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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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goss Wasser in die weiße Porzellanschüssel auf ihrer Kommode.
    »Die ganze Bande. Die sind wie eine Familie für mich.«
    Moriarty tunkte den Rasierpinsel ins Wasser und schlug die Rasierseife im Einseifbecken zu festem weißem Schaum.
    »Eleanor«, sagte er und starrte auf den Rasierpinsel, »wenn der Krieg nicht gewesen wäre, hätte ich den Zehn-Meilen-Weltrekord knacken können. 50 Minuten! Ich wäre die Meile in fünf Minuten gelaufen, und das über die ganze Strecke.«
    Eleanor benetzte ihren makellos hellen Teint mit Wasser und musterte sich im Spiegel.
    »Niemand kann für immer und ewig Sportler sein«, sagte sie. »Überlass das Laufen Buck und Billy Joe.«
    Moriarty seifte sich großzügig ein und musste niesen, als ihm der Schaum in die Nase drang.
    »’nen Teufel werde ich tun. In mir steckt noch ein großer Lauf, Eleanor … Ich spüre es.« Er zog die Haut seiner rechten Wange straff und ließ das Rasiermesser darübergleiten.
    Eleanor trocknete sich das Gesicht ab. »Du blickst in einen ziemlich schmalen Spiegel«, sagte sie und drehte sich zu ihm um.
    Moriarty zog das Rasiermesser über den Streichriemen. »Wie meinst du das?«
    Sie stellte sich hinter ihn und sah ihm beim Rasieren zu. »Seit San Francisco spüre ich etwas.«
    Er legte die Klinge weg, drehte sich zu ihr um, fasste sie bei den Schultern und sah auf ihren Bauch.
    »Bist du etwa schwanger?«
    »Schön wär’s«, sagt sie. »Nein, ich meine unsere Arbeit, unsere eigentliche Arbeit im Theater. Ich hab das Gefühl, es läuft richtig gut.«
    Er ließ sie los, griff nach dem Messer und fuhr fort, seine rechte Wange zu rasieren. »Es war immer gut«.
    »Falsch.« Sie sah seinem Spiegelbild in die Augen. »Manchmal war’s gut. Oft war’s grauenhaft. Erinnerst du dich an den Julius Caesar in Canyon City?«
    »Als dieser Navajo reinkam und vor Angst brüllend wieder rausrannte, weil Buck und Billy Joe mich gerade auf der Bühne erdolchten?«
    »Genau.«
    Moriarty lächelte in den Spiegel. »Nun, es ist schließlich nicht meine Schuld, wenn eine dämliche Rothaut Theater und Wirklichkeit nicht unterscheiden kann.«
    »Kannst du das denn?«
    »Kann ich was?«
    »Es von der Wirklichkeit unterscheiden?«
    Moriarty beendete seine Rasur, betrachtete sich im Spiegel und klopfte sich kaltes Wasser auf die Wangen. Dann trocknete er sich ab und drehte sich zu ihr um.
    »Eleanor, du sprichst in Rätseln. Dafür ist es noch zu früh am Morgen.« Er zog sie zu sich heran. »Was bedrückt dich denn?«
    »Du«, sagte sie. »Weißt du noch, damals, als wir hierhergekommen sind und du so große Pläne hattest?«
    Er sah sie feierlich an. »Die habe ich immer noch.«
    »Mr. und Mrs. Moriarty in Moriartys Theater des Westens – das hast du damals gesagt.«
    »Und ich meine mich zu erinnern, du hättest gesagt, das sei aber ’ne Menge Moriarty.«
    Lächelnd fuhr sie ihm mit den Fingerspitzen übers Brusthaar. Dann wurde ihr Gesicht wieder ernst. »Ich hab das Gefühl, du willst das gar nicht mehr. Jetzt, wo alles läuft wie geschmiert, die Englische Methode, Hochsprung gegen Pferde und das ganze Zeugs.«
    »Aber das bringt die Kohle. In A.P. Wagstaffes Bank in San Francisco liegen 60   000 Dollar. Mit dem Theater spielen wir mit Ach und Krach die Unkosten wieder ein, und das weißt du.«
    »Aber willst du denn noch immer ein Theater in San Francisco aufmachen?«
    »Moriartys Theater des Westens? Klar will ich das.«
    Sie sah ihn an. »Mir kommt es vor, als steckten wir mitten in einem Wettrennen. Als würden wir hinter dem Geld herhetzen, das wir für das Theater brauchen, ehe …«
    »Ehe was?«
    »Ehe etwas Schlimmes passiert.«
    »Es wird nichts Schlimmes passieren. Versprochen.«
    »Versprochen?«
    »Ja. Großes Ehrenwort.«
    Am 10. Juni trafen Buck und Billy Joe bärtig, ausgemergelt und auf völlig entkräfteten Pferden wieder in der Stadt ein. Moriarty hatte sie zum Baden und Massieren heimlich in Changs Badehaus bestellt, um das weitere Wochenprogramm zu besprechen. Stöhnend lagen die beiden Läufer in Changs randvoll mit heißem Seifenwasser gefüllten Holzzubern, und Moriarty zog ihnen ihre Abenteuer in Camp Scotia aus der Nase. Das Geld interessierte ihn gar nicht, er wollte nur wissen, wie es ihnen ergangen war und was sie bei den Sioux erlebt hatten.
    »Wie waren denn diese Indianermädchen?«, fragte er.
    Buck antwortete als Erster. »Igendwie räucherig«, sagte er.
    »Wie Schweinespeck«, sagte Billy Joe.
    Moriarty lachte. Er erklärte,

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