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Finnen von Sinnen - Finnen von Sinnen

Titel: Finnen von Sinnen - Finnen von Sinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Eilenberger
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Besuchern, meist blutige Anfänger, deren erste Würfe sich in den tiefen Ästen der Uferbirken verhaken, natürlich ungeheuer und enorm erscheint - umso mehr, als ich hin und wieder
einen finnischen Fachterminus einfüge und damit das im Deutschen ja schon völlig zu Recht als Spezialvokabular geltende Anglerlatein flüssig in eine dritte Sprache übertrage. Auf längeren Ruderfahrten weiß ich auch manches über Etymologien und kulturelle Hintergründe auszuführen, etwa, dass der Köder im Finnischen auch kuva genannt wird, kuva aber ursprünglich nichts anderes als »Bild« bedeutet, womit der angelnde Finne dem angelnden Finnen, nicht wahr, ja fast schon so etwas wie eine Lebensphilosophie nahelegt. Schließlich zählt der Gedanke, dass wir als wahrnehmende Menschen kaum etwas anderes tun, als ein Leben lang irgendwelchen Scheinbildern nachzujagen, zu den ältesten und wahrsten der abendländischen Kultur, zu welcher die finnische, wie ich schließe, recht bedacht nicht gezählt werden darf.
     
    Doch was antworte ich jetzt nur?
    Liebe Miri, auch dir alles Gute! W.

URHEILU - SPORT

KÖRBE
    W olf? Wo-olf?«
    »Hier, am Steg, Schöne!«
    »Hab’s schon gedacht, du bist weggelaufen.«
    »Wieso denn?«
    »Na ja, wärst du nicht das erste Mann.«
    »Ich wollte nur frische Luft schnappen.«
    »Hat dir wieder schlecht geträumt?«
    »Ein bisschen.«
    »Brauchst du aber keines Angst zu haben.«
    »Angst?«
    »Na, du weißt schon. Mit das alles hier und so.«
    »Hm.«
    »Kömm zürück, ich zeige dich dann was.«
    »Was denn?«
    »Ist einer Überraschung.«
    »In der aitta ?«
    »Ja, schnell dann. Sonst gehen der ganze Mücken mit rein.«
     
    Also kömme ich. Meine finnische Frau wartet nämlich nicht gerne. Als ich eintrete, kriecht sie auf allen vieren
zum Etagenbett und zieht einen hellblauen Schuhkarton darunter hervor. Das rote Frotteehemd rutscht weit nach oben, und das Papier raschelt verheißungsvoll.
    »Noch nicht gücken!«
    »Schon gut, guck ja nicht.«
    »Jetzt kannst du.« Meine Frau hält mir die geöffnete Schachtel hin.
    »Wow. Sehr sportlich. Sind die von Adidas?«
    »Ja. Habe ich aus der Laden in Mitte. Extra für das Kirche gekauft.«
    »Wusste gar nicht, dass die auch Stöckelschuhe haben.«
    »Ist von eines Japaner designt. Wie gefallen dir der Farben?«
    »Blau mit weißen Streifen. Schön. Passt perfekt zu meinem Hemd.«
    »Habe ich auch gedacht. Kleines Witz muss schon sein, weißt du.«
    »Mit denen bist du aber noch mal zehn Zentimeter größer.«
    »Du sagst doch immer, stört dich nicht.«
    »Stört mich auch nicht.«
    »Willst du dann mal anlangen?«
    »Die Schuhe?«
    »Na ja, kannst du dir das aussuchen.«
    »Du, Süße, wir heiraten in fünf Stunden.«
    »Na ünd? Merkt es doch keiner.«
     
    Ihr Gesicht steht über mir, rund und groß wie der Mond. Wie einst. Wie immer. Wie damals, noch bevor
es begann, als wir auf dem windverwehten Basketballplatz unseres andalusischen Dorfes miteinander spielen lernten. Meine finnische Frau ließ mich ein ums andere Mal vorbeiziehen, lockte mich so in die Zone, um dann plötzlich, just in dem Moment, als ich einnetzen wollte, mit ein, zwei behänden Bewegungen direkt über mir aufzutauchen. Nicht den Hauch einer Chance.
    Es war eine völlig neue Erfahrung. Nicht nur für mich. Auch die Jungs von der cancha , Santi, Pepe, El Schuster und natürlich der Rubio - sein naturblondes Haar ein ewiges Dorfrätsel. Die ersten Tage standen sie nur feixend am Rand, kauten Pistazienkerne und kraulten sich, wie es in jener Erdengegend Gewohnheit ist, demonstrativ am Gemächt. Gegen eine Frau zu spielen. Und dann auch noch zu verlieren. Undenkbar. Entehrend. Einfach loco !
    Doch spätestens nachdem der Star der Truppe, ein kräftiger Unteroffizier der Guardia Civil, den alle nur Bombero nannten, mit der Routine von dreiundvierzig A-Länderspielen in seine provinziellen Hartplatzschranken verwiesen worden war, gehörten wir mit dazu. Ja, wir! Mich ließen sie ebenfalls mitspielen, wenn auch nicht beim Turnier der Bezirkssparkassen, aus dem Juventud Vejer, ich sage es nicht ohne Stolz, gegen die verhassten Gilipollas aus Barbate nach sieben Jahren erstmals wieder als Finalsieger hervorging.
    Meine finnische Frau wurde zum besten Spieler, mejor jugador , des Turnieres gewählt. Bei der Überreichung der Trophäe hielt der sozialistische Bürgermeister von Vejer eine kleine Rede, in der er erklärte, dass Spanien noch
viel von den skandinavischen Brüdern und Schwestern

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