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Finnen von Sinnen - Finnen von Sinnen

Titel: Finnen von Sinnen - Finnen von Sinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Eilenberger
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Angelschein.
     
    Der Finne, das sei nur kurz erwähnt, geht im Fluchen den Weg des kulturellen Ausgleiches, also den der Mitte. Denn wo der Romane sich zur Schmähung anderer oder seiner selbst ganz auf den Genitalbereich verlegt, der Germane hingegen durch und durch anal fixiert bleibt, reichert der Finne seinen Schimpf in der Regel mit der Sphäre des Dämonischen an, etwa dem Belzebub, perkele , oder in einer Steigerung dem Satan selbst, saatana , und mischt dies in feiner Balance mit Fäkal- oder Genitalregistern, wobei das Hässlichste, was sich in dieser zarten Sprache sagen lässt, eine diabolische Verwünschung des weiblichen Geschlechtsorgans ist.
     
    Ihr Biss, er kam spät und unerwartet. » Kiinni «, überschlug sich meine Stimme, denn nun war es entbrannt, das Duell zwischen ihr und mir. Ich beschwor sie in minutenlangem Schwenzelkampf.

    »Fisch«, sprach ich, »komm, Fisch, komm«, Hemingway vor meinem geistigen Auge, während Raimo, einem Ahab gleich, mit seinem Cognac-Zigarillo souverän in die Weite blickte und der ebenfalls an der Reling weilende Urponen sich ein ums andere Mal nervös über die Blende seiner Emerson-Fittipaldi-Kappe strich.
    »Rami ryssä «, sollte Raimo Stunden später im Mökki verkünden. Rami, also ich, hat »den Russen gemacht«.
    Den Russen machen, damit bezeichnet der Finne das stümperhafte Aus-der-Hand-Geben einer an sich glänzenden Ausgangsposition, das offene Zurschaustellen eines ans Groteske grenzenden Unvermögens, das vollends vermeidbare und deswegen keinesfalls tragische Scheitern an einer bewältigbaren Herausforderung.
    » Juu «, inhalierte Ukki da zur Antwort, ohne sich nach Einzelheiten zu erkundigen.
    » No jo «, stöhnte Mummi, die an der Spüle ein gutes Dutzend schöner Barsche in Salz einlegte.
    Meine finnische Frau aber hatte sich an diesem Abend, die dunkle Miene des Geliebten richtig deutend, ein wenig früher als gewöhnlich zur Magazinlektüre in die aitta zurückgezogen.
     
    Meine Erfolgserlebnisse, sie sind also zu rar gesät, als dass ich es mir erlauben wollte, auch kleinere, jüngere und in der Tat kaum verwertbare Exemplare mit dem freien Gemüt eines seiner wahren Möglichkeiten gewissen Anglers wieder zurück in den See zu werfen. Ich erlege jeden Fang, was nicht zuletzt daran liegt, dass es mit besonderen Umständen verbunden ist, spitze Drillingshaken
aus dem Maulbereich einer zappelnden Kreatur zu entfernen, ohne dabei den gesamten Beißapparat in Fetzen zu legen. Ich greife also, wie ich mir einrede, aus reinem Mitleid unmittelbar zu meinem Holzknüppel und beende das Leben des Fisches mit drei, vier gezielten Schlägen.
    Das Töten, es bleibt ein freudloses und schwieriges Geschäft. Denn bis ein finnischer Fisch nicht mehr zappelt, kann es dauern. Nicht selten kommt es vor, dass es nach bewegungslosen Stunden im trüben Eimer noch zu einem letzten, in seiner Heftigkeit durchaus beeindruckenden Aufbäumen kommt, ja, dass selbst noch auf der Putzbank weit hinten im Wald, wenn der Fisch bereits aller Organe entledigt von letzten Schuppen befreit wird, elektrische Impulse durch den Körper blitzen. Ein Schauspiel aus Schleim und Blut, das mir mit den Jahren zunehmend zuwider wurde, sodass ich mich in meinem Boot mittlerweile bei dem Wunsch ertappe, es möge günstigstenfalls überhaupt kein Fisch mehr anbeißen, andererseits aber doch ganz von der Hoffnung auf den schlicht suchterzeugenden Kick des ersten Anbisses erfüllt bleibe - eine unklare, ich begreife es wohl, nachgerade widersprüchliche Erwartungslage.

KÖDER
    D as Vorspiel ist mir deshalb mehr und mehr zum Eigentlichen geworden. Besonders mit der Wahl des Köders, an der ja letztlich alles hängt, beschere ich mir versonnene Stunden.
    Sieht man einmal vom Spezialfall des Fliegenfischens ab, so steht der finnische Binnenseeangler beim Blick in seinen Köderkasten vor drei Auswahlmöglichkeiten: Spinner, Wobbler oder Blinker.
    Jeder Typus besitzt ganz eigene Vorteile, Reize und Schwächen. Der in der Regel farbenfrohe, mit zwei kleinen Metallflügelchen einem Fluginsekt nachempfundene Spinner rotiert bei strammem Grundzug leicht surrend um die eigene Achse. Gemäß Lehrbuch wird so eine pulsierende Druckwelle erzeugt, die die Ausläufer des Räubers stark erregt. Allerdings neigt der Drillingshaken des Spinners in den ufernahen Schilflagen - wo der Hecht steht und das Bärschlein schwänzelt - zu »Hängern«, verfängt sich also besonders häufig in den Stängeln und

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