Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
bedanken!“
Jacob lächelte schüchtern. „Ich habe sie sehr lieb“, sagte er leise. „Ich muss mich noch daran gewöhnen, dass ich jetzt auch andere Eltern habe.“
„Irgendwie bekommen wir das hin“, sagte Inga und strich Jacob über die Wange. Dann lächelte sie Tom und Finn zu. „Drillinge – wow!“, sagte sie. „Ich brauche sicher auch noch eine Weile, um mich an den Gedanken zu gewöhnen!“ Die Jungen mussten lachen.
„Kommt Kinder“, mischte sich nun Martin ein. „Es wird Zeit, dass wir von hier verschwinden. Sonst entdeckt uns vielleicht doch noch jemand!“
Sie hatten Glück – auf dem Weg hinaus trafen sie keine Menschenseele. Und auch auf den Straßen achtete niemand auf sie. Vermutlich sahen sie aus wie eine ganz normale Familie.
„Schade, dass wir nicht mit dem Auto fahren können“, sagte Martin. „Und Geld für die Straßenbahn haben wir auch nicht. Da müssen wir wohl den ganzen Weg zu Fuß gehen.“
„Ich glaube, so viel bin ich in meinem ganzen Leben noch nie gelaufen, wie in den letzten Tagen“, stöhnte Jacob.
„Können wir nicht bei dir zuhause anrufen?“, fragte Finn. „Ihr habt doch ein Telefon?“
„Ja schon“, antwortete Jacob trübselig. „Aber dazu müssen wir ja jemanden finden, der auch eins hat.“
„Wir brauchen auch so ein Handy“, sagte Tom und kickte missmutig einen Stein über den Gehweg.
„Ich habe eins“, sagte Martin, „aber das wird dir hier herzlich wenig nützen. Sie funktionieren in achtzig Jahren doch ein wenig anders als heutzutage.“
„Ach kommt, Kinder, lasst uns einfach losgehen“, sagte Inga und ging voraus. Finn sah ihr fassungslos hinterher. „Sie sieht ja genauso aus wie du, wenn du irgendwohin gehst und eigentlich keine Lust hast“, sagte er zu Tom. Tom grinste. „Ich dachte gerade dasselbe über euch beide“, kicherte er.
„Wartet mal kurz.“ Martin hielt die beiden Jungen am Ärmel fest, bevor sie hinterher laufen konnten. Jacob, der von den letzten Sätzen nichts mitbekommen hatte, lief jetzt neben Inga. „Schaut mal, wie ähnlich die beiden sich sehen“, lachte er. „Kann es sein, dass ihr irgendwie verwandt seid?“
Zum zweiten Mal an diesen Tag standen sie vor Jacobs Elternhaus. Nachdenklich kratzte Jacob sich am Hals.
„Die werden einen fürchterlichen Schrecken bekommen“, prophezeite er.
„Hoffen wir mal, dass sie sich vor allem freuen, dich wieder zu haben“, entgegnete Martin. „Gefällt mir übrigens sehr gut, euer Haus mit dem großen Garten davor. Ich bin ja sehr gespannt, wie es in dieser Zeit von innen aussieht.“
Vorsichtig öffnete Jacob das große, schmiedeeiserne Gartentor und zusammen betraten sie das Grundstück. Noch während sie die breite Auffahrt entlanggingen, wurde die Eingangstür aufgerissen.
„Jacob!“, rief eine Frauenstimme, und Jacob antwortete: „Mama!“, lief auf sie zu und warf sich in ihre Arme. Blind für alles andere, brauchte Jacobs Mutter eine Weile, um zu bemerken, dass die anderen näher gekommen waren. Ihr Blick fiel auf die Erwachsenen, dann auf die Kinder, und sie riss erstaunt die Augen auf.
„Oh mein Gott“, stöhnte sie.
Johannes von Anbach erschien in der Tür. Er war vielleicht einen Kopf kleiner als Martin und begann um den Bauch herum recht stattlich zu werden. Zudem trug er einen dunklen Schnauzbart. Er sah sich verwirrt um und sein Blick fiel zuerst auf seine Frau, die Jacob umarmte und nicht loslassen wollte, dann auf die Erwachsenen und auf die beiden anderen Kinder, die seinem eigenen Sohn so ähnlich sahen. Mit belegter Stimme räusperte er sich.
„Wollen Sie nicht vielleicht zuerst einmal hineinkommen?“, fragte er höflich. „Es sieht so aus, als gäbe es viel zu bereden.“
„Das ist sehr freundlich von Ihnen“, sagte Inga, die mit einem kleinen, ein wenig wehmütigem Lächeln der Begrüßung zugesehen hatte. Höflich geleitete Herr von Anbach seine Gäste in einen hübschen Salon. Seine Frau hielt Jacobs Schulter so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden, aber das schien sie gar nicht zu bemerken. Jacob dagegen war ganz offensichtlich außer sich vor Freude, wieder zuhause zu sein. Begeistert stellte er Tom und Finn vor und erzählte seinen Eltern, dass sie gerade von der Sophienkirche zu Fuß hierher gelaufen waren, wobei er wohlweislich vorerst die Geschichte mit der Zeitreise ausließ.
Herr von Anbach nahm den Besuchern höflich die alten Jacken und Hemden ab, die sie aus dem Keller der
Weitere Kostenlose Bücher