Finish - Roman
Haaresbreite dem Strick entgangen und nach Arizona geflohen. Nach fünf Jahren als Cowboy hatte er sich schließlich ein Stück Land in Yuta County gekauft. Ursprünglich hatte zwischen dem Land der Brennans und der Boyles das Farmland eines dritten Ranchers gelegen, eines Holländers namens Elf Kamerbeck. Doch 1865 war Kamerbeck von den Apachen verjagt worden, und so hatten sich die beiden zäheren Nachbarn sein Land rund um den Big Wet nach und nach friedlich einverleibt.
Ende der 60er Jahre hatten der Ire und der Australier sich zusammengetan, um die Apachen zu verjagen und die Gegend für die Viehwirtschaft zu sichern, und als Buzz Brennan 1874 an Pocken starb, waren die Indianer längst keine Bedrohung mehr. Dann war Pat Boyle 1875 bei einer Schießerei in Sonora aus Versehen ins Kreuzfeuer geraten und erschossen worden, und das Land ging an ihre beiden Söhne.
Der junge Brennan und der junge Boyle waren noch dicker befreundet gewesen als ihre Väter. Anfang 1877 hatte Pete Boyle sogar Sally Brennan geheiratet, und sie hatten bereits Zwillinge bekommen, einen Jungen und ein Mädchen. Doch im heißen Sommer 1877 wendete sich alles zum Schlechten. Die lange Dürre hatte das Wasser in ein dünnes Rinnsal verwandelt, und am 23. Juni hatten beide Parteien ihre Rinderherden an den kümmerlichen – aber immer noch fließenden – Big Wet getrieben.
Niemand konnte später mit Sicherheit sagen, wie der Streit an diesem glühend heißen Nachmittag entbrannt war. Fest steht, dass es zwischen den beiden Vorarbeitern, Roy Bass von den Brennans und Jake Wood von den Boyles, zu einer Auseinandersetzung kam und dass Wood mit einer Kugel im gebrochenen rechten Arm zurückkehrte.
Im Monat darauf gab es in Yuta City einen Faustkampf zwischen den Mitgliedern der verfeindeten Lager; zwei Tage später wurde ein Dutzend Brennan-Rinder erschossen aufgefunden. Doch Roy Bass’ Tod im November desselbenJahres trieb die Fehde auf die Spitze. Am Nachmittag des 6. November 1877 war Bass mit dem jungen Cowboy Danny Malloy unterwegs, um ein paar entlaufene Rinder in der Nähe des Big Wet zusammenzutreiben. Malloy konnte hinterher nicht genau sagen, woher der Schuss gekommen war, doch Bass war mit einer Kugel im Kopf zu Boden gegangen. Zu seiner Ehrenrettung hatte Malloy die Stellung gehalten, doch der Mörder war schon längst über alle Berge. Zwei Wochen später, am 20. November, wurde der Boyle-Cowboy Jimmy Clark in Yuta City in den Rücken geschossen, und der Krieg in Yuta County war entfacht.
Als Richter Haynes im Frühjahr 78 mit der Sache betraut wurde, hatte es zwischen den beiden Lagern bereits fünf Tote und acht Verletzte gegeben, und es war sogar die Rede davon, Auftragsschützen aus dem Norden anzuheuern.
Sally Brennan hatte die Sache ins Rollen gebracht. Sie und Pete Boyle waren von Richter Haynes getraut worden, und während des Empfangs hatte der vom Alkohol redselige Haynes sie mit Anekdoten aus seiner richterlichen Vergangenheit unterhalten. Dies war gewiss der richtige Mann, um im Streit über die Nutzungsrechte des Big Wet zu vermitteln, überlegte sich die frischgebackene Mrs. Boyle.
Es hatte drei Monate gedauert, die Brennans und die Boyles auf neutralem Boden im Gerichtshaus von Yuta City mit Haynes zusammenzubringen. Der Richter befand, dass sich die gegnerischen Forderungen die Waage hielten. Beide Seiten hatten den Big Wet über Jahre hinweg immer wieder einvernehmlich genutzt, und es hatte stets genug Wasser gegeben. Einzig die Dürre von 1877 und der Streit der beiden toten Männer, dessen Anlass inzwischen leider vergessen war, hatten daraus eine ernste Sache werden lassen. Doch so oder so, der Streit gehörte beigelegt, damit es nicht noch mehr Tote und Verletzte gab.
Der Richter war Sportsmann und Humanist. In seiner Jugend war er ein guter Ringer gewesen, Cumberland-Stil,und ein beachtlicher Läufer. Er hatte Plato, Sophokles und Ovid verschlungen sowie zahlreiche Schriften anderer klassischer Denker, die den Grundstein der westlichen Philosophie bildeten. Haynes wusste, dass die Römer und vor allem die Griechen die Ersten gewesen waren, die organisierte Sportfeste abgehalten hatten. Tatsächlich zeugten die Panhellenischen Spiele, deren bedeutendste die Olympischen Spiele waren, von einer sehr viel höher entwickelten Sportkultur als die wild abgehaltenen Baseball-Ligen, Straßenläufe und improvisierten Faustkämpfe, die das sportliche Treiben in den Vereinigten Staaten bestimmten.
Wie, also,
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