Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
verschwanden. Eine Antilopenherde jagte durch das Bild, und wieder drückte Richard einen Knopf. Und dann waren da plötzlich Schildkröten. Merkwürdige Schildkröten, die wie gemalt aussahen und sich wie Menschen bewegen konnten.
„Ha, die Ninja Turtles. Gute Idee, die hab ich lange nicht mehr gesehen!“, sagte Richard.
Eng zusammengeschmiegt saßen die drei Jungen aus der Vergangenheit auf dem Sofa und sahen ihre erste Fernsehsendung. Und dann noch eine und eine weitere. Niemand hinderte sie daran, denn Richard war bereits nach wenigen Minuten in seinem bequemen Sessel tief und fest eingeschlafen.
Finn gähnte ausgiebig und reckte sich. Es musste schon recht spät am Morgen sein; die Sonnenstrahlen hatten ihn an der Nase gekitzelt und aufgeweckt. Er sah sich im Zimmer um. Nein, er hatte sicherlich nichts von all den merkwürdigen Dingen geträumt. Der graue Kasten, der „Fernseher“, stand immer noch in der Ecke, aber jetzt war er stumm. Irgendwann war Richard doch aufgewacht, hatte einen Blick auf die Uhr und dann einen weiteren Blick auf die fasziniert dasitzenden Jungen geworfen, die gerade einen spannenden Bericht über Löwen in Afrika guckten.
„Kinder, wie wäre es, wenn ihr ins Bett geht?“, hatte der alte Mann gefragt. Sie hatten protestiert; viel zu aufregend war der Bericht im Fernsehen gewesen. Richard hatte gelacht. „Zumindest das macht ihr schon ganz wie heutige Kinder“, hatte er gesagt. Trotz allen Bettelns hatte er dann aber doch den Fernseher ausgeschaltet. Schließlich hatte er jedem von ihnen eine grellbunte Zahnbürste in die Hand gedrückt – jede in einer anderen Farbe – und ihnen befohlen, sich vor dem Schlafen gründlich die Zähne zu putzen. Das war für alle drei Jungen eine spannende Angelegenheit. Tom war das Zähneputzen überhaupt nicht gewohnt; lediglich in der kurzen Zeit, in der er im Kinderheim gewesen war, hatte man das von ihm verlangt. Seine Brüder erklärten das kurzerhand für unhygienisch, und so putzte er erst missmutig, dann mit wachsender Begeisterung. Auch Finn war begeistert. Die Zahnpasta schmeckte richtig gut, viel besser als das Zahnputzpulver, das man im Kinderheim benutzte. Jacob kannte immerhin Zahnpasta aus der Tube, die fast so aussah wie die von Richard, stellte aber fest, dass die Zahnpasta der Zukunft viel besser war als die Chlorodont-Zahnpasta, die sein Vater immer kaufte. Schließlich nahm sich jedes der Kinder noch eine zweite Portion Zahnpasta, um den Geschmack richtig zu genießen.
Nach einer Weile hatte dann allerdings Richard an die Tür geklopft und gefragt, ob sie noch lange brauchten, er wolle auch ins Bett. Da hatten sie schnell den Mund ausgespült, waren einer nach dem anderen auf die Toilette gegangen und hatten sich auf ihren Matratzen zusammen gerollt.
Finn war sehr gespannt, was dieser Tag wohl bringen würde. Zum ersten Mal würde er mit einer Bahn fahren; einer S-Bahn sogar! Jacob hatte ihnen gestern Abend noch erzählt, dass er schon einmal mit einer Eisenbahn gefahren war, bis nach Wien, wie er erzählte. Er hatte dort mit seinen Eltern Urlaub gemacht. Wien war die Hauptstadt von Österreich, sagte er, und die Autos und Kutschen fuhren dort alle auf der falschen Straßenseite. Finn hatte den Gedanken ulkig gefunden. Wie mochte das wohl sein, wenn man nach Österreich hinein fuhr – musste man dann an der Grenze die Straßenseite wechseln? Das gab doch bestimmt ein heilloses Durcheinander. Aber dann hatte er den Gedanken beim fernsehen doch wieder vergessen. Er nahm sich vor, Jacob bei nächster Gelegenheit mal zu fragen.
Die Sonne war weiter gewandert und kitzelte jetzt auch Tom an der Nase. Tom schlug langsam die Augen auf. Auch sein Blick fiel zuerst auf seine Brüder und gleich danach auf den Fernseher. Dann grinste er Finn ein wenig verlegen an.
„Guten Morgen!“, sagte er. „Ich glaube, in dieser Zeit gefällt es mir!“
Auch Jacob wachte nun langsam auf und räkelte sich.
„2005!“, sagte er anstelle eines Guten-Morgen-Grußes. Seine Brüder lachten.
„Ja, 2005 und Fernsehen und Computer“, bestätigte Finn.
„Und Ess-Bahn-Fahren!“, rief Tom begeistert.
Auf dieses Stichwort hin sprangen alle drei auf und liefen zum Badezimmer. Finn kam als erster an und durfte darum als erster die Toilette benutzen. Nachdem sich alle drei gewaschen hatten, liefen sie in die Küche und begannen, den Tisch zu decken. Als der Tisch beinahe fertig war, erschien auch Richard aus seinem Schlafzimmer, mit
Weitere Kostenlose Bücher