Fingermanns Rache
müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um ihn zu fassen.«
»Die Fahndung läuft. Alle Einheiten sind benachrichtigt«, warf Illsen ein.
»Diese Akten«, Rensch hielt ihre drohend in die Luft, »dürfen niemals an die Öffentlichkeit gelangen.« Ihr Kopf ruckte, während sie jeden Einzelnen fixierte. Es gab keinen Widerspruch. In diesem Punkt waren sich alle einig.
»Entscheidend ist, wie wir mit den Akten umgehen«, sagte Marion. »Wir sollten sie den Betroffenen zukommen lassen. Die können dann die Teile freigeben, die für sie unverfänglich sind.«
»Das halte ich für die beste Vorgehensweise«, bestätigte Sandt. Auch Rensch und Illsen stimmten zu.
»Die abschließenden Beurteilungen in den Dossiers sind für uns besonders wichtig. Aus ihnen können wir eventuell auf Wilbur Arndts zukünftige Handlungen schließen«, ergänzte Marion.
»Ich werde das so weitergeben«, entgegnete Sandt. »Auffallend in meiner Akte sind Angaben, die aus dem Polizeicomputer stammen müssen. In diese Richtung werden wir unsere Ermittlungen ausdehnen. Entweder gibt es eine undichte Stelle, oder jemand hat sich in das System eingehackt.«
Sandt machte eine Pause und blickte in die Runde. »Dieser Fall nimmt eine ungeahnte Größe an. Ich werde das Personal aufstocken und eine Soko einrichten. Sie, Herr Illsen, werden die Leitung übernehmen.«
Peter Illsen nickte, über sein Gesicht huschte ein Lächeln. Man sah ihm an, wie sehr er sich über den großen Karriereschritt freute.
»Ich begrüße das sehr«, sagte er. »Es stehen umfangreiche Ermittlungen im Rotlichtmilieu an. Das für die damalige Renovierung zuständige Bauunternehmen muss überprüft werden. Außerdem müssen wir unzählige Videos einer Überwachungskamera sichten und verschiedene Anrufe nachverfolgen.«
Marion schaute fragend auf. »Überwachungskameras?«
»Ja«, sagte Illsen. »Ich habe vorhin von Mendel erfahren, dass die Schließfächer am Hackeschen Markt von Kameras überwacht werden. Vielleicht können wir die Person ermitteln, die das Paket mit Flaigs Finger dort platziert hat.«
»Besteht aus Ihrer Sicht eine akute Gefahr für Fabian Flaigs Leben, jetzt, da Loki sich herausgefordert fühlt?«, erkundigte sich die Staatsanwältin bei Illsen.
»Glaube ich nicht. Zumindest im Moment nicht. Noch braucht er Flaig lebend. Was aber festzustellen ist, ist eine Verdichtung der Hinweise. Wir haben recht genaue Angaben zum Aufenthaltsort des Entführers – bezeichnenderweise von ihm selbst angegeben. Für übermorgen rechnen wir mit einer Zuspitzung der Ereignisse – Loki nennt es Showdown. Das SEK ist bereits informiert. Nach den bisherigen Erfahrungen steht uns ein turbulenter Tag bevor.«
Kriminaldirektor Sandt ergriff abermals das Wort. »Kommen wir noch zur für morgen angesetzten Pressekonferenz. Die außergewöhnliche Konstellation in diesem Fall kann nicht mehr geheim gehalten werden. Aus der Redaktion des BERLINER TAGESGESCHEHEN s sind gezielt Informationen lanciert worden, um auf die morgige Ausgabe aufmerksam zu machen. Hansen, der Chefredakteur, wird die Entführung von Fabian Flaig und deren Umstände als Schlagzeile auf der ersten Seite bringen. Außerdem wird er auf die Verbindung zum Mord an Bakker hinweisen. Dies hat er mir vorhin telefonisch mitgeteilt. Wenn er es nicht machen würde, dann würden es andere tun. Deshalb können wir uns auf eine aufregende Pressekonferenz gefasst machen. Preisgeben werden wir nur, was bis dahin ohnehin bekannt sein wird. Falls jemand nach Wilbur Arndt fragt, halten wir uns bedeckt. Nötigenfalls geben wir zu, dass wir nach ihm fahnden. Können Sie dem zustimmen, Herr Illsen?«
»Ja. Unter welchen Umständen er uns entkommen ist, darf auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen. Sonst macht ihn die Presse zu einem genialen Strippenzieher, der die ganze Polizei an der Nase herumführt.«
»Was er allem Anschein nach auch ist«, warf Marion ein.
»Das wird sich noch zeigen. Ich glaube, Arndt übernimmt sich gewaltig«, entgegnete Illsen.
»Der Meinung bin ich auch, Frau Tesic.« Die Staatsanwältin nahm Marion ins Visier. »Sie beschäftigen sich jetzt schon seit geraumer Zeit mit Arndt. Seine Machenschaften waren bekannt. Wie konnte es dann zu seiner Flucht kommen? Warum wurde er nicht besser überwacht?«
Gereizt entgegnete Marion: »Wenn Sie einen Haftbefehl ausgestellt hätten, säße Arndt jetzt in U-Haft. Dann hätten wir all die Probleme nicht.«
»Für einen Haftbefehl braucht man
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