, dass man als Schreibender einsam sein muss. Wer sich für dieses Leben entschieden hat, will nicht erpressbar sein. Das Zusammenleben mit einer Frau würde ihn doch einschränken. Das ist mir so was von klar!«
Ich schau ihr ins Gesicht und sehe, dass es sinnlos ist, sie mit irgendwelchen Prognosen über die Haltbarkeitsdauer dieser Liaison oder mit dem Psychogramm eines egomanischen, selbstverliebten Typen zu belästigen. Sie schwebt im siebten Sexhimmel und will sich ihre große Liebe nicht madig machen lassen.
»Weißt du, Tati«, redet sie weiter, als ob sie meine Gedanken erraten hat, »jedes Mal, wenn ich mir vorgenommen hatte, mit ihm darüber zu sprechen, passierte dasselbe. Ich musste ihn nur ansehen, und sofort kippte ich um, und uns überkam diese immerwährende Leidenschaft.«
Mir platzt der Kragen. »Ich kann das Gesülze nicht mehr hören! Leidenschaft! Was ist mit Geborgenheit, Vertrauen, Liebe?«
»Ja doch! Hör auf, mich anzuschnauzen! Weißt du, ich will erproben, ob und wie lange ich meinen anerzogenen Verhaltensmustern entfliehen kann.«
Ich bin bestürzt, kann und will mich nicht in Alexandras Gefühls- und Gedankenwelt hineinversetzen.
»Sag doch was!«, reißt sie mich aus meinen Gedanken.
»Was soll ich dazu sagen«, druckse ich rum, »ich würde mich freuen, wenn du dich glücklich fühlst!«
»Ich bin glücklich!«, erwidert sie trotzig.
Dann ist ja alles in Ordnung!
Es ist spät geworden, und ich bin hundemüde und kaputt. Mein Kopf dröhnt, als würde er von Vorschlaghämmern bearbeitet. Alexandra zieht sich ihre Jacke über und wartet an der Tür, um sich von mir zu verabschieden. Ich schließe sie tröstend in die Arme und sage versöhnlich: »Immerhin ist es schön zu wissen, dass es Männer gibt, die Spaß am Sex haben! Pass auf dich auf, ja?«
Erschöpft bleibe ich auf meinem Krankenlager zurück. Während ich mir alle möglichen Medikamente zuführe, gehen meine Gedanken von Alexandras Geschichte zu meinem nächsten Treffen mit Carsten . Ich weiß genau, dass ich keine bloße Liaison mehr haben will. Ich möchte eine Partnerschaft mit Vertrauen und Geborgenheit, mit allem Drum und Dran. Das muss ich Carsten sagen. Rechtzeitig!
Sollte ihm diese Offenbarung Angst machen, ist er eben doch nicht der Richtige für mich. Ach, wenn es doch so einfach wäre!
Singleleben
Die Wintersonne weckt mich spät. Ich räkle mich im Bett und freue mich, dass ich wieder durch die Nase atmen kann und mein Kopf nicht mehr so brummt wie gestern noch. Heute ist es soweit. Ich werde mich zum zweiten Mal mit Carsten treffen. Es ist schon elf Uhr. Vor genau zwölf Stunden am Telefon haben wir uns darauf geeinigt, dass wir bei ihm etwas essen werden und dann nach Lust und Genesungsfortschritt entscheiden, wo wir hingehen werden. Auch Carsten geht es gesundheitlich besser. Ich freue mich auf den Tag und lasse ihn ganz ruhig und genüsslich angehen. Ich bereite mir ein richtig schönes Frühstück mit Brötchen, Ei, Schinken und Marmelade. Dann lasse ich mir ein Erkältungsbad ein und aale mich fast eine Stunde lang bei Reggaemusik in der Wanne.
»No woman no cry …
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