Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
wissen, wie die Geschichte ausgegangen ist, ja?“
Mit diesen Worten drehte sie sich um und eilte zurück. Die Jungen sahen ihr verblüfft nach.
„Was war das denn eben?“, stotterte Finn.
„Es war ein bisschen wie ein Wirbelsturm“, kicherte Tom.
„Ich weiß nicht, wie ihr das gemacht habt“, ließ sich der Mann namens Anton vernehmen, „aber irgendwie scheint ihr den Abenteuergeist in unserer guten Anna geweckt zu haben. So habe ich sie lange nicht mehr erlebt.“
Er stapelte einige Kisten in einen der Körbe.
„Wenn ihr mir helft, sind wir schneller fertig. Könnt ihr Willibald anspannen?“
Willibald erwies sich als großes, hübsches Maultier. Keiner der Jungen hatte jemals ein Pferd, geschweige denn ein Maultier, vor einen Wagen gespannt, und so zeigte Anton ihnen geduldig, was sie zu tun hatten. Ohne dass sie sich abgesprochen hätten, achteten Finn und Tom darauf, stets auf je einer Seite des Wagens zu sein, so dass keiner bei einem flüchtigen Blick in ihnen die Zwillinge erkennen und eventuell Fragen stellen konnte.
Schließlich war alles fertig und die drei kletterten auf den Kutschbock. Langsam lenkte Anton den Wagen durch die schmalen Gassen des kleinen Städtchens. Finn zeigte Tom ein bisschen wehmütig die Schule, durch deren Fenster man die Köpfe seiner ehemaligen Mitschüler sehen konnte, die gerade beim Unterricht saßen. Schließlich erreichten sie die Allee, welche nach Hohenstadt führte. Hier ließ Anton sein Maultier ein wenig schneller laufen. Nach einer Weile drückte er plötzlich Tom die Zügel in die Hand und bat ihn, doch mal kurz seinen Willibald zu lenken. Finn sah, wie ein Strahlen über das Gesicht seines Bruders ging und wünschte sich glühend, an seiner Stelle zu sein. Tom saß so gerade da, als hätte er einen Stock verschluckt und war offensichtlich bemüht, die Aufgabe ordentlich auszuführen, obwohl Finn insgeheim vermutete, dass das gutmütige Tier überhaupt keine Anleitung brauchte. Er nahm eher an, dass Willibald die Strecke schon im Schlaf kannte.
Anton hatte sich derweil nach hinten gewandt und wühlte in einem seiner Körbe herum. Schließlich fand er, was er gesucht hatte; ein in fettiges Papier gewickeltes Paket, welches er sogleich auspackte. Darin waren einige dicke Dauerwürste, von denen er den Kindern sogleich etwas anbot. Finn bedankte sich und griff nur zu gerne zu; allzu verlockend rochen die geräucherten Würste. Tom jedoch mochte die Zügel noch nicht abgeben, und so entschieden die Jungen, dass zuerst Finn seine Wurst essen sollte und danach Willibald führen, während Tom etwas aß.
Anton hörte den Diskussionen der Jungen schmunzelnd zu. Er schien wirklich ein sehr netter Mann zu sein.
„Woher kennen Sie eigentlich Anna?“, fragte Finn ihn neugierig.
„Ach, mein Junge“, lachte Anton, „das ist schon viele Jahre her. Sie lebte damals in Hohenstadt. Ihr Mann war Seemann, hat sie euch von ihm erzählt?“
Die Jungen nickten.
„Tja, und damals arbeitete sie als Verkäuferin bei meinem Vater, der auch schon Fleischer war. Ich glaube, ich war damals ein wenig verliebt in Anna. Sie war ja auch ein richtig hübsches Mädchen. Aber natürlich“, setzte er hinzu, „war ich viel zu jung für sie, und sie war ja auch verheiratet. Aber wenn wir uns sehen, freuen wir uns trotzdem immer.“
„Wie viel jünger sind Sie denn?“, fragte Tom, ohne den Blick von der Straße und dem runden Hinterteil des Maultiers zu lenken.
„Oh, ganze sieben Jahre!“, antwortete Anton in Gedanken versunken.
„So viel ist das nun auch wieder nicht“, sagte Tom.
„Stimmt“, bestätigte Finn mit dem Mund voller Wurst. „Wenn Anna hundert Jahre alt ist, sind Sie auch schon dreiundneunzig!“
Anton musste bei dem Gedanken kichern.
„Und verheiratet ist Anna auch nicht mehr!“, fügte Tom noch hinzu.
„Hmmm.“ Anton dachte nach. „So ganz unrecht hast du da natürlich nicht. Ich hab das nur nie… ich meine, sie war immer…“
Er schwieg verwirrt. „Vielleicht sollte ich ihr mal Blumen mitbringen?“, grübelte er.
„Oder ein paar Würste. Die sind wirklich lecker!“, schlug Finn vor. Anton warf ihm einen ungnädigen Blick zu.
„Man kann einer Frau doch keine Würste schenken!“, sagte er.
„Also, wenn sie so lecker sind“, fiel Tom ein, der inzwischen Finn die Zügel gegeben hatte und selber in eine Wurst gebissen hatte, „dann sollte man das vielleicht doch tun!“
Anton lachte.
„Ihr seid mir schon zwei“, sagte er
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