Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
nach euren Freunden gucken. Ihr habt lange genug so gelebt, und ich gebe zu, ihr habt das ganz hervorragend gemacht. Aber so sollten Kinder nun einmal nicht leben. Wir werden Lösungen für alle finden; vielleicht wäre das Kinderheim von Fräulein Winter erst einmal eine gute Lösung. Dir ging es doch da recht gut, Finn, und wenn es an Geld fehlt, nun, da sind wir ja auch immer noch da.“
Finn sah verstohlen von einem Erwachsenen zum anderen. Herr von Anbach schien ganz zufrieden mit sich zu sein, während seine Frau immer noch bedrückt vor sich hin starrte. Auch Inga schien tief in Gedanken versunken. Nur Martin fing seinen Blick auf und zwinkerte ihm aufmunternd zu. Tom nickte neben ihm langsam.
„Das Kinderheim wäre eine Lösung“, sagte er nachdenklich, „wenn Finns Fräulein Winter uns denn haben will.“
„Nun, das wäre der nächste Punkt“, sagte Herr von Anbach herzlich. „Ihr seid Jacobs Geschwister, und für euch gibt es ja nun wirklich ausreichend Eltern hier. Wir haben gestern Abend noch sehr lange darüber gesprochen, und sind zu dem Schluss gekommen, dass ihr selber aussuchen solltet, bei wem und in welcher Zeit ihr leben wollt. Natürlich steht auch als Jacobs Brüdern unser Haus jederzeit offen, aber genauso würden sich Inga und Martin freuen, wenn einer oder sogar alle von euch sich entschließen sollten, bei ihnen zu leben. In jedem Fall wird euch aber ein liebevolles Zuhause und eine gute Ausbildung sicher sein. Außerdem wird unsere Familie demnächst einige Jahre im Ausland leben, aus politischen Gründen, von denen wir gestern Abend erfahren haben. Falls ihr euch entschließen solltet, hier bei uns zu bleiben, wird das euren Sprachkenntnissen sicher sehr zugute kommen.“ Herr von Anbach warf einen Blick auf Martin und Inga, den diese lächelnd erwiderten.
Finn konnte kaum glaube, was er hörte. Sie sollten selbst entscheiden dürfen! Das war besser als alles, was er gehofft hatte.
„Müssen wir uns sofort entschließen?“, hörte er Tom neben sich zaghaft fragen. Dieses Mal war es Martin, der antwortete.
„Nein, mein Junge“, sagte er ernst. „Wir sind sogar im Gegenteil der Meinung, dass ihr eine Weile darüber nachdenken solltet. Auch für euch ist diese Situation ja noch recht neu, und wie ihr euch auch entscheidet – euer endgültiges Zuhause wird dann in dieser Zeit sein.“
Die drei Jungen warfen sich verstohlene Blicke zu. „Jacob wird bei seinen Eltern bleiben“, dachte Finn. Und Tom? Tom liebte das zwanzigste Jahrhundert, das Essen dort, die Kleidung, überhaupt alles. Und dort hätte er eigene Eltern. Finn konnte sich sehr gut vorstellen, wie Tom sich entscheiden würde. Aber was war mit ihm selber? Er, Finn, wollte sich am liebsten von keinem seiner Brüder trennen. Auch gab es hier in dieser Zeit Menschen, die ihm wichtig waren, wie das gute Fräulein Winter, Rosie natürlich und, wie er sich ein wenig verlegen eingestand, auch Lucy. Andererseits war das Jahr 2005 schon großartig mit seinen Autos und seinen Pommes und den Stoffschuhen und Computern.
„Denkt in Ruhe darüber nach“, sagte Inga und lächelte ihm liebevoll zu. „Zunächst einmal gibt es sowieso noch einiges, was hier in dieser Zeit erledigt werden muss. Ich denke, wir fahren zuerst einmal zu eurem Haus und kümmern uns danach um die Schmidts. Mit denen haben wir ein Wörtchen zu reden, würde ich sagen.“
Das Auto der von Anbachs war recht groß, aber für vier Erwachsene und drei Kinder doch recht eng. So entschloss sich Frau von Anbach, vorerst zu Hause zu bleiben, vorausgesetzt, wie sie sagte, dass sie alle Kinder so bald wie möglich wieder zu sehen bekäme – was ihr gerne zugesichert wurde.
So machte man sich im schönen Auto Herrn von Anbachs auf den Weg.
„Ich bin noch nie in meinem Leben so viel Auto gefahren“, flüsterte Finn zu Tom hinüber.
„Genau genommen gar nicht“, kicherte Tom. „Und dann gleich noch in so tollen Autos!“
Martin hatte ihn wohl gehört, denn er drehte sich zur Rückbank um.
„Ausgenommen natürlich mein kleines Auto“, grinste er. „Aber welches gefiel dir am besten?“
„Ich glaube, das rote flache Auto des Grafen“, antwortete Tom nachdenklich.
„Der Graf hatte ein rotes, flaches Auto?“, rief Martin entsetzt. „Du liebe Güte! Er kann es doch nicht lassen. Das klingt nach einem Ferrari! Auf die Dinger war er schon immer scharf! Kinder, wir dürfen uns in dieser Zeit nicht allzu viel Zeit lassen. Die Gefahr ist recht
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