Finish - Roman
versuchte, sich das Laken vors Gesicht zu ziehen.Watt hob die Lampe in ihre Richtung. Er erkannte sie sofort.
»Nicht der Rede wert«, sagte er und verbarg sein hochrotes Gesicht in der Dunkelheit. »Hannah Bliss. Arbeitet im Saloon.
Entrüstet presste Hannah die Lippen zusammen. Erst vor einer Woche hatte Watt sie begrapscht.
Bürgermeister Watt sah die vier Männer hinter sich an. »Na dann, nichts wie los zum Casino, da schnappen wir uns den anderen Kerl, Billy Joe Speed. Wir sind getäuscht und betrogen worden, Gentlemen. Man hat uns reingelegt. Und auf dieses Verbrechen gibt es nur eine Antwort.«
Billy Joe wurde ungefähr ebenso blitzschnell gefasst, wie Hannah Bliss in die Kleider sprang und vom hinteren Ausgang des Hotels zum Mietstall rannte, um Bucks Pferd zu satteln. Als die beiden Männer zum Gefängnis geschleift wurden, war sie bereits zwei Meilen in die Dunkelheit hinausgeritten und hatte der Stadt, die nun jäh aus dem Schlaf gerissen wurde, den Rücken gekehrt.
In kaum mehr als einer Stunde waren die Bürger von Cheyenne auf den Beinen und über die wahren Hintergründe des Sprint-Wettkampfes im Bilde, der mit einem echten Rennen ebenso wenig zu tun gehabt hatte wie Cäsars Tod mit einem Schusswechsel in der Main Street.
Marshal Boones Aussage brachte alles ans Licht. Speed war ein Profi und vielleicht einer der schnellsten Läufer der Vereinigten Staaten. Sein Mitverschwörer Miller war noch schneller, doch im Finale hatte er geblufft, weil das gesamte Geld auf seinen Komplizen gewettet war. Bei Gesprächen der städtischen Sportvereinigung kam zutage, dass Moriarty und seine Truppe mehr als 2000 Dollar über die Stadt verteilt auf Speed gesetzt hatten, seit der sich am Freitagabend zum Rennen angemeldet hatte. Es war alles eine Riesenfinte gewesen, genau wie in Canyon City. Nun musste natürlich noch der sogenannte »Professor« Moriartyzur Rechenschaft gezogen werden, und bei Tagesanbruch würde eine Gruppe Männer losgeschickt werden, um ihm die gerechte Strafe zukommen zu lassen. Doch fürs Erste hatten sie die beiden Hauptschurken Speed und Miller geschnappt und sicher hinter Gitter gebracht.
Die Kunde vom großen Bluff und der Gefangennahme von Speed und Miller verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt. Cheyenne kochte. Um Mitternacht waren die entrüsteten Sportsfreunde der Stadt auf der Straße, und eine 200 Mann starke Menschenmenge hatte sich vor Sheriff Clays Gefängnis versammelt, kurz davor, sich in einen wütenden Mob zu verwandeln.
Für die Empörung der Bürger gab es zwei Gründe. Der erste war finanzieller Natur, denn viele hatten große Summen gegen Billy Joe gewettet; doch bei den meisten, für die das Rennen nicht mehr als ein sportlicher Nervenkitzel gewesen war, saß die Wut sehr viel tiefer.
Sie hatten geglaubt, mit dem Rennen sei ihnen etwas Echtes und Wahrhaftiges geboten worden. Voller Hoffnung waren sie aus dem Osten gekommen, doch am Ende hatte sich der Westen für viele von ihnen als riesige Enttäuschung entpuppt. Sie hatten geglaubt, dort unermesslichen Reichtum zu finden. Stattdessen hatten sie Einsamkeit gefunden, endlose Berge und Weiten; Cholera und Typhus und geldgierige Betrüger, die ihnen jeden Dollar, den sie der Erde im Schweiße ihres Angesichts hatten abringen können, wieder aus der Tasche gezogen hatten.
Und nun stellte sich heraus, dass selbst diese beiden jungen Teufelsbraten Teil dieses riesengroßen Schwindels waren, und der Zorn, den die redlichen Bürger empfanden, war weitaus größer, als wenn Billy Joe und Buck nur kleine Trickbetrüger gewesen wären.
Um halb eins wurde der Mob allmählich unwirsch, und Rufe wurden laut, Clay sollte diese Kerle Speed und Miller rausbringen, damit sie ihre Abreibung kriegten. Als keine Reaktion kam, fingen ein paar Hitzköpfe an, mit ihren Revolvernherumzuballern. Neugierige aus den umliegenden Saloons kamen hinzu und wurden vom Mob einverleibt, der anfing, gegen die Türen des Gefängnisses zu drängen. Die Vordersten schlugen und traten auf die Türen ein, derweil die Leute in den hinteren Reihen ihre Revolver in die Nachtluft entluden.
Im Gefängnis rieten Boone und Clay dem Richter, Buck und Billy Joe hinauszubringen und den Mob damit zu beruhigen. In nichts als ihrer Unterwäsche wurden die beiden Läufer auf den Gehsteig geführt, und Boone, Clay und seine Hilfssheriffs schufen vor dem Gefängnis ein wenig Platz.
Boone hatte bisher kaum etwas gesagt, doch die zwei konnten spüren, wie
Weitere Kostenlose Bücher