Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
Stimme hinter ihnen.
„Richard!“
„Derselbige in höchst eigener Person!“, lachte Richard und machte eine scherzhafte Verbeugung zu den Jungen hin. „Wartet, ich zeige euch, wie das mit den Sicherheitsschlössern funktioniert!“
Nach wenigen Minuten hatten die Jungen den Dreh raus.
„So, dann kommt mal rein“, sagte Richard und hob zwei schwere Tüten aus einem Material hoch, das sich ähnlich anfühlte wie die Tüte, in der das geschnittene Brot gewesen war, nur dass diese Tüten bunt und undurchsichtig waren. „Einkäufe“, erklärte er. „Wenn ich schon Besuch habe! Und wie war euer Tag?“
„Ach“, sagte Finn trübselig, „wir sind zu spät aufgestanden. Und Burgfeld hat keinen Pfarrer mehr.“
„Nein, schon seit Jahren nicht mehr“, bestätigte der alte Mann. „Der letzte Pfarrer ging vor zwanzig Jahren von hier weg. Ein lustiger Mann“, setzte er gedankenverloren hinzu. „Er trug immer eine Perücke, damit man nicht sah, dass er kaum noch Haare auf dem Kopf hatte. Stattdessen sah man dann aber, dass er eine Perücke trug, und das war auch nicht viel besser. Natürlich wagte keiner, ihm das zu sagen. Wir waren ziemlich gut befreundet!“
„Richard“, sagte Tom plötzlich, „weißt du vielleicht etwas über ein Baby, das hier in Burgfeld verloren gegangen ist, vielleicht vor ungefähr neun Jahren oder so?“
Richard betrachtete die Kinder nachdenklich, die ihn gespannt ansahen.
„Nein, mein Junge“, sagte er langsam, „darüber weiß ich nichts. Aber was haltet ihr drei davon, wenn wir erst einmal Abendbrot essen, und dabei erzählt ihr mir eure Geschichte? Vielleicht kann ich euch ja irgendwie anders weiter helfen?“
Der Vorschlag wurde mit großer Begeisterung aufgenommen. Die Kinder halfen Richard, den Tisch zu decken, und der alte Mann holte aus dem Kühlschrank einige Dosen aus einem sehr eigenartigen Material, hart, aber doch biegsam und sogar ein wenig durchsichtig. Die Dosen waren den Kindern am Nachmittag zwar aufgefallen, aber keiner war auf die Idee gekommen, hinein zu gucken. Jetzt öffnete Richard die Deckel und es fanden sich Wurst, Schinken und verschiedene Käsesorten, alle bereits in dünne Scheiben geschnitten, ebenso wie das Brot vorhin. Tom und Finn machten große Augen, als Richard ihnen je eine Scheibe Wurst reichte, nur Jacob war damit beschäftigt, mit dem Fingernagel gegen eine der merkwürdigen Dosen zu schnipsen.
„Plastik“, erklärte Richard mit einem Blick zu dem Jungen. „Benutzen wir dauernd. Es gibt fast nichts mehr, was ohne Plastik hergestellt wird.“
„Ist das so etwas Ähnliches wie Bakelit?“, fragte Jacob neugierig.
„Ja, Bakelit war einer der Vorgänger unseres heutigen Plastiks“, bestätigte Richard. „Es kam dann aber ein wenig aus der Mode. Welche Gegenstände kennst du denn aus Bakelit?“
„Oh, die Lichtschalter in unserem Haus sind daraus gemacht“, erklärte Jacob.
„Und aus welchem Jahr stammt ihr drei genau?“, fragte Richard. Die drei Jungen sahen sich verstohlen an.
„Ach kommt, Kinder“, sagte Richard. „Man merkt es doch daran, wie ihr redet, an euren Kleidern – zumindest denen, die ihr trugt, als ihr auf den Kirchenstufen gesessen habt. Jetzt sieht man es euch nicht mehr an.“
Finn lächelte. „Ja, danke für die Kleidung“, sagte er.
„1925!“, stieß Jacob hervor.
„So etwas Ähnliches dachte ich mir“, lächelte Richard. „Ich glaube mich zu erinnern, dass die Bakelitproduktion in großem Umfang erst später anlief. Wartet mal einen Moment. Oder nein, lasst uns erst essen, und dann zeige ich euch etwas.“
Die Kinder ließen es sich schmecken. Selbst für Jacob, dessen Adoptiveltern wirklich reich waren, war das Essen äußerst vielfältig. Es gab Tomaten, obwohl die um diese Jahreszeit doch noch gar nicht wuchsen, es gab drei verschiedene Brot- und fünf Wurstsorten, dazu Käse und ein dickes Paket Butter und außerdem kalten Kakao, den Jacob nur sehr selten, Finn und Tom dagegen noch nie getrunken hatten.
„Das ist heutzutage mehr oder weniger normal“, erklärte Richard auf die erstaunten Blicke der Kinder hin. „Na gut, vielleicht nicht, dass man bei einem Abendbrot so viele Wurstsorten auf dem Tisch hat, aber im Supermarkt kann man sie alle zu recht erschwinglichen Preisen kaufen. Und ich wollte euch doch etwas Besonderes bieten!“
„Großartig“, nuschelte Tom mit vollem Mund. „Wenn das Essen immer so ist, dann könnte es mir in dieser Zeit gefallen!“
„Aber nun
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