Fingermanns Rache
Mann von Format, obwohl ich Frau Tesic den Posten gegönnt hätte. Ihre Qualitäten sind ja unbestritten. Aber genug der Nettigkeiten. Wir wollen doch alle wissen, wie es weitergeht, oder nicht?« Arndt schaute sich um und war mit den erwartungsvollen Gesichtern anscheinend zufrieden. »Ein Umbruch steht bevor. Frau Tesic hat Loki mit ihrer eigenwilligen Handlung gereizt, was sehr unangenehm werden kann. Die Geschichte gewinnt an Fahrt und bewegt sich in eine Richtung, die für alle Beteiligten Überraschungen bietet, mich eingeschlossen. Wir müssen jetzt alle umdenken und uns neu orientieren. Ich für meinen Teil werde mich bald zurückziehen, da meine Dienste anscheinend nicht mehr gebraucht werden.«
»Sie glauben doch nicht, dass wir Sie so einfach gehen lassen«, brauste Marion auf.
»Wie wollen Sie mich hindern? Gibt es neue Beweise, die eine Verhaftung rechtfertigen? Haben Sie etwas herausgefunden, was Ihre Kollegen noch nicht wissen, Frau Tesic?«
Allein Marion verstand die Andeutung und biss sich auf die Lippen.
»Anscheinend nicht. Aber ich kann Sie beruhigen. Wenn Sie mich noch nicht satthaben, bleibe ich erst noch eine Weile. Hier geschehen immer so interessante Dinge.«
Genau in diesem Moment klingelte der Apparat auf Marions Schreibtisch.
Nachdem Marion sich gemeldet hatte, aktivierte sie das Aufzeichnungsgerät und drückte auf die Lautsprechertaste.
Lokis verzerrte Stimme füllte den Raum. »Sie haben die Abmachung gebrochen.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Die Fragen stelle ich. Warum hat nicht Wilbur die neue Folge verfasst?«
Marion tauschte einen Blick mit Mendel und sagte: »Es gab Probleme mit ihm. Er trinkt sehr viel. Er war gestern nicht in der Lage …«
»Reden Sie nicht. Wir beide wissen genau, warum. Jetzt müssen Sie die Konsequenzen tragen. Der Fingermann wird seine Pflicht tun und Fabian Flaig bestrafen, und Sie tragen die Schuld.«
»Unternehmen Sie nichts Unüberlegtes. Wir werden Ihre Forderungen von nun an erfüllen.«
»Für alles gibt es einen Plan. Meine Handlungsweise ist wohldurchdacht. Eine Missachtung der Regeln kann nicht geduldet werden. Was Sie in Gang gesetzt haben, lässt sich nicht aufhalten.«
»Wenn Sie Herrn Flaig etwas antun, kann ich für nichts garantieren.«
»Ist das eine Drohung?«
»Sie wollen die Entführungsgeschichte in der Zeitung sehen. Falls Sie Flaig verletzen, werden wir die Veröffentlichung verhindern.«
»Das ist eine Drohung, und die ist Ihrer Intelligenz nicht würdig. Fabians Schicksal ist schlimm genug, seinen Tod werden Sie nicht riskieren.«
»Woher soll ich wissen, dass er überhaupt noch lebt?«
»Gestern konnten Sie seine Stimme hören, und heute werden Sie ein ganz besonderes Lebenszeichen erhalten.«
Das Freizeichen ertönte, dennoch dauerte es eine Weile, bis Marion den Hörer auflegte. Sie war bleich im Gesicht. Als Erster ergriff Arndt das Wort. »Man sollte Loki nicht reizen. Jetzt schickt er Fabian Flaig in Einzelteilen.«
»Seien Sie still«, fuhr Marion ihn an.
»Werden Sie nun empfindlich?«
»Ich habe genug von Ihren Spielen. Sie wissen doch ganz genau, was hier läuft. Während Ihr Komplize durchdreht, machen Sie noch dumme Witze.«
»Loki ist also mein Komplize? Sehr schön, Frau Tesic. Wenn Sie mir seine Nummer geben, rufe ich ihn an und bringe die Sache in Ordnung.«
»Ihnen ist doch klar, dass wir jetzt etwas gegen Sie in der Hand haben. Loki und Sie stehen in Verbindung. Wie sonst konnte er wissen, dass die letzte Folge nicht von Ihnen war?«
»Jetzt kränken Sie mich aber, Marion. Ihre schriftstellerischen Fähigkeiten sind sehr beschränkt. Meine Werke hingegen bestechen durch Wortwahl und Esprit. Den Unterschied bemerkt jeder Grundschüler.«
»Für uns reicht das als Beweis.«
»Das ist Ihr Beweis? Ich nenne das Polizeiwillkür. Das ist Diktatur. Gegen Ihren Verein war die Stasi geradezu ein Vorbild der Rechtstaatlichkeit.«
»Bring ihn raus, Kai. Sonst vergesse ich mich.«
Mendel fasste Arndt am Arm und führte ihn zur Tür. Als der Polizeibeamte ihn in Empfang nahm, drehte Arndt sich noch einmal um und höhnte: »Der Fingermann kommt bei Nacht und hat die Schere mitgebracht.«
Marion starrte noch auf die geschlossene Tür, als Mendel sich setzte und sagte: »Mach dir nicht unnötig Sorgen. Noch ist nicht sicher, dass Loki seine Drohung erfüllt.«
»Wir haben es mit einem Psychopathen zu tun, und ich habe das einfach verdrängt. Wie konnte ich nur so dumm sein? Jetzt wird der Fingermann
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