Finnischer Tango - Roman
jemand …« Urplötzlich beschleunigtesich ihr Atem, dann wurden die Augen feucht, und sie gab merkwürdige Geräusche von sich, sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Ihr Gefühlsausbruch kümmerte Wrede nicht: »Wann sind Sie das letzte Mal in Hernesaari gewesen?«
»Wen interessiert das?«, erwiderte Eeva barsch, sie versuchte, das Schluchzen zu unterdrücken, und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie begriff nicht, worauf der rothaarige Kerl mit dem Westover hinauswollte.
Riitta Kuurma beugte sich zu Ulla Palosuo hin, die neben ihr saß. »Die Frau ist ja völlig durcheinander, wir sollten erst weitermachen, wenn wir die Laborergebnisse haben. Falls es dann noch nötig ist«, flüsterte sie, und Palosuo brummte kurz als Zeichen der Zustimmung.
»Nehmen Sie immer noch Amphetamin … oder irgendwelche andere Drogen?«, fragte Wrede in scharfem Ton.
Eeva wischte sich die Tränen von den Wangen, sie sah noch bleicher aus als vorher. »Speed habe ich das letzte Mal in meinem Leben am 3. November des vorigen Jahres genommen. Das wissen mein Lebensgefährte, meine jetzige und meine frühere Psychotherapeutin, die suchtpsychiatrische Abteilung des HUS, das städtische Sozialamt und das Amtsgericht Helsinki und sogar der Rat der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät …« Eeva verstummte, als ihr wieder die Tränen kamen. Eine Anklage wegen Drogenbesitz wäre das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Sollte ihr Ex-Mann davon erfahren, würde er garantiert wieder das Sorgerecht für Kirsi beantragen. Die ganze Hölle finge wieder von vorn an. Der Kerl interessierte sich nicht im Geringsten für seine Tochter, er meldete sich nur dann, wenn er etwas wollte oder Lust hatte, sich mal um dies oder mal um jenes zu streiten.
»Noch eine Frage. Wir haben … erfahren, dass Sie ein außergewöhnliches Zahlengedächtnis besitzen. Sie haben angeblichsogar an Wettbewerben teilgenommen«, sagte Riitta Kuurma und beugte sich vor, um Eeva Hallamaa näher zu kommen.
»Heute bringt das nichts als Ärger. Es ist eine Belastung. Im Kopf surrt es, wenn ich Zahlen nur sehe. Als man jünger war, ist man auf so etwas stolz gewesen.«
Ulla Palosuo stand auf und reichte Eeva Hallamaa einen Zettel. »Rufen Sie diese Nummer an, wenn Sie professionelle Hilfe brauchen. Jetzt würde ich Sie aber bitten, noch ein paar Fotos anzuschauen. Für den Fall, dass sich darunter dieser … Türke findet.«
Nach Beendigung des Verhörs schaltete Arto Ratamo in der operativen Zentrale der SUPO in der zweiten Etage den Fernseher aus und spürte eine warme Welle des Mitgefühls. Eevas Angst und Bedrängnis waren echt gewesen, vor allem als Wrede sie mit der Frage überfallen hatte, ob sie Drogen nahm. Ratamo wusste, was ein neues Urteil wegen Drogenbesitz für Eeva in der Praxis bedeuten würde: Sie verlöre das Sorgerecht für Kirsi und vielleicht auch ihre Arbeitsstelle. Er versuchte sich in ihre Lage hineinzuversetzen, und die Aussicht war nicht gerade verlockend. Gern hätte er Eeva irgendwie geholfen, aber ihm fiel nichts ein. Außerdem wunderte es ihn, warum sich Palosuo und Wrede für die Geschichte interessierten. Welche Geheimnisse im Zusammenhang mit Wassili Arbamow kannten sie?
Wredes Stimme war schon von weitem auf dem Flur zu hören. Kurz darauf saß das Trio, das Hallamaa verhört hatte, wieder in dem Raum und diskutierte heftig.
»Der ermordete Kirilow ist ein Drogendealer und Hallamaa eine ehemalige Drogenabhängige«, sagte Wrede. »Das Einzige, was zwischen den beiden eine Verbindung herstellt, sind die Drogen.« Der Rotschopf breitete die Arme aus, so als hätte er gerade etwas lückenlos bewiesen.
Ratamo räusperte sich. »Ich kenne Eeva Hallamaa. Es ist absolut sicher, dass Eeva keine Drogen mehr nimmt.«
»Sie ist doch sofort in Panik geraten, als ich nach Drogen gefragt habe«, erwiderte Wrede erregt. »Wollen wir wetten, dass die Hallamaa Kirilow umgebracht und die ganze Geschichte von dem Türken erfunden hat. Vergesst nicht, dass die Frau verdammt intelligent ist.«
Im Gegensatz zu dir, dachte Ratamo, hielt aber den Mund. »Das ist ja lächerlich. Eeva ist von den Drogen losgekommen und führt ein ganz normales Familienleben. Warum sollte sie jemanden umbringen?«
Der Schotte war nun auch im Gesicht ganz rot. »Gründe gibt es doch genug. Vielleicht hat Kirilow Hallamaa erpresst, vielleicht nimmt die Frau wieder Drogen und braucht Geld, vielleicht hat sie zu viele Schulden …«
»Nun beruhigt euch
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