Finne dich selbst!
spielt Bass. Und ich gehe an die Theke und hole mir was zu trinken, und da spricht mich diese unglaublich scharf aussehende Schwarzhaarige an. Total eloquent. Ich hab natürlich ziemlich cool getan. In den nächsten Tagen haben wir uns immer wieder mal gesehen. Am Strand. Wir hatten viele gemeinsame Bekannte.« Die Psychobilly-Szene ist innerhalb der Subkulturen eine relativ kleine Szene und daher sofort sehr international.
»Und wie ging das weiter?«
»Wir waren zusammen essen, Viivi und eine Freundin von ihr aus Helsinki. Wir sahen uns einfach dauernd wieder. Durch puren Zufall.«
»That’s what he believes. Das glaubt er!«, schmunzelt Viivi vielsagend. Wir lachen, und Viivi legt Axel beruhigend die Hand auf den Arm und versichert: »No, no. I’m joking. War nur Spaß!«
Hermann und Ilse verstehen das auch ohne Übersetzung.
Als das Festival vorbei war, haben sie über Internet Kontakt gehalten, im Psychobilly-Forum, und sich E-Mails geschrieben. Axel lud sie ein nach Deutschland. Er lebte zu der Zeit in Duisburg. Viivi ist Fan der »Monsters«. Als die in Köln im Tsunami Club auftraten, kam sie, und Axel fragte sich vorsichtig: »Kommt sie wegen der Musik oder wegen mir?« Die ostwestfälischen Männer sind in Frauendingen etwa so reserviert wie die Finnen. Also einerseits durchaus sehr zurückhaltend, aber andererseits trotzdem sehr zielorientiert. »Mehr als eine Abfuhr geht nicht«, dachte Axel während des Konzerts.
»Ich habe dann meinen Arm um sie gelegt, und sie hat ihn nicht weggestoßen.«
Das war im März. Zufällig hatte Axel um diese Zeit auch Geburtstag. Ein schönes Geschenk. Im April kam Viivi noch einmal, natürlich wieder in Kombination mit Musik, zum Psychobilly-Festival »Satanic Stomp« in Speyer. Axel fuhr im Mai zum Festival nach Tampere. Sein erster Finnlandbesuch. Im Juli zog er nach Lahti.
»Ich hatte Viivi im April schon gefragt, was wäre, wenn ich nach Finnland käme.«
Ich sehe Viivi an. »Was hast du geantwortet?«
»Ja, das wäre schön.«
Die romantischste Liebesgeschichte, die ich kenne!
Ich selber habe Viivi bei der goldenen Hochzeit unserer Eltern kennengelernt. Ich war begeistert. Eine witzige, aufgeschlossene, charmante und charismatische, ganz wunderbare Frau. Aber eben mit Auffälligkeiten, den Tattoos. Ich glaube, kaum jemand in der Verwandtschaft weiß, dass Axel tätowiert ist, von Viivis Tattoos konnten sie nichts wissen. Von denen erfuhr die Verwandtschaft allerdings ganz schnell, als Viivi, weil ihr warm war, im Verlauf der Feier die Jacke auszog. Eine junge Frau mit bunten Comic-Motiven auf Armen und Körper, das gibt es zwischen Kutenhausen, wo wir wohnen, und Meßlingen, wo wir feierten, nicht oft zu sehen. In Finnland ist das fast normal. Da gibt es zwischen 20 und 40 kaum jemanden, der nicht tätowiert ist. Als Viivi ihre Haut zeigte, ruckten mehrere Dutzend Köpfe herum. Fast hätte man einen Arzt gebraucht, um die neugierigen Hälse wieder einzurenken. Auch Ilse kannte die Bilder noch nicht. Darum war ich nicht sicher, wie ihr Kommentar aussehen würde, als sie am nächsten Tag darauf zu sprechen kam.
»Viivis Tattoos waren ja
das
Gesprächsthema gestern Abend«, sagte sie.
»Und?«, fragte ich.
»Da haben sich ein paar ziemlich das Maul zerrissen.« Erstaunlicherweise sprach Ilse Hochdeutsch. Nun war ich wirklich gespannt. Axel auch. Wir hatten Viivi noch nichts übersetzt, aber auch sie verstand, in welchem Themenbereich wir unterwegs waren. Dann platzte es aus Ilse heraus: »Das geht die doch gar nichts an! Bei der nächsten Feier kriegen die das alle zurück. Ich mache mir die ganzen Arme voll mit Klebetattoos. Dann haben die aber erst mal was zu erzählen!«
Die Löwenmutter verteidigte ihr Junges. Wir hatten eine neue Frau in der Familie, Viivi. Axel grinste. »Ilse mag dich«, sagte er.
»Und mich geht das alles nichts an, oder?«, fragte Hermann. »Ich finde die Bilder nämlich auch ganz gut.«
»Vielleicht lasse ich mir auch eins in echt stechen.«
Hermann schaute seine Frau verblüfft an. »Du?«
»Worümme denn wohl nich?«
»Aber dann doch bestimmt ein brennendes Herz mit meinem Namen drin?« Hermann sah Ilse erwartungsvoll an.
Sie schaute kurz zu ihm, dann zu uns, dann grinste sie und sagte: »Dich hab ich doch schon am Hals, was soll ich dich da noch auf den Arm nehmen.«
Nun, im finnischen Garten, staunte ich erneut über Axel und Viivi. »Das war aber eine schnelle Entscheidung füreinander.«
Viivi lächelt. »Ich
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