Finnischer Tango - Roman
stimmten in seinen Ruf ein.
In der Tat, es lebe der Führer Apo, dachte Zana. Sein Auftrag war fast erfüllt, es erschien unglaublich, dass ihnen gelingen würde, woran so viele Generationen vor ihnen gescheitert waren. Dank Adil al-Moteiri würde das größte Volk der Welt ohne eigenen Staat endlich ein Zuhause erhalten: Kurdistan mit fünfundzwanzig Millionen Einwohnern. Apo Öcalan würde befreit, das Autonomiegebiet der Kurden im Nordirak erweitert werden, so dass es ganz Kurdistan umfasste, und bald bekäme es seine volle Unabhängigkeit. Sehr bald. »Ey, Regib«, »Hör zu, Feind«, würde als Nationalhymne des unabhängigen Staates erklingen.
Eine halbe Stunde später saß Zana in dem Transporter auf dem Parkplatz der Metro-Station Siilitie und schaute auf seine Uhr – es war halb eins. Adil verspätete sich. Er überlegte, welches Amt Apo Öcalan ihm wohl geben würde, dann, wenn alles vorbei war. Mindestens das eines Ministers. Er hatte es weit gebracht nach dem harten Anfang in den öden Gebirgshöhlen von Hasankeyf. Zana dachte an den eiskalten Erdboden, an die barfüßigen, wimmernden Kinder der Höhlengemeinschaft, an die in den Ecken gestapeltenMatratzen und Decken, an den Brei auf dem Spirituskocher und die stinkenden Abfalleimer. Manche Kurden verbrachten ihr ganzes Leben unter solchen Bedingungen.
Wie würde er es schaffen, sich anzupassen und sich an ein bequemes Leben zu gewöhnen? Würde er den Lohn für seine Dienste genießen können, überlegte Zana. War er überhaupt imstande, mit dem Töten aufzuhören? Vielleicht war er schon zum Wolf geworden. Die meisten Raubtiere fraßen ihre Beute sofort, wenn sie gefangen war, aber wenn Wölfe über eine Herde herfielen, töteten sie so lange, bis kein einziges der Tiere mehr am Leben war. Erst dann begannen sie zu fressen. So war auch er geworden. Und es gab Millionen Türken.
Adil riss die Tür des Transporters mit solcher Wucht auf, dass Zana instinktiv die Faust hob.
»Hattet ihr Erfolg?«
Zanas Lächeln beantwortete die Frage. »Alles hat wieder geklappt …« Mitten im Satz klingelte sein Telefon. Er meldete sich und schaltete den Lautsprecher ein.
»Meine Assistentin hat mich über Ihre neuen Beweise und die neuen Bedingungen informiert.« Wassili Arbamows Stimme klang müde. »Ich bin mit allem einverstanden, damit muss jetzt Schluss sein. Ich zahle Ihnen das Geld sofort, aber nach Helsinki komme ich nicht. Dafür gibt es keinen Grund. Renata … meine Assistentin kann die Originale der Beweise bei Ihnen abholen.«
Adil schüttelte lächelnd den Kopf.
»Das geht nicht. Ich habe meine Bedingungen genannt, und dabei bleibt es«, sagte Zana.
»Wieso geht das nicht, es ist doch egal, ob …«
»Ich brauche Ihnen gegenüber nichts zu begründen. Wir treffen uns heute Abend.« Zana wartete eine Weile und wollte das Gespräch schon abbrechen, als Arbamow einlenkte.
»Na gut. Aber ich möchte mich auf einem öffentlichen Platz mit Ihnen treffen, wo nicht geschossen werden kann. Zwei Vertreter von beiden Seiten und ein Laptop, keine Waffen«, verlangte der Russe.
»Einverstanden. Ich teile Ihnen den Treffpunkt mit, wenn Sie mich aus dem Zentrum von Helsinki anrufen.« Zana drückte auf die Taste mit dem roten Hörer und schaute Adil stolz an. Der klopfte ihm auf die Hand wie ein Lehrer, der das artigste Mädchen der Klasse lobt.
»Das Vorspiel ist aufgeführt, mein Bruder.«
»Bald beginnt der Krieg.«
40
Eeva Hallamaa saß in dem kleinen Restaurant »Mezopotamya«, schaute hinaus auf den Tallinnanaukio und beobachtete die blauen Busse, die in hohem Tempo auf den Platz gefahren kamen, und die Menschen, die alle irgendwohin hasteten. Die Kifta shorba, eine im Reisteig gebackene Hackfleisch-Petersilie-Zwiebel-Paste, schmeckte pikant. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass es in Helsinki ein kurdisches Restaurant gab. Es schmeckte himmlisch, dennoch musste sie sich jeden Bissen hinunterzwingen. Sie hatte solche Angst, dass es in ihren Ohren rauschte. Es war schon nach eins, doch der Türke ließ auf sich warten. Es schien unbegreiflich, dass sie freiwillig auf einen Mörder wartete, der sie irgendwohin bringen würde. Aber es blieb ihr nichts anderes übrig, weigerte sie sich, würde ihr Leben zerstört werden.
»Das war also echt ganz fürchterlich. Schon früh hat der Kerl sich gleich wieder über mich hergemacht, obwohl ich noch geschlafen hab. Und der hat überhaupt nicht daran gedacht aufzuhören …«
Eevas Blick wanderte von dem
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