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Fingermanns Rache

Fingermanns Rache

Titel: Fingermanns Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christof Weiglein
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Oberkommissarin Marion Tesic. Braune schulterlange Haare, sportliche Figur. Ein Blickfang. Sie nahm an ihrem Laptop Einträge vor.
    »Sind Sie jetzt fertig, Marion?«, fragte Schorten etwas ungeduldig.
    Marion Tesic schaute auf und zeigte ein zauberhaftes Lächeln. »Natürlich, Chef.« Sie klappte den Laptop zusammen und legte ihn auf den Schreibtisch. Dann streckte sie sich. Bakker starrte unverhohlen auf ihre Brüste, die sich unter dem gespannten Stoff ihrer Bluse abzeichneten, was sie mit einem abfälligen Grinsen quittierte.
    »Also, Karl, gib uns eine Zusammenfassung«, sagte Schorten zu Bakker.
    Der richtete sich zu einer beträchtlichen Größe auf und fuhr sich mit der Hand über sein massiges Gesicht. »Nun, das meiste ist schon bekannt: Der Entführte, Fabian Flaig, ist neunzehn Jahre alt und macht ein Volontariat beim TAGESGESCHEHEN . Seine Eltern sind früh gestorben. Daher ist er im Kinderheim aufgewachsen – mit Pflegeeltern hat es anscheinend nie geklappt. Als Jugendlicher war er im betreuten Wohnen untergebracht. Seit seinem Abitur lebt er allein in Berlin-Mitte in der Auguststraße. Seinen Unterhalt bestreitet er durch das Erbe seiner Eltern, die ihm 120.000 Euro hinterlassen haben. Ist zwar ein nettes Sümmchen, aber für ein Lösegeld doch etwas mickrig. Nähere Verwandte waren nicht aufzutreiben. Die Sippe scheint mit ihm auszusterben.«
    »Karl, bitte verschon uns mit deinen Kommentaren«, mahnte Schorten.
    »Schon recht, Bernhard. Also, weiter im Text. Entführt wurde Flaig Sonntagnacht. In der Wohnung gibt es keine Anzeichen von Gewalt. Entweder kennt er den Täter, oder er hat ihn einfach so reingelassen. Zeugen für die Entführung gibt es nicht. Die Nachbarn haben nichts gehört, und auf der Straße hat niemand was gesehen, obwohl in der Ecke gerade in der Nacht viel los ist. Die Kollegen von der Direktion 3 sind aber noch auf der Suche nach Augenzeugen, wir sollten hier die Hoffnung nicht zu früh aufgeben. Es kann natürlich auch sein, dass er freiwillig mitgegangen ist; die Sache stinkt eh zum Himmel, wenn ihr mich fragt.«
    Bakker legte eine kurze Pause ein, um seine Aussage zu unterstreichen. Als niemand darauf einging, fuhr er gelangweilt fort: »Der erste Anruf des Entführers erfolgte am Montagmorgen um neun Uhr beim Chefredakteur des TAGESGESCHEHEN . Der hat die Kollegen benachrichtigt und die wieder uns. Ich denke, den Rest kann ich mir sparen.«
    »Das denke ich nicht. Herr Mendel war die letzten zwei Tage krank, wie du sicher weißt.« Obwohl Schorten Bakkers abfällige Art missbilligte, ließ er es sich kaum anmerken.
    »Ja, ja, der Mendel. Er ist halt ein zartes Bürschchen.«
    »Wie soll ich das verstehen?« Mendel stellte sich gerade hin und hüstelte zweimal.
    »So, wie ich es gemeint habe.«
    »Karl, bitte.« Schorten hob beschwörend eine Hand.
    »Also gut. Jetzt der Rest der Geschichte für das Muttersöhnchen.«
    Marion Tesic schüttelte den Kopf, und das schmale Gesicht Mendels lief rot an.
    »Den ersten Kontakt mit dem Entführer hatten wir am Montag um vierzehn Uhr. Wie zu erwarten war, hatten wir mit der Fangschaltung keinen Erfolg.«
    »Marion, bitte spielen Sie uns das Gespräch vor, damit Herr Mendel einen Eindruck hat«, unterbrach Schorten.
    Marion Tesic nickte und klappte den Laptop wieder auf. »Die internen Lautsprecher sind recht gut, und wenn Bakker jetzt noch auf seine üblichen Nebengeräusche verzichtet, ist selbst die verzerrte Stimme des Entführers gut zu verstehen.«
    »Was –«, brauste Bakker auf, doch das Einsetzen des Gesprächs ließ ihn verstummen.
    – Schorten.
    – Spreche ich mit Hauptkommissar Bernhard Schorten vom LKA Berlin?
    – Ja.
    – Schön, dass Sie sich die Mühe gemacht haben.
    – Was wollen Sie?
    – Fabian Flaig befindet sich in meiner Obhut. Wenn Sie den jungen Mann lebend wiedersehen wollen, sollten Sie meine Forderungen erfüllen. Ich denke, der Chefredakteur Herr Hansen hat Sie in Kenntnis gesetzt.
    – Das hat er. Aber wie stellen Sie sich das Ganze vor?
    – Ich liefere Ihnen die Stichworte zu einem Fortsetzungsroman. Wilbur Arndt wird daraus eine Geschichte machen. Eine Geschichte, die uns alle fesseln wird.
    – Wer ist Wilbur Arndt?
    – Ein begabter Autor, der sich selbst verloren hat. Sie werden ihn irgendwo auf den Straßen von Berlin finden.
    – Geht es nicht etwas genauer?
    – Das muss reichen. Ich habe volles Vertrauen in Sie.
    – Und wie stellen Sie sich den Ablauf vor?
    – Morgen werden Sie und Ihre

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