Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
schon da gewesen. Allein dadurch, dass wir ihm nichts von dem Versuch erzählt hatten, hatte sich die Vergangenheit für ihn tatsächlich so verändert, dass die im Stein eingekratzten Buchstaben dagewesen waren, solange er sich erinnern konnte. Schließlich wagten wir einen dritten Versuch – zumindest glaube ich das. Wir baten unseren Freund, den Grafen, selbst etwas in der Zeit zu verändern. Wir wussten davon – und trotzdem bin ich bis heute sicher, dass das heraus gebrochene Stück Backstein am Haus meiner Eltern in Burgfeld schon seit meiner Kindheit fehlt. Meine Mutter hat dort immer zu Ostern ein Osterei versteckt, das weiß ich genau – und sie weiß es auch noch, ich habe sie gefragt. Der Graf aber behauptet, das Stück Stein bei einem Versuch im Jahre 1994 – minus achtzig Jahre – herausgeschlagen zu haben. Wir sind bis heute nicht sicher, ob es da irgendwelche Gesetzmäßigkeiten gibt.
Natürlich versucht man ohnehin, größere Eingriffe in die Zeit zu vermeiden. Buchstaben in Steinen sind kein Problem, aber was, wenn man versehentlich verhindert, dass die eigenen Eltern sich kennen lernen? Wir wollten das nie ausprobieren.“
„Dann müssen die Kinder also hier gewesen und verschwunden sein“, folgerte Herr von Anbach. Nachdenklich gingen die Erwachsenen in die ehemalige Küche um sich dort noch einmal genauer umzusehen, während die Kinder in dem Raum blieben, in dem bis vor kurzem die Jungen geschlafen hatten.
„He, was ist das denn?“, rief Tom aufgeregt. Er hatte, noch während die Erwachsenen sich unterhielten, all die Stellen genauer in Augenschein genommen, an denen bis vor zwei Tagen jeder seinen Schlafplatz gehabt hatte. An der Wand hinter Rudolfs Lagerstätte war er fündig geworden. Jemand hatte mit einem schwarzen Stift Buchstaben auf einen alten Tapetenrest geschrieben, der an der Wand klebte.
„Ich kann’s nicht lesen“, schimpfte Tom. „Was steht da?“ Finn und Jacob waren inzwischen zu ihm hinüber gekommen und sahen sich die kleinen Buchstaben genauer an.
„Da steht: ‚Schmidt, Vorsicht, Anton’“, entzifferten Jacob und Finn mühevoll die kleinen Buchstaben.
„Schmidt Vorsicht Anton? Was soll denn das heißen?“, fragte Tom verblüfft.
„Ich denke mal…“, begann Finn nachdenklich, als er von einer Männerstimme unterbrochen wurde.
„Das bedeutet, dass die Heinz Schmidt hier ist und endlich den Kristall haben will!“
Finn erstarrte. In der Tür stand Heinz Schmidt. Er sah sehr wütend aus – und er hielt eine Waffe in der Hand!
„Los Kinder, schnell jetzt!“, sagte Heinz Schmidt. „Gebt mir den Kristall und dann lasse ich euch in Ruhe!“
Doch noch bevor die Kinder reagieren konnten, wurde der große Mann von hinten durch den Türrahmen geschubst und die Waffe flog ihm aus der Hand.
„Das glaube ich nun wirklich nicht!“, schimpfte Herr von Anbach, der hinter Heinz Schmidt im Türrahmen aufgetaucht war. Er drehte den Mann zu sich herum fasste ihn am Kragen und ballte die Faust vor seiner Nase. Heinz Schmidt war um einiges größer, aber Herr von Anbach schien wirklich wütend zu sein.
„Mit dem würde ich mich auch nicht anlegen“, dachte Finn atemlos. Doch noch bevor die Situation in eine Schlägerei ausarten konnte, wurden die beiden Männer in den Raum hinein geschoben. Hinter ihnen stand Martin, der die beiden Kampfhähne fassungslos ansah.
„Michael!“, rief er.
„Martin!“ Der Mann, der sich Heinz Schmidt genannt hatte, schlug die Hände vor den Mund. Dann sah er, wer hinter Martin stand. „Inga, du auch?“, stöhnte er. Er sah aus als sei ihm plötzlich schwindelig. Kraftlos ließ er sich auf den Boden sinken. „Endlich“, seufzte er. „Endlich sind wir gerettet!“
„Seit beinahe zehn Jahren hängen Eva und ich in dieser Zeit fest“, erzählte der Mann, den Finn als Heinz Schmidt gekannt hatte, und der sich nun als ehemals guter Freund und Zeitreisekollege von Inga und Martin entpuppt hatte. „Wir waren zu einer Expedition in das Jahr 1915 aufgebrochen, aber als wir zur Burgruine kamen um zurück zu reisen, war der Kristall fort. Wir saßen achtzig Jahre vor unserer eigenen Zeit in der Vergangenheit fest und es gab keine Spur von dem Kristall. Wir suchten die ganze Umgebung ab und fanden nichts. Uns blieb also nichts anderes übrig, als uns in diesem Jahrzehnt so gut es ging einzurichten. Zum Glück war Geld kein Problem – wir wussten ja immer schon im Voraus, was passieren würde. So investierten wir
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