Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
undurchdringlicher vor als tagsüber. Wie sollte sich bei all den Stacheln, die so eine Brombeerhecke nun einmal hatte, etwas darunter verstecken? Oder war diese Hecke vielleicht erst Jahre später gewachsen, und der geheime Zugang oder wonach auch immer sie suchten, war darunter gar nicht mehr zugänglich?
Plötzlich blieb Finn erstaunt stehen. Wonach genau suchten sie eigentlich? Wie hatte es in dem Papier genau geheißen? Hatte Rudolf nicht etwas von den geheimen heiligen Gemächern des Grafen vorgelesen? Heilig – konnte das nicht die ehemalige Kapelle sein? Aber wenn diese Gemächer geheim waren, dann war in der Kapelle wohl nur der Eingang zu diesen Räumen, oder nicht?
Finn drehte sich im Kreis und versuchte, sich zu orientieren. Tagsüber wäre es ihm leicht gefallen, aber im Dunklen war er sich nicht ganz sicher, wo er lang musste. Dann jedoch fand er die kleine Türöffnung, die, wie er sich erinnerte, einen schmalen Gang entlang führte, der wiederum auf einem Innenhof der Burg endete. Von da aus waren es nur ein paar Schritte zu den Überresten der alten Kapelle.
Plötzlich blieb Finn erschrocken stehen. Hinter sich hörte er ein eigenartiges Geräusch, das ihm das Blut in den Adern erfrieren ließ. Schnell schob er sich in den Schatten in eine Mauerecke, aber das Geräusch kam immer näher. Es klang wie… ja, wie ein Keuchen. Und dann hörte er eine leise, atemlose Stimme: „Finn, um Himmels Willen, wo bist du???“
„Jacob?“ Finn war sich einen Moment lang nicht sicher, ob er Toms oder Jacobs Stimme gehört hatte, allerdings kam sie aus der Richtung, in die Jacob verschwunden war.
„Ja, ich bin es“, antwortete die Stimme, „und ich kann zum Donnerwetter noch mal nicht wie eine Eule pfeifen. Ich hab es versucht, aber ich glaube, das Einzige, was passiert ist, ist, dass die echte Eule da hinten vor Lachen tot vom Baum gefallen ist. Du, Finn, da hinten sind Leute !!!“
„Was?“ Finn starrte Jacob fassungslos an.
„Ja, da ist so ein… ich weiß nicht… ein Zimmer oder so, und von da geht eine Treppe hinunter und da brennt ein Licht und Menschen unterhalten sich. Ich wollte lauschen, aber…“ Er schwieg bedrückt.
„Ich hätte da auch Angst gehabt“, sagte Finn schnell. „Es ist besser, wenn wir die zusammen belauschen. Wir müssen Tom finden!“
Schnell legte er die Hände an den Mund und brachte einen ganz passablen Eulenschrei zustande. Und dann noch einen zweiten und einen dritten.
„So, ich hoffe, er hat das gehört“, sagte er. „Wir gehen am besten zu unserem Ausgangspunkt zurück und warten auf ihn.“
Tom kam wenige Minuten, nachdem Finn und Jacob am Rande der Burg angekommen waren.
„Habt ihr etwas gefunden?“, rief er aufgeregt.
„Pssssssssst“, zischte Jacob entsetzt. „Da hinten sind Leute, die dürfen uns nicht hören!“
Erschrocken schwieg Tom. Alle drei lauschten ängstlich, aber in der Burg bewegte sich nichts.
„Ich zeige euch, wo die Leute sind“, sagte Jacob. Jetzt, da er wieder mit seinen Brüdern zusammen war, war die schlimmste Angst vergangen. Leise machte er sich auf zu der Stelle, wo er den Lichtschein gesehen hatte. Seine Brüder folgten ihm.
Erst als sie fast da waren, erkannte Finn, wohin sie gegangen waren. Sie standen tatsächlich vor den Außenmauern der alten Kapelle. Und soweit Finn wusste, waren die Schmidts die einzigen Menschen, die von den geheimen Räumen wussten, da sie ja die Dokumente ebenfalls gelesen hatten.
Leise hielt Finn seine Brüder zurück und flüsterte ihnen zu, was er vermutete.
„Wir müssen versuchen, sie zu belauschen“, wisperte Tom zurück. Finn nickte nachdenklich. Leise tasteten die Jungen sich an der Mauer entlang und bis zu der Öffnung, wo vor langer Zeit einmal die Tür gewesen sein mochte. Im Sommer lag diese Stelle tagsüber in der Sonne, und Finn wusste, dass sich hier besonders gerne Salamander zwischen den Ritzen der warmen Steine aufhielten. Jetzt, in der Nacht, war es hier bitterkalt.
Vorsichtig streckten die Jungen ihre Köpfe um die Ecke. Tatsächlich, aus der gegenüberliegenden Ecke der Kapelle drang ein schmaler Lichtschein zu ihnen herüber, der direkt aus der Erde zu kommen schien. Außerdem drang leises Stimmengemurmel zu ihnen herüber, von dem man nur leider kein Wort verstehen konnte. Offenbar gab es da wirklich einen Eingang in ein unterirdisches Gewölbe.
„Ich trau mich da nicht rüber“, flüsterte Jacob. Das konnte Finn gut verstehen. Um zu dem Lichtschein zu
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