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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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Messer schleift, sind die meisten Ehen glücklich, und Ehebruch ist relativ gering verbreitet.
    Allerdings teilt sich das finnische Leben ganz klar in zwei Hälften, in Sommer und Winter. Im Winter ist der Finne melancholisch, im Sommer überschäumend. Die Männer sind grundsätzlich eher melancholisch, die Frauen eher überschäumend. Wenn sich Finninnen treffen, unterscheidet sie oft nichts in Intensität und Geräuschpegel von impulsiven Spanierinnen oder ekstatischen Italienerinnen. Mamma mia! Allerdings: Wenn der Finne redet, hält er still. Er fuchtelt nicht mit den Armen. Seine Stimme erzählt, nicht sein Körper. Finnen reden ohne ihre Hände. Ich vermute, das liegt daran, dass das Land so kalt ist und man oft die Hände in den Taschen lässt. Anders als beim lärmenden Spanier, beim ausdrucksvollen Italiener. Wenn der Finne seinen Körper doch mal einsetzt, was äußerst selten vorkommt, dann ist seine Körpersprache extrem deutlich, Absicht und Wille sind dann in einer Klarheit zu sehen wie schnörkelloses finnisches Design.
    Der Finne ist gern für sich und wohnt bevorzugt weit auseinander. Vielleicht auch darum leben Finnen so weit nördlich, fernab von den meisten anderen Europäern. Körperkontakt ist ihnen unangenehm. Menschen anderer Nationen gehen oft impulsiv auf sie zu, rücken immer näher, auch wenn der Finne immer weiter zurückweicht, was den anderen noch mehr vorwärtsdrängen lässt. Gespräche, die in Helsinki begannen, haben sich so schon bis Lappland gezogen. Der Finne hält Abstand. Allerdings nicht, wenn er betrunken ist. Wenn er wieder nüchtern ist, erinnert er sich nicht daran, dass er mal betrunken war, und hält wieder Abstand. Niemand wird hier grundlos gegrüßt.
    Viivi sagt: »Finnland ist ein Land für Individualisten.«
    Viivis Schwägerin Heidi sagt: »Für Leute mit schlechten Manieren ist es ein tolles Land!«
    »Aber«, sagt Axel, »ich habe hier Sachen erlebt, die erlebst du woanders nicht. Ich war auf der Post, immerhin auf Lahtis Hauptpost. Beim Bezahlen habe ich erst gemerkt, dass ich zu wenig Geld dabeihatte. Da sagt die Post-Frau zu mir: ›Bezahl beim nächsten Mal.‹ Wo sonst gibt es das denn?«
    Die Finnen sind freundlich und zugänglich. Hier hört man mehr zu und unterbricht weniger. Der Finne ist tolerant bis zur Selbstverleugnung. Obwohl er als verschlossen gilt, ist sein Haus offen. Um das Haus herum kennt er weder Zaun noch Hecke. Vor allem ist der Finne extrem reinlich. Nicht nur durch die ständigen Saunagänge. Finnland ist mindestens so sauber wie eine schwäbische Kleinstadt. Nichts liegt herum. Kein Parkplatz ist vermüllt. Allerdings gibt es nur wenig Parkplätze. Es ist auch so genug Platz vorhanden, um einfach mal anhalten zu können.
    Der Finne führt ein Leben am und im Wasser, und bei manchen Finnen muss man Körperteile schon als »schwimmhäutig« werten. Vielleicht darum kann der Finne fischen wie kein Zweiter, zu jeder Jahreszeit, besonders gern im Winter, wenn der Fisch sich unterm Eis sehr sicher fühlt. Der Finne kann den Fisch in jeder Größe in Sekundenschnelle angeln, töten, ausnehmen, entgräten, räuchern und verspeisen. Eine Kette wie »Nordsee« ist in Finnland undenkbar. Leider gibt es trotzdem Remoulade.
    Der Finne liebt Bäume. Und er liebt seine Frau. Darum macht es der Finne seiner Frau auch warm und gemütlich im Haus, und er teilt jeden Baum sauber auf in Teile, mit denen er das Haus baut, also die Stämme, und Teile, mit denen er das Haus heizt, wie Äste, Zweige und Scheite. Wenn das Haus fertig ist, werden auch die Stämme zum Heizen genommen. Mit den ganz dünnen Zweigen schlägt sich der Finne in der Sauna, dann ist auch das erledigt, und er muss nicht mehr seine Frau schlagen.
    Die Frauen sind unabhängig und selbständig. Frauen sind in Finnland dermaßen emanzipiert, dass man sich bis zum Winter 2011 sogar eine Kanzlerin und eine Präsidentin leisten konnte. Das muss man sich erst einmal trauen. Finnland war das einzige Land mit weiblichem Doppel, mit zwei Frauen an der Staatsspitze! Finnland führte auch als erstes Land in Europa das Frauenwahlrecht ein, im Juni 1906 . In der Schweiz dauerte das bis 1971 und im Schweizer Kanton Appenzell Innerrhoden trat dieses Recht sogar erst 1990 in Kraft. In Liechtenstein gibt es das Frauenwahlrecht seit 1984 . Und in diese beiden Länder transferieren manche ihr Geld!
    Jeder Finne kann mit verbundenen Augen mindestens vier Beerenarten erkennen, zwei Geschlechter und den

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